Sonstige Nachlassverbindlichkeiten bei der Erbschaftsteuer

Abzugsfähigkeit von Steuerberaterkosten und Räumungskosten

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 14.10.2020 (AZ.: II R 30/19) gleich zu zwei wichtigen Fragen im Rahmen der Besteuerung von Erbschaften entschieden. In der Entscheidung ging es um die Abzugsfähigkeit von sogenannten sonstigen Nachlassverbindlichkeiten.

Veröffentlicht am: 27.04.2021
Qualifikation: Fachanwältin für Steuerrecht in Hamburg
Lesedauer:

Zum einen entschied der BFH, dass Steuerberatungskosten für die Nacherklärung von Steuern, die der Erblasser hinterzogen hat, als Nachlassregelungskosten abzugsfähig sind. Weiterhin entschied er, dass auch die Kosten für die Haushaltsauflösung und die Räumung der Wohnung, die vom Erblasser bewohnt wurde, Nachlassregelungskosten sein können.

Abzug der Nachlassverbindlichkeiten – Welche Kosten zählen dazu?

Das Erbschafsteuergesetz (ErbStG) enthält eine abschließende Aufzählung der Nachlassverbindlichkeiten, die im Falle des Erwerbs von Todes wegen den Wert der Nachlassgegenstände mindern. Unterschieden wird hierbei zwischen Erblasserschulden, Erbfallschulden und sonstigen Nachlassverbindlichkeiten.

  • Als Erblasserschulden sind die Verbindlichkeiten abzugsfähig, die schon zu Lebzeiten des Erblassers entstanden waren und zum Zeitpunkt des Erbfalls noch bestanden, z.B. Hypotheken- und Darlehensschulden, Schulden aufgrund von Miet- und Kaufverträgen.
  • Als Erbfallschulden sind zum Beispiel Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, Auflagen sowie Pflichtteilsansprüchen und Erbersatzansprüchen abzugsfähig.
  • Zu den sonstigen Nachlassverbindlichkeiten gehören alle Kosten rund um die Bestattung sowie die Nachlassregelungskosten. Die Nachlassregelungskosten entstehen im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung und Auseinandersetzung des Nachlasses oder der Erlangung des Erwerbs.

Vom Erben getragene Steuerberatungskosten

Vom Erben getragene Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung des Erblassers dürfen als Nachlassverbindlichkeiten der „ersten Kategorie“ (Erblasserschulden) abgezogen werden, wenn der Erblasser den Steuerberater noch zu Lebzeiten beauftragt hat (= die Schuld also noch „vom Erblasser herrührt“). Auch eine über den Tod des Erblassers hinausgehende Beauftragung wird von den Finanzbehörden anerkannt, wenn der Erbe dem Berater zwischenzeitlich keine Kündigung ausgesprochen hat.

Berichtigungen und Selbstanzeigen

Beauftragt der Erbe den Steuerberater, um die vom Erblasser herrührenden (versäumten) steuerlichen Pflichten zu erfüllen, ist nach Auffassung der Finanzverwaltung ein Kostenabzug im Rahmen der Besteuerung von Erbschaften nicht möglich. Dieser Auffassung hat der Bundesfinanzhof eine Absage erteilt. Der Bundesfinanzhof hat nun entschieden, dass der erforderliche enge zeitliche und sachliche Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen gegeben sei. Es ist daher unschädlich, dass die Kosten durch einen eigenen Entschluss des Erben ausgelöst wurden. Schließlich unterliege der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger einer Berichtigungspflicht hinsichtlich vom Erblasser abgegebener Steuererklärungen, soweit er deren Unrichtigkeit erkennt.

Räumungskosten abziehbar

Auch hinsichtlich der Auflösung des Haushalts des Erblassers können Nachlassregelungskosten vorliegen, so der Bundesfinanzhof. Es gehöre zur tatsächlichen Feststellung des Nachlasses, Gewissheit über die Eigentumsverhältnisse und eventuelle Herausgabeansprüche Dritter zu erlangen sowie für die Einzelteile des Hausrats zu entscheiden, wie damit zu verfahren ist. Die Durchsicht des Hausrats begründe demnach nachlassspezifischen Aufwand. Die Grenze zwischen der Nachlassregelung und der Nachlassverwaltung, die nicht zu den sonstigen Nachlassverbindlichkeiten zählt, war zumindest in dem zu entscheidenden Fall noch nicht überschritten.

Einspruch bei noch offenen Fällen

Gegen Erbschaftsteuerbescheide, die noch nicht bestandskräftig geworden sind, lohnt sich die Einlegung eines Einspruches, sofern Kosten für die Nacherklärung hinterzogener Steuern angefallen sind. In ähnlich gelagerten Fällen können neben den Steuerberatungskosten auch noch erhebliche weitere Kosten anfallen, wie zum Beispiel Gebühren von Banken, bei denen Konten unterhalten wurden. Schließlich können bei einer Steuerhinterziehung durch den Erblasser Nachforderungen über 12 - 13 Jahre zurück erforderlich werden. Auch die Kosten für die Prüfung der Einkommensteuerbescheide und sich daran anschließende Rechtsbehelfsverfahren können im weiteren Sinne Nachlassverbindlichkeiten sein.

Hinsichtlich eventuell angefallener Räumungskosten lohnt es sich künftig, genauer hinzuschauen: Ist die Zäsur zwischen Erwerbserlangungskosten (abziehbar) und Nachlassverwaltungskosten (nicht abziehbar überschritten?