Leaver Klauseln: Good leaver & bad leaver

Formulierung, Sinn & Zweck, Grenzen der Wirksamkeit

Leaver-Klauseln in Beteiligungsverträgen haben heute eine große Bedeutung bei Venture Capital-Gestaltungen und Private Equity-Transaktionen, aber auch bei Mitarbeiterbeteiligungen. Dabei setzen sie für Vesting-Regelungen oft die wichtigsten Stellschrauben - bei vielen Verträgen spielt hier die Musik. Was sie zu Good & Bad Leaver Klauseln wissen müssen, erfahren Sie auf dieser Seite.

1. Unser anwaltliches Know How bei Good & Bad Leavern

Unser Team von M&A-Spezialisten, Fachanwälten für Gesellschaftsrecht und Steuerberatern verfügt über eine langjährige Expertise im Transaktionsgeschäft und beim Management von Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern und Investoren. Die Rechtsanwälte an unseren Standorten in Hamburg, Berlin, München, Frankfurt und Köln beraten zu den Themen Beteiligungsverträge und Leaver- und Vesting-Klauseln mit den folgenden Schwerpunkten:

  1. Gestaltung und Vertragsverhandlungen von Venture Capital-Beteiligungsverträgen und Private Equity-Transaktionen
  2. Entwurf von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen und Virtuellen Mitarbeiterbeteiligungen (ESOP, VESOP) sowie Managementbeteiligungen, insbesondere auch Entwurf von good leaver und bad leaver Klauseln 
  3. Beratung von Gründern von Startups und Investoren bei Finanzierungsrunden
  4. Rechtliche und taktische Beratung beim Gesellschafterstreit im Zusammenhang von Vesting- und Leaver-Regelungen in Beteiligungsverträgen
  5. Überprüfung von bestehenden good & bad leaver Regelungen und ggf. gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen
  6. Steuerliche Beratung im Zusammenhang von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen

Kontaktieren Sie uns gerne über das Kontaktformular für eine unverbindliche Anfrage.

Lassen Sie Ihre Klauseln prüfen!

Investoren, Gründer und Mitarbeiter, die in ihren Beteiligungsverträgen Leaver-Klauseln nutzen, sind aufgerufen, die Verträge einer Prüfung zu unterziehen, die auch der Rechtsprechung Rechnung trägt. Sind die Leaver- und Vesting-Verträge unwirksam, ergibt sich nicht nur hohes Streitpotential, sondern auch ein Risiko für die gesamte Gesellschaft. Hierbei geht es um kein stakeholderorientiertes Management, sondern um Investitionslogik.

Wenn Sie eine Beratung oder Vertretung durch einen unserer Gesellschaftsrechts-Experten suchen, kontaktieren Sie bitte unsere Anwälte in unseren Büros in Hamburg, Berlin, München, Frankfurt oder Köln. Unser Anwalts-Team wird mit Gesellschafterstreitigkeiten deutschlandweit und international betraut.

2. Was sing sog. Leaver-Klauseln?

Die Leaver-Klauseln (Leaver, zu deutsch: Abgänger) regeln das Ausscheiden aus einer Gesellschaft, insbesondere wenn Gründer oder Mitarbeiter ihre Mitarbeit an einem Unternehmen oder Startup aufgeben. Die Betroffenen müssen dabei (virtuelle) Anteile, die ihnen zugeteilt oder zugesagt wurden, wieder abgeben, wenn sie verführt (in der Regel: vor Ablauf der Vesting-Period) oder aus einem bestimmten Grund aus dem Unternehmen ausscheiden.

In der Praxis finden sich dabei verschiedene Konstellationen, wie Leaver-Klauseln ausgestaltet sind: Die Betroffenen verlieren je nach Einzelfall ihre Anteile entweder anteilig oder ganz und erhalten für die verlorenen Anteile keine, eine reduzierte oder eine vollwertige Abfindung.

3. Sinn & Zweck von Leaver-Klauseln

Leaver- und Vesting-Vereinbarungen werden eingesetzt, um die Tätigkeit des von Gründern oder speziellen Mitarbeitern über eine gewisse Zeit sicherzustellen. Damit wird verhindert, dass in wichtigen Anfangsphasen oder etwa kurz nach einem wichtigen investment die wichtigsten Beteiligten das Unternehmen verlassen. Durch die Leaver- und Vesting-Klauseln werden für die betroffenen Geschäftsführer und Mitarbeiter Anreize in der Form geschaffen, als ihre vorzeitige Beendigung der Mitarbeit in der GmbH finanziellbestraft wird.

Dabei wird oft zunächst ein Vesting vereinbart, das die Beteiligten über einen bestimmten Zeitraum an das Unternehmen binden, wenn sie ihre Anteile nicht verlieren wollen. Vesting-Klauseln können aber unwirksam sein, wenn sie nicht hinreichend nach den Umständen des Einzelfalles differenzieren. An dieser Stelle werden daher die Leaver-Klauseln notwendig. Gut ausdifferenzierte Leaver-Klauseln stellen sicher, dass die Vesting-Regelungen wirksam und fair sind.

