Arbeitgeber-Fragerecht zum Impfstatus

Abfrage des Corona-Impfstatus bei Mitarbeitern in Betreuungseinrichtungen zulässig

Durch die Änderung des § 23a des Infektionsschutzgesetzes - IfSG - können Arbeitgeber künftig den Corona-Impfstatus ihrer Mitarbeiter abfragen - zumindest in Betreuungseinrichtungen wie Schulen, Kitas, Pflegeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften. Der Gesetzesänderung wurde, nachdem der Bundestag bereits zugestimmt hatte, nun auch vom Bundesrat zugestimmt.

Veröffentlicht am: 21.09.2021
Qualifikation: Zugelassener Rechtsanwalt in Deutschland und Italien
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Erweiterung des Fragerechts – bei weiterhin hohen Hürden

Das Fragerecht galt bisher nur Krankenhäuser und Arztpraxen und wird nunmehr auf Betreuungseinrichtungen erweitert. Vom Wortlaut ausgenommen bleiben hingegen weiterhin Großraumbüros etc. von allen anderen Unternehmen.

Die Hürden für ein Fragerecht des Arbeitgebers nach dem Impfstatus sind weiterhin hoch. Gem. § 23a IfSG hat der Arbeitgeber ein solches Fragerecht nach dem Impfstatus der Beschäftigten lediglich dann, wenn dies zur Erfüllung von Verpflichtungen aus § 23 Abs. 3 IfSG, der sich auf Einrichtungen im medizinischen und im Bereich der Pflege beschränkt, in Bezug auf übertragbare Krankheiten erforderlich ist.

Rechtlich gesehen handelt es sich bei dem Fragerecht gem. § 23a S. 1 IfSG um eine Spezialregelung zur Erhebung von besonderen personenbezogenen Daten – Gesundheitsdaten - im Beschäftigungsverhältnis nach Art. 9 Abs. 2 Datenschutzgrundverordnung - DSGVO - bzw. Art. 88 DSGVO in Verbindung mit §§ 22, 26 Abs. 3 S. 1 Bundesdatenschutzgesetz - BDSG -.

Die Auskunftspflicht für die Mitarbeiter der Betreuungseinrichtungen gilt so lange, wie die epidemische Notlage andauert.

Auskunftspflicht, aber keine Impfpflicht

Wenn der Arbeitgeber berechtigterweise fragt, also wenn es sich bei dem Unternehmen um eine Betreuungseinrichtung handelt, so entsteht für den Arbeitnehmer eine Auskunftspflicht. Dieser muss wahrheitsgemäß Informationen über den Corona-Impfstatus mitteilen.

Sollte ein Arbeitnehmer gegen die Auskunftspflicht - ggf. mehrfach - verstoßen, so könnte dies als Pflichtverletzung im Arbeitsverhältnis zu betrachten sein und auch arbeitsrechtliche Konsequenzen haben, von der Abmahnung bis u.U. hin zur Kündigung.

Das Fragerecht führt jedoch nicht zu einer Impfpflicht in den betroffenen Betreuungseinrichtungen. So wie es keine nationale Impfpflicht gibt, so können auch die einzelnen Arbeitgeber ihre ungeimpften Mitarbeiter nicht durch die Gesetzesänderung zu einer Impfung verpflichten. Im Gegenteil: es ist gesetzlich geregelt, dass Arbeitnehmer nicht bei "Vereinbarungen oder Maßnahmen" benachteiligt werden dürfen, wenn sie in zulässiger Weise ihre Rechte ausüben.

Vorteile des Fragerechts: effektive Hygienekonzepte zum Schutz der Mitarbeiter

Das Arbeitgeber-Fragerecht soll den betroffenen Betreuungseinrichtungen anhand der Informationen über den Impfstatus der Mitarbeiter eine bessere Arbeitsorganisation und die Ausarbeitung eines effektiveren internen Hygienekonzepts ermöglichen. So soll der bestmögliche Gesundheitsschutz für die Angestellten gewährleistet werden.

Im Zusammenhang mit dem Fragerecht könnten als Maßnahmen für Ungeimpfte beispielsweise Home-Office Regelungen, Kontakteinschränkungen zu Dritten oder ein eigeschränkter Zutritt zu Kantinen oder anderen Sammelstellen im Betrieb in Betracht kommen.

Fragerecht auch außerhalb von Betreuungseinrichtungen?

Auch wenn die Gesetzesänderung das Fragerecht nur auf die Betreuungseinrichtungen ausweitet, so ist ein Fragerecht auch bei anderen Unternehmen denkbar. Denn Arbeitgeber dürfen grundsätzlich auch unabhängig des Infektionsschutzgesetzes gesundheitliche Daten ihrer Mitarbeiter abfragen, sofern dafür unter den strengen Kriterien des Datenschutzrechts eine Notwendigkeit besteht.

Die Frage, ob eine solche Notwendigkeit auch bzgl. dem Impfstatus z.B. von Mitarbeitern im Großraumbüro oder im Außendienst vorliegt, erscheint zur Erarbeitung eines unternehmensinternen Hygienekonzepts und zum Schutz der übrigen Mitarbeiter durchaus als denkbar, müsste aber erst mal gerichtlich bestätigt werden.

Rechtssicherheit für andere Unternehmen als Betreuungseinrichtungen wird durch die Gesetzesänderung jedenfalls nicht geschaffen.

Sonderfall: Fragerecht bei Entschädigungsanträgen

Ein Fragerecht kann sich für Arbeitgeber zudem über den § 56 Abs. 1 IfSG ergeben. Fällt ein Arbeitnehmer z.B. wegen Quarantäne aus, so muss der Arbeitgeber prüfen können, ob ein Anspruch auf Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG besteht. Eine Entschädigung ist nach § 56 Abs. 1 Satz 4 IfSG jedoch ausgeschlossen, wenn diese beispielsweise durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung hätte vermieden werden können.

Der Arbeitgeber kann daher nach Ansicht des Bundesministeriums für Gesundheit im Zusammenhang mit der Auszahlung der Entschädigung nach § 56 IfSG Informationen zum Impfstatus von den betroffenen Arbeitnehmern einholen. Dies ergibt sich aus § 26 Abs. 3 BDSG, der in Übereinstimmung mit Art. 9 Abs. 2 lit. b) DSGVO die Verarbeitung besonderer personenbezogener Daten, also auch Gesundheitsdaten, zulasse, wenn sie zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht, dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erforderlich seien und kein Grund zur Annahme bestehe, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Personen an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiege.

Die Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG aufgrund infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen stelle daher eine solche Maßnahme der sozialen Sicherung dar, für deren Durchführung die Verarbeitung des Impfstatus im Einzelfall erforderlich sein dürfte. Dementsprechend sei es Arbeitgebern nach Ansicht des Bundesministeriums für Gesundheit bereits heute rechtlich möglich, von ihren Beschäftigten Informationen über den Impfstatus einzuholen, zumindest im Zusammenhang mit der Entschädigungsprüfung nach § 56 Abs. 1 IfSG.