Ungewollte neue Mitgesellschafter

Wie gehe ich mit ungewollten (mittelbaren) neuen Gesellschaftern um?

Veröffentlicht am: 27.07.2021
Qualifikation: Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht in Hamburg
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Es ist gute Praxis, dass Gesellschaftsverträge von Kapital- und Personengesellschaften ausdrücklich bestimmen, dass Gesellschaftsbeteiligungen nur mit Zustimmung aller/einer Mehrheit der Mitgesellschafter an Dritte übertragen werden dürfen. Bei Personengesellschaft gibt bereits das Gesetz vor, dass neue Gesellschafter nur mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter aufgenommen werden dürfen.

Der Grund für den Überfremdungsschutz liegt auf der Hand: man hat sich seine Mitgesellschafter mit ihren jeweiligen persönlichen, wirtschaftlichen und juristischen Eigenschaften ursprünglich selbst ausgesucht, das sollte auch später so bleiben. Wäre dies nicht der Fall, kann ein inkompetenter und/oder querulatorischer Mitgesellschafter in die Gesellschaft eindringen und im worst case das Geschäft der Gesellschaft schädigen oder auch durch geschicktes Taktieren Druck aufbauen, um die Mitgesellschafter letztlich aus der Gesellschaft zu drängen. Schneller als man denkt, steckt man in einem kostentreibenden Gesellschafterstreit. Das Thema ist überall virulent, gleich ob es sich um eine Familiengesellschaft oder eine Beteiligungsgesellschaft handelt.

Vinkulierungsklauseln im Gesellschaftsvertrag

Vor diesem Hintergrund verbieten sog. Vinkulierungsklauseln die freie Übertragung von Gesellschaftsbeteiligungen. Während im Recht der GmbH die Anteilsvinkulierung allgemein zulässig ist, erlaubt das Aktiengesetz unter bestimmten Voraussetzungen nur die Vinkulierung von Namensaktien. Wird dennoch die Beteiligung übertragen, so ist die Übertragung schwebend unwirksam; wirksam wird sie nur mit Genehmigung durch die Mitgesellschafter.

Vinkulierungsklauseln außerhalb des Gesellschaftsvertrags

Die Gesellschafter können auch außerhalb des Gesellschaftsvertrags, in sog. shareholders‘ agreements/Gesellschaftervereinbarungen verpflichten, Anteile nur mit Zustimmung der Mitgesellschafter zu übertragen. Derartige Vereinbarungen sind geheim, also anders als der Gesellschaftsvertrag einer GmbH nicht im Handelsregister einsehbar. Bei Aktiengesellschaften können die oberhalb genannten Restriktionen mehr oder weniger umgangen werden.

Aber: Jede Gesellschaftervereinbarung hat den strukturellen Nachteil, dass der betroffene Gesellschafter, auch wenn er im klaren Bruch der Vereinbarung handelt, seine Anteile zivilrechtlich wirksam übertragen kann. Mit anderen Worten: er kann Fakten schaffen und die Mitgesellschafter sind dann  auf den (sehr) mühsamen Weg verwiesen, Schadenersatzansprüche gegen den Ex-Gesellschafter wegen Verletzung der Gesellschaftervereinbarung geltend zu machen. Es will also gut überlegt sein, ob aus Gründen der Geheimhaltung oder potentiell möglicher Einsparung von Notarkosten bei Änderungen der Gesellschaftervereinbarung auf eine gesellschaftsvertragliche Vinkulierungsklausel verzichtet werden soll.

Perfekten Schutz gibt es nicht…

…denn durch gesetzlich zulässige Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz können fremde Gesellschafter eindringen, ohne dass die beste Vinkulierungsklausel daran etwas ändern könnte. So könnte z.B. ein Gesellschafter seinen Anteil an einer GmbH mittels Verschmelzung oder Spaltung auf einen neuen Rechtsträger übertragen, ohne dass irgendeine gesellschaftsrechtliche oder schuldrechtliche Vereinbarung ihn daran hindern könnte.

Auch kann mittelbar ein neuer Gesellschafter eindringen (change of control), etwa, indem sich bei einer GmbH, die wiederum Anteile einer GmbH hält, der Gesellschafter wechselt. Dies kann nicht verhindern werden.

Weiter können neue Gesellschafter durch Erbfolge in die Gesellschaft eindringen, es sei denn, man hat bei einer Personengesellschaft durch entsprechende Nachfolgeklauseln Vorsorge getroffen. Bei einer GmbH oder einer AG kann das Eintreten des Erben nicht verhindert werden.

…aber immerhin kann der ungewollte Gesellschafter gleich wieder hinausbefördert werden:

Es ist also festzuhalten, dass es keinen wasserdichten Schutz gegen das Eindringen von Fremden in eine Gesellschaft gibt. Jedoch hält das Gesellschaftsrecht ausreichendes Instrumentarium bereit, um solche Gesellschafter umgehend wieder aus der Gesellschaft zu entfernen. Dies geschieht durch Klauseln, wonach der Anteil des neuen Gesellschafters eingezogen oder auch zwangsabgetreten werden kann.

Die Abfindung hat aber ihren Preis, denn es gilt der Grundsatz, dass ein Rauswurf aus der Gesellschaft grundsätzlich nur gegen Zahlung einer Abfindung zulässig ist. Die Praxis hat gewisse Standards etabliert, die den Rahmen für zulässige Beschränkungen der Abfindungslast setzen. In bestimmten, eng umrissenen Fällen ist ausnahmsweise der vollständige Abfindungsausschluss zulässig, so etwa nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Abfindungsausschluss bei den Erben eines GmbH Gesellschafters.