Gewerblicher Grundstückshandel wegen Baumaßnahmen vor Veräußerung?

Abgrenzung bei der Errichtung eines Erweiterungsbaus

Veröffentlicht am: 02.09.2020
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Abgrenzung bei der Errichtung eines Erweiterungsbaus

Ein Beitrag von Rechtsanwalt und Steuerberater Dirk Mahler

Die Einkünfte im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung von Immobilien können unterschiedlicher Art sein. Einerseits können Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, andererseits Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen. Beides hat nicht nur hinsichtlich der Frage der Gewerbesteuer sondern insbesondere auch hinsichtlich der etwaigen Besteuerung eines „Spekulationsgewinnes“ ganz erhebliche Bedeutung. Allgemein bekanntes Abgrenzungskriterium ist die sogenannte Drei-Objekt-Grenze. Diese besagt, dass die Schwelle zur Gewerblichkeit überschritten ist, wenn und soweit mehr als drei Objekte innerhalb von fünf Jahren veräußert werden. 

In einer neuen Entscheidung hatte sich der BFH nunmehr mit der Abgrenzung außerhalb der drei-Objekt-Grenze zu befassen.

BFH: Drei-Objekt-Grenze hat nur indizielle Bedeutung

Der Bundesfinanzhof (BFH)  hat in einem Fall (Urteil vom. 15.1.2020 – X R 18/18 und X R 19/18) Grundsätze für den Fall von erheblichen Baumaßnahmen im zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung aufgestellt.

Der Entscheidung lag folgender verkürzt dargestellter Sachverhalt zugrunde:

Ein ehemaliger Landwirt hatte Betriebsgrundstücke in sein Privatvermögen überführt und errichtete hierauf eine Senioren- und Pflegeresidenz. Hieraus erzielte er langfristig Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im Jahr 1999 stellte er einen Bauantrag zur Erweiterung des Gebäudes. Fertigstellung war im Jahr 2004, wodurch sich die Anzahl der Heim- und Pflegeplätze verdoppelte. Während der Baumaßnahmen gründete er eine KG mit ihm als alleinigen Kommanditisten und er verpflichtete sich zur Einbringung des Grundstückes nach Abschluss der Baumaßnahmen. Die Einbringung erfolgte dann im Jahr 2005. Einen steuerpflichtigen Gewinn erklärte er im Zusammenhang mit der Einbringung nicht.

Noch im selben Jahr gründete er zusammen mit seiner Ehefrau eine weitere KG, welche unstreitig einen gewerblichen Grundstückshandel betrieb.

Nachdem das Finanzamt zunächst erklärungsgemäß die laufenden Einkünfte als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung qualifizierte und keine stillen Reserven bei der Einbringung des Grundstückes in die KG aufdeckte, änderte das Finanzamt seine Meinung im Rahmen einer Betriebsprüfung und vertrat nunmehr die Auffassung, dass das Grundstück wegen der vorherigen Baumaßnahmen ein geeignetes Zählobjekt darstelle und Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorlägen.    

Neues Gebäude bei Flächenerweiterung oder Wertsteigerung von 150 Prozent

Aus bestimmten Gründen sah sich der BFH nicht in der Lage in der Sache selbst zu entscheiden, nutzte jedoch die Gelegenheit und formulierte Bewertungsmaßstäbe für die Frage der Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts.

Demnach liegt in solchen Fällen kein neues Wirtschaftsgut vor, wenn und soweit der Erweiterungsbau eng mit der Altbausubstanz verschachtelt ist und keine eigene Standfestigkeit besitzt und die Neubauteile dem Gesamtgebäude unter Berücksichtigung der Wertverhältnisse von Alt- und Neubauteilen nicht das Gepräge geben.

Ein neues Wirtschaftsgut liegt dagegen vor, wenn durch die Baumaßnahmen entweder ein eigenständiges Gebäude („Erweiterungsbau“) entsteht oder aber im Falle einer erheblichen Verschachtelung durch die Baumaßnahmen dem Gebäude insgesamt ein neues Gepräge verliehen werde. Dies sei nach Ansicht der BFH der Fall wenn eine entweder eine Flächenvergrößerung oder aber eine Werterhöhung von 150 Prozent vorliegen würde.

Soweit ein neues Wirtschaftsgut anzunehmen wäre, käme es für die Frage Abgrenzung der Einkunftsart in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung nicht auf die Drei-Objekt-Grenze an, da der steuerpflichtige ehemalige Landwirt mit seiner Frau an einer gewerblichen Personengesellschaft beteiligt ist. Durch diese Personengesellschaft liegt der Tatbestand einer gewerblichen Betätigung vor. Diese „infiziert“ die übrigen privaten Tätigkeiten, da die Mitunternehmerschaft keine Abschirmungswirkung entfaltet.  

Die Entscheidung hat erneut gezeigt, dass die Abgrenzung der Einkünfte höchst komplex ist und eine Gesamtbetrachtung notwendig ist. Hierbei darf nicht nur die Drei-Objekt-Grenze berücksichtigt werden. Die vom BFH vorgenommene Benennung einer konkreten Schwelle ist hilfreich.

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