Beginn der Rechtsmittelfrist bei Urteilsberichtigung

Klarstellung durch den Bundesgerichtshof

Veröffentlicht am: 20.01.2021
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Klarstellung durch den Bundesgerichtshof

Ein Beitrag von Ralph Butenberg, Fachanwalt für Erbrecht und Steuerrecht in Hamburg

BGH, Beschluss vom 26.05.2020, XI ZB 14/19

Kaum zu glauben, trotzdem wahr: Auch deutsche Gerichte machen Fehler. Liegt ein Fehler im Rubrum eines Urteils vor, also bei der namentlichen Bezeichnung der Streitparteien, und ist die Unrichtigkeit „offenbar“, sieht das Gesetz in § 319 ZPO die „Berichtigung des Urteils“ vor. Diese Berichtigung kann auf Antrag einer der Streitparteien oder auch von Amts wegen durch das Gericht erfolgen.

Die Zustellung eines Urteils oder sonstigen gerichtlichen Beschlusses setzt nun regelmäßig Rechtsmittelfristen (z.B. Berufung) in Gang. Es stellt sich demnach die Frage, ob auch ein unrichtiges und deshalb zu berichtigendes Urteil die einmonatige Berufungsfrist in Gang setzt, oder ob die entsprechende Rechtsmittelfrist erst mit Übermittlung des berichtigten -richtigen!- Urteils beginnt.

Wir konnten zu dieser Frage eine klarstellende Entscheidung des Bundesgerichtshofes für unsere Mandanten herbeiführen. Im Einzelnen:

Der Streitfall – Falschbezeichnung einer Partei durch das Amtsgericht

Wir vertraten Mandanten, die Ansprüche aus Bürgschaft gegen eine GmbH geltend machten. Die gegnerische GmbH wies die Ansprüche unserer Mandanten zurück, wir erhoben daraufhin Klage gegen die GmbH vor einem Amtsgericht. Bei dem Amtsgericht wurde nun fälschlicherweise nicht die beklagte GmbH, sondern deren Geschäftsführerin als Beklagte aufgenommen und so auch in der EDV des Amtsgerichts gespeichert. Trotz einer Vielzahl von Hinweisen von unserer Seite und auch von der Seite der Beklagten auf diese unrichtige Parteiangabe, blieb das Amtsgericht hartnäckig bei der Falschbezeichnung und setzte diese bis ins Urteil hinein fort. In der Sache schloss das Amtsgericht sich der von uns vertretenen Rechtsposition an und verurteilte die Beklagte zur Zahlung. Gegen das Urteil legten sowohl die zu Unrecht im Rubrum benannte Geschäftsführerin der GmbH wie auch die GmbH selbst Berufung ein.

Anträge auf Rubrumsberichtigung und Berufung – und Berufungsrücknahme

Zwischenzeitlich stellten sowohl wir wie auch die beklagte GmbH bei dem Amtsgericht einen Antrag auf Berichtigung des falschen Rubrums. Ohne den Beschluss des Amtsgerichts über die Rubrumsberichtigung abzuwarten, nahm sodann die GmbH -überraschenderweise!- die eingelegte Berufung zurück. Nach Ergehen des Berichtigungsbeschlusses durch das Amtsgericht erklärte daraufhin die zuvor fälschlicherweise im Rubrum aufgeführte Geschäftsführerin der GmbH die Erledigung des Berufungsverfahrens. Gleichzeitig legte die GmbH erneut Berufung ein, die jedoch von dem Landgericht, das mit dem Berufungsverfahren befasst war, wegen Versäumung der Monatsfrist gemäß § 517 ZPO zurückgewiesen wurde.

Wann beginnt denn nun die Berufungsfrist – der BGH äußert sich

Die beklagte GmbH griff diesen Beschluss des Landgerichts durch Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof an und argumentierte dahingehend, dass naturgemäß erst das Urteil, das in seinem Rubrum auch die richtigen Streitparteien enthält, die Monatsfrist des § 517 ZPO initiiert, und nicht etwa das vorhergehende falsche Urteil.

Richtigerweise wies der Bundesgerichtshof darauf hin, dass die offenbare Unrichtigkeit eines Urteils und dessen Berichtigung nach § 319 ZPO keinerlei Einfluss auf den Beginn der Berufungsfrist hat. Denn bei einer solchen offenbaren Unrichtigkeit können die Parteien des Rechtsstreits den Fehler des Gerichts erkennen und demgemäß handeln. Anders ist dies beispielsweise nur dann, wenn das Urteil insgesamt so unklar ist, dass es nicht die richtige Beklagtenpartei erkennen lässt und sich die Unrichtigkeit des Urteils -der Fehler des Gerichts- nicht auch aus dem Protokoll sowie der Akte erkennen lässt.

Genau dies war jedoch in unserem Fall für alle Beteiligten möglich. Unschwer ließ sich erkennen, dass nicht die fälschlicherweise vom Amtsgericht im Urteilstenor genannte Geschäftsführerin der GmbH, sondern die GmbH selbst die „richtige“ Beklagte war. Die Rücknahme der Berufung durch die GmbH hätte vor diesem Hintergrund nicht erfolgen dürfen.

Auch im zivilprozessualen Verfahrensrecht gilt demnach: Der Teufel steckt im Detail. Qualifizierte anwaltliche Beratung und Vertretung zahlt sich auch und gerade bei Fehlern des Gerichts aus. Die bundesweit tätigen Prozessanwältinnen und Prozessanwälte von ROSE & PARTNER stehen Ihnen gern zur Verfügung.