Streit über die Besetzung der Geschäftsführung der GmbH

Ein Dauerbrenner im Gesellschafterstreit

Veröffentlicht am: 16.11.2021
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Ein Dauerbrenner im Gesellschafterstreit

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Jörg Kaufmann, LL.M. (Wellington), München

Das operative Geschäft einer GmbH liegt in den Händen ihrer Geschäftsführung, die aus einem oder mehreren Geschäftsführern besteht. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass sich Gesellschafterstreitigkeiten häufig um die Frage der Besetzung der Geschäftsführung drehen.

Die Bestellung eines Geschäftsführers

Grundsätzlich bestimmen die Gesellschafter nach § 46 Nr. 5 GmbHG über die Bestellung von Geschäftsführern. Dabei fassen die Gesellschafter – so weit nicht im Gesellschaftsvertrag anders festgelegt – ihre Beschlüsse grundsätzlich gemäß § 47 Abs. 1 GmbHG mit einfacher Mehrheit. Bei einer GmbH & Co. KG entscheidet die Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH über die Bestellung der Geschäftsführer. In Ermangelung abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelungen können Gesellschafter, die über eine Stimmrechtsmehrheit verfügen, jederzeit Geschäftsführer bestellen und damit einen Minderheitsgesellschafter bei der Bestellungsentscheidung übergehen.  

Sofern die Gesellschaft aufgrund Führungslosigkeit über keinen Geschäftsführer mehr verfügt, kommt entsprechend § 29 BGB die gerichtliche Bestellung eines Notgeschäftsführers in Betracht. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die gerichtliche Bestellung eines Notgeschäftsführers grundsätzlich nicht dazu geeignet ist, einen Gesellschafterstreit beizulegen. Ein Notgeschäftsführer kann nur dann bestellt werden, wenn kein für die organschaftliche Vertretung der Gesellschaft benötigter Geschäftsführer mehr vorhanden ist und die Dringlichkeit der Sache zu bejahen ist.

Die Abberufung eines Geschäftsführers

Gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG kann die Bestellung zum Geschäftsführer zu jeder Zeit widerrufen werden. Dies gilt auch in einer personalistisch strukturierten GmbH. Im Gesellschaftsvertrag kann die jederzeitige Abberufung eines Geschäftsführers auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt werden. Als wichtige Gründe sind insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung anzusehen (§ 38 Abs. 2 GmbHG). Auch das Zerwürfnis zwischen mehreren Geschäftsführern kann einen wichtigen Grund zur Abberufung derjenigen Geschäftsführer darstellen, die zu dem Zerwürfnis beigetragen haben. Im Gesellschaftsvertrag kann die Möglichkeit zur Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. Schließlich ist zu beachten, dass eine Beschränkung der jederzeitigen Abrufbarkeit des Geschäftsführers, die lediglich in einem Geschäftsführeranstellungsvertrag zu finden ist, unwirksam ist.

Gemäß § 47 Abs. 1 GmbHG genügt auch für die Abberufung des GmbH-Geschäftsführers grundsätzlich die einfache Stimmenmehrheit, sofern nicht im Gesellschaftsvertrag das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit geregelt ist. Sofern ein wichtiger Grund für die Abberufung des Geschäftsführers zweifelsfrei vorliegt, besteht aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht eine Verpflichtung der Gesellschafter, dem Abberufungsbeschluss zuzustimmen. Der Geschäftsführer, sofern er auch Gesellschafter ist, darf hinsichtlich des Gesellschafterbeschlusses über seine eigene Abberufung mitstimmen, sofern nicht ein wichtiger Grund für seine Abberufung besteht. 

Auch bei der Abberufung eines Geschäftsführers der Komplementärin einer GmbH & Co. KG besteht eine Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung der Komplementärin. Bei einer sogenannten Einheitsgesellschaft, das heißt wenn die KG die alleinige Gesellschafterin ihrer Komplementär-GmbH ist, wird die KG – mangels abweichender Regelung im Gesellschaftsvertrag – durch die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH in deren Gesellschafterversammlung vertreten.

1 gegen 1 - Bestellung und Abberufung bei paritätischen Beteiligungsverhältnissen

Sofern jeweils zwei Gesellschafter zu 50% an einer GmbH beteiligt sind, kann grundsätzlich ein Gesellschafter für sich allein keinen Geschäftsführer ernennen oder abberufen. Eine Bestellung aus wichtigem Grund gibt es nicht, sehr wohl aber eine Abberufung aus „wichtigem Grund“. Allerdings besteht in diesem Fall ein nicht unerhebliches Missbrauchspotential. Daher muss der Gesellschafter eine einstweilige Verfügung erwirken, die die Abberufung des Mitgesellschafters bestätigt.

Gestaltungsmöglichkeiten durch gesellschaftsvertragliche Regelungen

Im Gesellschaftsvertrag kann etwa ein Entsenderecht für jeden Gesellschafter festgelegt werden, mit welchem der jeweilige Gesellschafter einen Geschäftsführer seiner Wahl entsenden kann. Dementsprechend kann sich der Gesellschafter auch selbst als Geschäftsführer entsenden. Außerdem können die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer – anstelle der eigentlich zuständigen Gesellschafterversammlung – einem Beirat überantwortet werden. Sofern der Beirat einmal nicht handlungsfähig sein sollte, fällt die Zuständigkeit zur Entscheidung bei Gefahr im Verzug auf die Gesellschafterversammlung zurück.

Vorsorge ist besser als Nachsorge

Gesellschafterstreitigkeiten drehen sich häufig um die Besetzung der Geschäftsführung. Dabei ist insbesondere oft die Frage des Vorliegens eines wichtigen Grundes von zentraler Bedeutung. Entsenderechte und die Übertragung der Entscheidungskompetenzen auf einen Beirat können die Handhabung des Gesellschafterstreites zumindest erleichtern. Daher ist es ratsam durch gesellschaftsvertragliche Regelungen vorzusorgen, bevor ein Gesellschafterstreit entsteht. Sowohl bei der Vertragsgestaltung als auch im akuten Fall eines Gesellschafterstreites stehen Ihnen unsere Fachanwälte für Gesellschaftsrecht sowie das geamte Team von ROSE&PARTNER sehr gern zur Seite.