Ein-Firmenvertreter im Handels- und Arbeitsrecht

Abgrenzungsprobleme bei der gerichtlichen Zuständigkeit

Veröffentlicht am: 03.04.2019
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Abgrenzungsprobleme bei der gerichtlichen Zuständigkeit

Ein Beitrag von Christian Westermann, Fachanwalt für Handelsrecht

Bei Handelsvertretern, die als sogenannte Ein-Firmenvertreter tätig sind, kann es immer wieder zu Abgrenzungsproblemen kommen, welche Gerichte für Streitigkeiten zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer zuständig sind. Es wird gerne übersehen, dass hier unter Umständen eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben sein kann.

Ordentliche Gerichte für selbständige Kaufleute

Handelsvertreter sind zwar grundsätzlich selbständige Kaufleute, sodass für sie nicht die Arbeitsgerichte, sondern die ordentlichen Gerichte, d.h. Amtsgericht oder Landgericht zuständig sind. Das Arbeitsgerichtsgesetz enthält jedoch eine Fiktion: Wenn ein Handelsvertreter als sogenannter Ein-Firmenvertreter nur für ein Unternehmen tätig ist und während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich nicht mehr als EUR 1.000,00 Provision erhalten hat, sind Streitigkeiten aus dem Handelsvertretervertrag trotz der Selbstständigkeit vor den Arbeitsgerichten auszutragen. Beide Voraussetzungen müssen dabei zusammen vorliegen.

Davon abzugrenzen sind die Konstellationen, in denen sogenannte Handelsagenten im Rahmen eines echten Arbeitsverhältnisses wie ein Handelsvertreter im Außendienst tätig sind und Fälle der Scheinselbstständigkeit, in denen die Tätigkeit nur nach außen als Handelsvertretervertrag bezeichnet wird und es sich tatsächlich aber um einen weisungsgebundenen Arbeitnehmer mit den entsprechenden Schutzrechten wie zum Beispiel Kündigungsschutz oder die Möglichkeit zur Kündigungsschutzklage handelt.

Zwischen den Welten - der Ein-Firmenvertreter

Der Ein-Firmenvertreter steht gewissermaßen dazwischen. Er ist nach außen tatsächlich selbständig, unterliegt aber gegebenenfalls der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte. Hintergrund dieser Regelung ist, dass bei Ein-Firmenvertretern trotz der formellen Selbstständigkeit in der Regel eine starke persönliche Abhängigkeit vom Unternehmer vorliegt.

Die Abgrenzung, wann ein Handelsvertreter tatsächlich Ein-Firmenvertreter ist, ist mitunter schwierig. § 92a HGB definiert die Ein-Firmenvertreter dadurch, dass dem Handelsvertreter entweder aufgrund seines Handelsvertretervertrags verboten ist, für einen anderen Unternehmer tätig zu werden (Ein-Firmenvertreter kraft Vertrags), oder wenn ihm wegen Art und Umfang der geschuldeten Dienstleistungen eine Tätigkeit für einen anderen Unternehmer faktisch nicht möglich ist (Ein-Firmenvertreter kraft Weisung).

Die Bedeutung des Handelsvertretervertrags

Eine Ein-Firmenvertretung kraft Weisung liegt in der Regel bereits dann vor, wenn der Handelsvertretervertrag vorsieht, dass der Handelsvertreter hauptberuflich für den Unternehmer tätig sein soll oder wenn der Vertrag vergleichbare Formulierungen enthält, wie z.B. die Verpflichtung, dass die gesamte Arbeitskraft die Tätigkeit für den Unternehmer einzusetzen ist.

Auch bei Ein-Firmenvertretern kraft Vertrags ist genau auf die vertraglichen Regelungen zu achten. Wenn dem Handelsvertreter im Vertrag lediglich eine Konkurrenztätigkeit untersagt wird, ist ihm nur das vertraglich untersagt, was er nach dem ihm gesetzlich auferlegten Wettbewerbsverbot, wonach er die Interessen des Unternehmers zu wahren hat, ohnehin nicht tun dürfte. Der Vertrag müsste darüber hinaus also auch die Tätigkeit in anderen Wirtschaftszweigen von der Genehmigung des Unternehmers abhängig machen. Wenn der Handelsvertreter von der theoretischen Möglichkeit einer anderweitigen Vertretung tatsächlich keinen Gebrauch macht, wird er dadurch noch nicht zum Ein-Firmenvertreter.

Wie bereits oben erwähnt, muss zusätzlich zur Ein-Firmenvertretung noch die Provision unter der Grenze von EUR 1.000,00 pro Monat liegen, damit die Arbeitsgerichte für Streitigkeiten zuständig sind.