Vorsicht bei Geschäften mit Aufsichtsratsmitgliedern einer AG

Aktienrecht gibt klare Regelungen im AktG vor

Veröffentlicht am: 25.10.2021
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Aktienrecht gibt klare Regelungen im AktG vor

Ein Beitrag von Dr. Jens Nyenhuis, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

In der Praxis werden häufig Beratungsverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern einer Aktiengesellschaft beziehungsweise mit einem vom Aufsichtsrat kontrollierten Beratungsunternehmen geschlossen. Dies liegt an der engen Verbindung mit dem betreffenden Aufsichtsratsmitglied sowie dessen fachlicher Expertise als Berater.

Derartige Geschäfte unterliegen jedoch strengen Anforderungen. In seiner Entscheidung vom 22.06.2021 hat der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr entschieden, dass diese engen Voraussetzungen auch dann gelten, wenn nicht die Aktiengesellschaft, sondern ein von dieser beauftragtes Unternehmen, den Aufsichtsrat einschaltet (Aktenzeichen: II ZR 225/20). Das beauftragte Unternehmen wurde zur Rückzahlung der Beraterhonorare verurteilt, weil die erforderliche Zustimmung der Hauptversammlung (HV) nicht vorlag.

Wirksamkeit von Beraterverträgen mit Aufsichtsratmitgliedern richtet sich nach AktG

Die Mitglieder des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft werden nicht selten aus dem Kreis der Berater rekrutiert. Dies ist schon insofern unglücklich, als die meisten Berater, einschließlich des Hausanwalts, selten Experten im Aktienrecht sind. Zum anderen leidet die vom Aufsichtsrat zu leistende Überwachungstätigkeit unter dem Abhängigkeitsverhältnis zwischen Mandant und Berater.

Der Abschluss von Beraterverträgen mit Mitgliedern des Aufsichtsrates ist nicht generell unzulässig. Ihre Wirksamkeit hängt nach den einschlägigen Vorschriften des Aktiengesetzes von der Zustimmung des Aufsichtsrates ab. Fehlt eine solche Zustimmung, sind die geleisteten Vergütungen von dem Aufsichtsrat zurückzugewähren.

BGH: Entscheidung der Vergütung des Aufsichtsrates der AG einzig der Hauptversammlung vorbehalten

Zu beachten ist ferner, dass selbst die Zustimmung des Aufsichtsrates nicht ausreicht, wenn der Beratervertrag Tätigkeiten berührt, die zu den typischen Aufgaben des Aufsichtsrates gehören. In diesem Fall ist die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen, weil nur diese über die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder entscheiden soll.

Die Entscheidung des BGH betraf den Fall, dass nicht die Aktiengesellschaft direkt ein Mitglied des Aufsichtsrates mandatiert hat, sondern die Mandatierung im Rahmen eines Unterauftrages durch ein von der Aktiengesellschaft beauftragtes Beratungsunternehmen erfolgt ist. Dieses Beratungsunternehmen mandatierte sodann eine von einem Aufsichtsratsmitglied beherrschte Gesellschaft.

Aktiengesetz-Regelungen gelten auch, wenn Beratervertrag mit Drittunternehmen

In der Berufungsinstanz wurde die Klage auf Rückzahlung des Beraterhonorars noch mit der Begründung abgewiesen, dass die der Auftrag nicht durch die Aktiengesellschaft selbst erteilt worden sei und demzufolge die einschlägigen Vorschriften zur Mandatierung von Aufsichtsräten nicht anwendbar seien.

Der BGH hat diese Entscheidung aufgehoben. Nach seiner Auffassung gelten die Regelungen zur Mandatierung von Aufsichtsratsmitgliedern auch dann, wenn ein dem Aufsichtsrat zuzurechnendes Beratungsunternehmen einen Beratungsvertrag in Angelegenheiten der Aktiengesellschaften nicht unmittelbar mit dieser selbst, sondern mit einem Drittunternehmen schließt, welches seinerseits die Aktiengesellschaft berät. Auch in diesem Fall sei, so der BGH, die Entscheidung der Vergütung des Aufsichtsrates einzig der Hauptversammlung vorbehalten, soweit es um typische Aufsichtsratstätigkeiten geht.

Beratungsverträge nur wirksam, wenn Aufsichtsrat oder HV zugestimmt

Es entspricht geltender Rechtsprechung, dass auch Beratungsverträge an Dritte der Kontrolle durch den Aufsichtsrat der AG beziehungsweise durch die Hauptversammlung unterliegen, wenn der Dritte einem Aufsichtsratsmitglied zugerechnet werden kann. Dies gilt beispielsweise für Verträge mit Rechtsanwaltskanzleien, wenn einer der Partner der betreffenden Rechtsanwaltskanzlei zugleich Mitglied des Aufsichtsrates ist.

Im vorliegenden Fall hat der BGH diese Kontrollvorschriften auch dann für anwendbar erklärt, wenn die Beauftragung durch ein zwischengeschaltetes Unternehmen erfolgt. Damit soll erkennbar eine Umgehung der gesetzlichen Vorschriften auf Seiten des Auftraggebers verhindert werden, indem die beauftragende Aktiengesellschaft zunächst ein Drittunternehmen beauftragt und dieses sodann – mutmaßlich auf Geheiß der Aktiengesellschaft – das dem betreffenden Aufsichtsrat zuzurechnende Unternehmen mandatiert.

In der Praxis ist davon auszugehen, dass sämtliche Beratungsverträge, die in Angelegenheiten einer Aktiengesellschaft – und sei es mittelbar – mit Mitgliedern des Aufsichtsrates oder mit diesen zuzurechnenden Unternehmen geschlossen werden, nur dann wirksam sind, wenn der Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung zugestimmt hat.