Schmuck in Frankreich erben und vererben

Wer bekommt was, und was ist gerecht?

Diamonds are a girl´s best friend“ hat einst Marilyn Monroe gesungen. Aber wer erfreut sich in einem Erbfall an dem zu vererbenden Schmuck? Ringe, Ketten oder Ohrringe, Gold oder Edelsteine, ist hierfür eine bestimmte Verteilung vorgeschrieben oder kann der Erblasser oder die Erblasserin frei entscheiden?

Veröffentlicht am: 30.07.2022
Qualifikation: Rechtsanwältin für französisches Erbrecht
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Insbesondere wenn mehrere Familienmitglieder das Erbe antreten, stellt sich die Frage der Verteilung des vorhandenen Schmucks. Muss diese Verteilung zwingend gerecht erfolgen oder kann eine Mutter der „Lieblingstochter“ ihren wertvollsten Ring einfach überlassen? Dieser Beitrag behandelt die Antworten des französischen Erbrechts auf diese Fragen. Anwendung findet das französische Erbrecht grundsätzlich dann, wenn der Erblasser bzw. die Erblasserin den letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich hatte.

Schmuckstücke werden als "Möbel" behandelt

Wie sehr oft wird es darauf ankommen, ob der Erblasser oder die Erblasserin im Rahmen des juristisch Möglichen hinreichende Vorkehrungen für die Weitergabe des Schmucks getroffen hat.

Während in Familien der Streit um ein Schmuckstück sich schnell zwischen den Erben entfachen kann, lässt das französische Recht jede Emotion oder Euphorie für Schönheit bei Seite. Es betrachtet Schmuck vollkommen nüchtern und qualifiziert es schlicht und einfach als  „Möbel“, das bei einer Erbauseinandersetzung verteilt werden muss.

Wenn eine Regelung über die Aufteilung des Schmucks fehlt:

Ein französisches Gericht hat von einigen Jahren eine vermeintlich gute Lösung für die streitige Verteilung des Familienschmucks - ein Ring und ein Armband - gefunden.

Die Richter hatten dem Schmuck einen rein emotionalen Wert zugesprochen. Dieser sei deshalb unabhängig von den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend dem Wunsch der Erblasserin zu verteilen. Eine gerechte Verteilung im Sinne einer wertmäßigen Aufteilung, gegebenenfalls verbunden mit einem Ausgleich zwischen den Erben, sollte hingegen nicht stattfinden.

Eines der drei Kinder ging infolge dieses Urteils leer aus. Die anderen zwei Geschwister freuten sich.

Mangels Einigung der Erben muss das Los entscheiden

Das oberste französische Gericht, die Cour de Cassation hob dieses Urteil auf und verwies auf eine Bestimmung des Code civil wonach, im Falle mangelnder Einigung zwischen den Erben, „Möbel“ gleichmäßig aufgeteilt und sodann per Los den Erben zugewiesen werden sollen. Alleine der Zufall könne bei Meinungsverschiedenheiten schlichten. Auf den Wunsch der Mutter wurde zur Beilegung des Streits nicht mehr eingegangen.

Verschiedene Instrumente zur Aufteilung des Schmucks

Wertgegenstände, die einem am Herzen liegen, möchte man in guten Händen wissen. Denn nicht jeder Erbe freut sich über die väterliche Uhr oder über die Perlenkette der Großmutter. Es ist deshalb sinnvoll und sehr ratsam, bereits zu Lebzeiten über deren späteren Verbleib seiner persönlichen Wertgegenstände nachzudenken und die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen. Denn nur dann kann man spätere Streitereien sowie die Gefahr vermeiden, dass alles anders als gewünscht verteilt wird.

Das Gesetz ermöglicht durchaus einem Erblasser zu bestimmen, an wen er einzelne Wertgegenstände weitergegeben möchte. Zu Lebzeiten kann bereits eine Schenkung vorgenommen werden. Diese muss auch nicht zwangsläufig auf das Erbe angerechnet werden. Sie kann also ohne Ausgleich erfolgen.

Ein Erblasser hat auch die Möglichkeit einen bestimmten Gegenstand einer bestimmten Person, die nicht Erbin sein muss, zu vermachen. Der sogenannte „leg particulier“ (Vermächtnis) ist im französischen Recht eben diese Möglichkeit, innerhalb seiner testamentarischen Bestimmungen einer geliebten Person etwas ganz bestimmtes zukommen zu lassen.

Besonderheit: Familienstücke, die sogenannten „souvenirs de familie“.

Für Familienstücke gelten besondere Reglungen. Sie unterliegen nicht den für Nachlässe geltende gesetzliche Bestimmungen.

Im Code civil findet sich keine Definition des Begriffs „Familienstück“. Folgende Kriterien, die teilweise recht uneindeutig und zudem recht subjektiv sind, werden zur Konkretisierung herangezogen:

  • hohe besondere seelische oder symbolische Bedeutung für die Familie
  • hat enge Beziehung zur Familie
  • hat einen historischen familiären Wert oder gehört der Familie schon lang an.

Dabei kann es sich zum Beispiel um Familienschmuck wie ein Siegelring, ein Orden oder Medaille handeln. Auf den Wert des Gegenstandes kommt es bei der Bestimmung des Gegenstandes als „Familienstück“ nicht an.

Solche Familienstücke bleiben im Eigentum der „Familie“ und gehen somit nicht in das Eigentum eines Erben über. Sofern sie einem Familienmitglied übergeben werden, nimmt er diese lediglich in Verwahrung. Sie gehören ihm nicht, mit der Folge, dass er auch nicht über diese verfügen kann.

Fazit: ein Mal mehr wird deutlich, dass Nachlassangelegenheiten nicht dem Zufall überlassen werden sollten. Eine rechtzeitige Planung ist immens wichtig, um zu erreichen, dass seine Wünsche über den Tod hinaus auch friedvoll umgesetzt und nicht im schlimmsten Fall einem Losverfahren überlassen werden.