4. Good Leaver vs. Bad Leaver

Bei den Leaver-Systemen kategorisiert der Beteiligungsvertrag bestimmte Verhaltensweisen der Beteiligten als Good Leaver oder als Bad Leaver. Dem liegt die folgende Unterscheidung zugrunde: Gewisse Gründe können ein Ausscheiden aus der Gesellschaft rechtfertigen, ohne dass dies dem Betroffenen (besonders) vorwerfbar ist. Dieser sog. Good Leaver soll besser gestellt werden als der Bad Leaver, der aus ihm vorwerfbaren Gründen und ohne eine entsprechende Rechtfertigung aus dem Unternehmen ausscheidet. Welche Fälle als gut und welche als schlecht eingeordnet werden, variiert in der Praxis stark und hängt von den individuellen Vertragsbedingungen ab. Wird eine richtigerweise nicht vorwerfbare Konstellation aber zu Unrecht als Bad Leaver kategorisiert, kann das zur Unwirksamkeit der Klausel führen.

Ein klassischer Fall des Bad Leaver liegt zum Beispiel vor, wenn eine schwere Pflichtverletzung des Gesellschafter-Geschäftsführers zu einem Schaden der GmbH führt und dem Schädiger daher der Geschäftsführer-Dienstvertrag außerordentlich gekündigt, wird. Auch für Mitarbeiter von Startups wird hier oft die außerordentliche Kündigung und/oder die Kündigung aus personenbezogenen Gründen aufgeführt. Der Bad Leaver verliert seine Beteiligung in aller Regel komplett. Überdies wird der Bad Leaver finanziell bestraft und erhält für den Verlust seiner Beteiligung entweder gar keinen oder nur einen Gegenwert, der weit unter dem Verkehrswert der Beteiligung liegt.

Der Good Leaver umfasst in der Praxis häufig die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber. Als Folge verliert der Betroffene zwar oft seine Beteiligung, er erthält dafür aber nicht selten den Verkehrswert oder einen hohen Wert nahe des Verkehrswertes.

5. Umsetzung im Vertrag

Rechtstechnisch erfolgt dies durch Anteilsübertragungsangebote in Form von meist aufschiebend bedingten oder unbefristeten, offenen Übertragungsangeboten, die als Call Option bekannt sind. Die Umsetzung erfolgt auch in verschiedenen Formen in Beteiligungsverträgen und in Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen in Form eines ESOP oder VSOP enthalten. Dabei weichen rechtliche Mechanismen der Leaver-Klauseln in VESOP-Beteiligungen stark von den Equity-Beteiligungen ab.

Dabei sind die Leaver-Klauseln sind meist zeitlich begrenzt. Sie haben in der Praxis in aller Regel eine Laufzeit von 3 bis 5 Jahren.

6. Wann sind Leaver-Klauseln unwirksam?

Da eine Gesellschaftsbeteiligung oft einen hohen Wert für die Betroffenen darstellt, führt der Verlust der Beteiligung über die Leaver-Systeme nicht selten zu schweren Auseinandersetzungen mit Investoren und Mitgesellschaftern. Oft stellt sich dabei heraus, dass die betroffenen Regelungen unnwirksam waren.

Der Verlust der Gesellschaftsbeteiligung unterliegt einer strengen Gerichtskontrolle, da der Bundesgerichtshof grundsätzlich eine freie Hinauskündigung missbilligt. Die Beteiligung an einer Gesellschaft wird von dem Grundgestez immerhin ähnlich geschützt wie das Eigentum - und ein Eingriff muss gerechtfertigt und verhältnismäßig sein. Aber auch Mitarbeiter, die nur virtuell beteiligt sind, haben grundsätzlich eine grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit und dürfen nicht übermäßig lange an ihren Job gebunden werden.

Hinzu kommt, dass etwa virtuelle Beteiligungen für viele Mitarbeiter gleichzeitig formuliert werden - und damit als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) gelten und als solche auch der speziellen AGB-Kontrolle unterfallen: Sie dürfen nicht überraschend oder zu nachteilig für die Betroffenen sein.

Verstoßen die Regelungen gegen eine der oben genannten Normen, sind sie unwirksam - und dem Betroffenen können die Anteile unter Umständen nicht wieder entzogen werden. Ob eine einzelne Klausel letztlich unwirksam ist oder nicht, kann sich pauschal leider nicht sagen lassen. Da es in der Praxis viele Spielarten und ausdifferenzierte Formulierungen gibt, muss jede Klausel individuell geprüft werden.

