BGH: Ärzte müssen Eintrag in Bewertungsportal dulden

Reputationsmanagement auch für Ärzte sinnvoll

Veröffentlicht am: 10.11.2021
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
Lesedauer:

Reputationsmanagement auch für Ärzte sinnvoll

Ein Beitrag von Anna-Maria Blömer

Jameda ist ein frei zugängliches Bewertungsportal im Internet, in welchem Ärzte und andere im Gesundheitswesen Arbeitende gesucht und bewertet werden können. Gegen Zahlungen zwischen 69 EUR und 139 EUR können Ärzte sog. „Gold“ oder „Platin“-Pakete erwerben, wodurch sie ihrem Profil mit Bildern und anderen Funktionen zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen können. Wer dagegen nur das kostenlose Basisprofil besitzt, dem bleiben diese Extras verwehrt.

Das Ärzteportal eignet sich also scheinbar hervorragend dafür im Sinne des Reputationsmanagements Imageschäden frühzeitig zu minimieren, indem man rechtzeitig negative und unwahre Bewertungen wahrnimmt und dagegen vorgeht.

Zahnmediziner wollen nicht im Onlinebewertungsportal erscheinen

Nun klagten jedoch zwei nordrhein-westfälische Zahnmediziner gegen das Ärztebewertungsportal, weil sie nicht mehr darin gelistet werden wollten. Grund dafür war, dass sie dort mit Basis-Profilen erschienen seien, obwohl sie nie in die Aufnahme auf dem Portal eingewilligt hatten.

Nachdem die Mediziner gegen das vorige Urteil in Revision gingen, entschied nun auch der BGH, dass sowohl der Fachzahnarzt für Oralchirurgie als auch die Fachzahnärztin für Parodontologie ihr Profil auf Jameda dulden müssen.

BGH: keine Ungleichbehandlung von Premium- und Basiskunden

Die beiden Zahnärzte waren der Auffassung, dass Jameda angesichts der – ihrer Meinung nach unzulässigen – Ungleichbehandlung von Premium- und Basiskunden kein neutrales Informations- und Vermittlungsportal wäre. Die Bevorteilung von zahlenden Nutzern stünde im Widerspruch zum Transparenzanspruch des Ärztebewertungsportals.

Laut BGH besteht kein allgemeiner Gleichbehandlungsanspruch zwischen kostenlosen und bezahlten Profilen. Deshalb sahen die Karlsruher Richter im vorliegenden Fall keine unzulässige Benachteiligung von Basisprofilen und wiesen die Revision ab. Das jeweilige Profil der beiden Zahnmediziner bleibt also weiterhin online abrufbar.

Die Merkmale der Premium-Profile, welche von den Klägern beanstandet wurden, seien nach Auffassung der Karlsruher Richter unproblematisch, wurden von Jameda aber dennoch vorsichtshalber angepasst.

Jameda wahrt Neutralität trotz Premiumvorteilen

Außerdem zog das Gericht die Grundsätze eines vorigen BGH-Urteils heran (Urteil vom 20. Februar 2018 – VI ZR 30/17, GRUR 2018, 636). Demzufolge erfülle das Ärztebewertungsportal eine rechtlich gebilligte und gesellschaftlich geforderte Funktion.

Anders sähe es nur aus, wenn Jameda die Neutralität als Informationsmittler verlieren würde. Dieser Fall würde erst eintreten, wenn das Bewertungsportal in Gewinnerzielungsabsicht den Premiumkunden gegenüber den Basiskunden verdeckte Vorteile verschaffen würde. Dafür sah der BGH jedoch keine Anhaltspunkte.

Ärzte sollten sich um besseres Reputationsmanagement kümmern

Jameda Geschäftsführer, Florian Weiss, wies darauf hin, dass vollständige Arztlisten fundamental für die freie Auswahl des Arztes seien sowie für Transparenz sorgten. Ärzte müssten sich damit abfinden, auf solchen Bewertungs- und Vermittlungsportalen auffindbar zu sein. Im öffentlichen Interesse sei die freie Wahl des Arztes durch Onlinebewertungsportale außerdem von der Kommunikationsfreiheit gedeckt.

Das Ärztebewertungsportal gab an, dass es so gut wie alle in Deutschland tätigen Ärzte listet. Die dafür benötigten Informationen und Daten beziehe das Onlineportal aus öffentlich zugänglichen Quellen, zu denen beispielweise auch Telefonbucheinträge oder Praxiseröffnungen gehörten. Von ca. 400.000 aktiv praktizierenden Ärzten in Deutschland bezahlten ganze 70.000 davon für die Premium-Profile und somit für deren spezielle Funktionen und Serviceleistungen.

Viele wollen negative Onlinebewertungen löschen

Jameda wird Patienten also auch zukünftig möglichst vollständige Arztlisten bieten. Für die betroffenen Ärzte bedeutet das hingegen auch, dass sie die öffentliche Darstellung und insbesondere die freizugängliche Bewertung im Internet auch weiterhin dulden müssen.

Jameda erlaubt die Bewertung von Ärzten direkt nach einer kurzen Registrierung, bei der der Bewertende lediglich eine E-Mail-Adresse angeben muss. Durch diese weitgehende Anonymität ist das Ärztevermittlungsportal geradezu prädestiniert für unwahre oder diffamierende Bewertungen.

In der Praxis stellt sich dabei zwangsläufig auch das Problem, dass Ärzte, Gemeinschaftspraxen und andere im Gesundheitssektor beschäftigte Personen diese negativen oder „fake“ Jameda Bewertungen löschen lassen möchten. Denn negative Onlinebewertungen tragen nicht zur positiven Reputation eines Arztes bei. Der Wunsch nach der Löschung von negativen Onlinebewertungen ist also nachvollziehbar, ein Vorgehen gegen den anonymen Bewerter zwar aussichtlos, nicht aber gegen Jameda.