Automatische Abtretung von Geschäftsanteilen

Call-Options in Beteiligungsverträgen oft unwirksam

Veröffentlicht am: 17.09.2020
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Call-Options in Beteiligungsverträgen oft unwirksam

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Christian Mattlage

In der anwaltlichen Beratungspraxis für Start-Ups und deren Gründer sind wir immer wieder mit der Fragestellung befasst, wie im Falle des Ausscheidens eines Gründers dessen gegebenenfalls bestehende Verpflichtung zur Übertragung der von ihm gehaltenen Geschäftsanteile möglichst ohne seine Mitwirkung ausgestaltet werden kann. Als Annex hierzu stellt sich die Frage, wie hoch der Verkehrswert der Unternehmung und daraus abgeleitet letztlich der Wert der Beteiligung des ausscheidenden Gründers zu ist.

In der Praxis begegnen uns gerade bei der Finanzierung von Startups häufig unwirksame Konstellationen. Die wichtigsten Punkte stellen wir Ihnen im Folgenden kurz vor.

Erhöhtes Risiko bei Investoren

Insbesondere Finanzinvestoren sind im Rahmen von Beteiligungsverträgen bestrebt, automatische Übertragungsklauseln im Hinblick auf Geschäftsanteile von ausscheidenden Gründern zu vereinbaren. Erklärtes Ziel dieser Klauseln ist, den das Unternehmen verlassenden Gründer möglichst zügig und idealerweise ohne dessen Mitwirkung aus der Gesellschafterstellung zu entfernen.

Hintergrund solcher Regelung ist die Intention von Finanzinvestoren, nur aktiv im Unternehmen mitarbeitende Gründungsgesellschafter zu haben. Ein das Unternehmen in der Frühphase seiner unternehmerischen Entwicklung verlassender Gründer soll an einem zukünftig erwirtschafteten unternehmerischen Erfolg (Wachstum) nicht mehr partizipieren dürfen.

Eindeutige Regelungen erforderlich

Unsere Fachanwälte für Handels- und Gesellschaftsrecht sind in Beratungssituation, in denen ausscheidende oder bereits ausgeschiedene Gründer mit der Bitte um Rat zu uns kommen, immer wieder mit vertraglichen Konstellationen befasst, bei denen die Grundzüge des Zivilrechts nicht gewahrt worden sind. Wenn Beteiligungsverträge vorsehen, dass eine automatische Übertragung von Geschäftsanteilen mittels Übersendung einer sogenannten Vesting-Mitteilung erfolgen kann, so müssen derartige Schreiben mit größter Sorgfalt abgefasst werden.

Nur wenn die Konditionen der Einigung eindeutig sind, kommt überhaupt eine wirksame Übertragung in Betracht. In der Beratungspraxis werden unsere Fachanwälte für Handels- und Gesellschaftsrecht vermehrt mit sogenannten Vesting Mitteilungen konfrontiert, die einem solchen Bestimmtheitsgrundsatz zuwiderlaufen. Ein Beispiel hierfür kann sein, dass die zu übertragenden Geschäftsanteile nicht eindeutig bestimmt sind, insbesondere die laufenden Nummerierungen der zu übertragenen Geschäftsanteile nicht zutrifft. Gleiches gilt für den Fall, dass die im Einzelfall vorliegende Leaver-Situation als sogenannter triggering event nicht zutreffend bezeichnet worden ist.

Verkehrswertermittlung von Geschäftsanteilen entscheidend

Grundsätzlich steht jedem ausscheidenden Gesellschafter zunächst einmal der Verkehrswert seiner Anteile zu, es sei denn, es liegen im Einzelfall Sonderkonstellationen vor. Gerade bei Start-Up Unternehmen in der Frühphase ihrer unternehmerischen Entwicklung werden Finanzierungsrunden oftmals äußerst ambitionierte Businesspläne zu Grunde gelegt.

Diese führen dann oftmals zu hohen Bewertungen, die jedoch im Wesentlichen durch eine prognostizierte zukünftige Geschäftsentwicklung getrieben sind. Scheidet ein Gesellschafter aus und steht ihm vom Grundsatz der Verkehrswert seiner Anteile zu, so stellt sich in diesem Konstellation vielfach die Frage, die derartige Businesspläne im Hinblick auf die Bewertung der Startup Unternehmens zu berücksichtigen sind.

Empfehlung aus der Beratungspraxis

Aus Sicht unserer Beratungspraxis sind hier zwei Konstellationen relevant. Zum einem empfehlen wir dringend, dass sich alle Gründer, deren Anstellungsverhältnisse mit ihren Gesellschaften enden und bei denen Beteiligungsverträge mit Finanzinvestoren bestehen, sich unverzüglich rechtlichen Beistands zu versichern. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass gegenüber einer GmbH nur der als Gesellschafter gilt, der in der Gesellschafterliste genannt ist.

Zum anderen empfehlen wir, sich als Gründer vor Abschluss von Beteiligungsverträgen umfangreich beraten zu lassen, um hier ein besseres Gespür für die Rechtsfolgen und insbesondere auch wirtschaftlichen Folgen zu entwickeln, was passiert, wenn die Gründer das Unternehmen verlassen.