7. Die Gerichte zum Hinauskündigungsverbot

Nach mehreren Entscheidungen des BGH zum Thema Hinauskündigung eines Gesellschafters ist jedenfalls allgemein anerkannt: Investoren und Gesellschafter haben kein freies Ermessen, Mitgesellschaftern ohne sachlichen Grund aus der GmbH auszuschließen. Die Gerichte halten Vertragsklauseln, die einen Hebel zur freien Hinauskündigung begründen, für nichtig, weil der betroffene Gesellschafter gehindert werden kann, von seinen Mitgliedschaftsrechten nach eigenem Ermessen Gebrauch zu machen. Die Hinauskündigungsmöglichkeit wirkt auf den Gesellschafter wie ein Damoklesschwert.

Von dieser Rechtsprechung werden auch Kauf- und Abtretungsvereinbarungen im Sinne von Call Options erfasst, wenn die Hinauskündigung ohne einen sachlichen Grund durch den Berechtigten vollzogen werden soll. Einzig der bloße Verlust der Geschäftsführerstellung ist als sachlicher Grund nach einer viel beachteten Entscheidung des OLG München nicht ausreichend.

8. Rechtsprechung: Managermodell ist zulässig

Der BGH (Urt. 19.09.2005 – II ZR 173/94) hat in seiner Entscheidung das sogenannte Manager-Modell für zulässig erachtet. Der BGH hat in dem folgenden Fall einen sachlichen Grund für den Gesellschafterausschluss bejaht: Der betroffene Geschäftsführer hat eine kleinere Beteiligung vom Mehrheitsgesellschafter zum Nominalwert übertragen bekommen und wurde verpflichtet, bei der Beendigung seiner Geschäftsführerstellung die Beteiligung zurückzuübertragen. Er sollte den jährlichen Gewinn der GmbH ausgeschüttet erhalten und davon zusätzlich zu seiner Geschäftsführervergütung davon finanziell profitieren.

In dieser engen Fallkonstellation bewertete der BGH die kleine und schwache Beteiligung nur als bloßer Annex zur Geschäftsführerstellung. Auf den Geschäftsführer konnte schon kein unangemessener Druck bzgl. der Ausübung der Gesellschafterrechte ausgeübt werden, da der Gesellschafterkreis nur aus zwei Gesellschaftern bestand und der Mehrheitsgesellschafter mit seiner Beteiligung von über 90 % die Gesellschafterversammlung dominierte. Der Geschäftsführer hat auch kein finanzielles Risiko tragen müssen, da er die Beteiligung zum Nominalwert erworben hat und ihm mit der Beteiligung eine jährliche Gewinnausschüttung zugesagt wurde. Die Beteiligung diente lediglich als Quasi-Geschäftsführerbonus und erschöpfte sich in ihrer Anreizfunktion.

9. Fazit für Wirksamkeit von Leaver-Klauseln

Vertragsgestaltungen, die von den im Manager-Modell des BGH entscheidungserheblichen Kriterien abweichen, und einen Leaver-Event darstellen, sollten auf ihre Wirksamkeit geprüft werden. In den klassischen Leaver-Regelungen der VC- und PE-Vertragsdokumentationen finden sich oft Angriffspunkte. Insbesondere dürften die Leaver- und Vesting-Klauseln, denen sich die Gründer von Startups unterwerfen, oftmals vor dem Hintergrund der geltenden BGH-Rechtsprechung kritisch zu hinterfragen sein. Die Gründer sind meist eng mit der GmbH verbunden, haben erhebliche Leistungen und Ressourcen der Gesellschaft zur Verfügung gestellt und kontrollieren schließlich auch sehr lange das Startup. Die Kritikwürdigkeit vieler Leaver-Mechanismen illustriert auch eine Entscheidung des OLG München (Urt. vom 13.05.2020 – 7 U 1844/19), dass die Beteiligung eines Geschäftsführers nicht als bloßes Annex zur Geschäftsführerstellung bewertet wissen wollte.

10. Falsches Streitmanagement endet vor Gericht

Greift eine Leaver-Klausel, geht es oft um alles oder nichts für den Betroffenen, insbesondere wenn ein Gesellschafter oder Mitarbeiter als Bad Leaver kategorisiert wird. Sowohl die Bad Leaver-, aber auch die Good Leaver-Situationen, die auch zu einem Ausscheiden aus der GmbH führen, sind sehr streitanfällig. Die in den Beteiligungsverträgen und Gesellschaftsverträgen enthaltenen Streitschlichtungsklauseln greifen oftmals bei den Leaver-Situationen zu kurz. Meist lässt sich der Gesellschafterstreit gerade nicht geräuschlos beenden und werden vor Gericht ausgetragen.

Gerichte haben frühzeitig enge Grenzen für den Fall von Hinauskündigungen von Gesellschaftern, zu denen auch Leaver-Situationen gehören, gezogen. Insbesondere in VC-finanzierten GmbHs sind solche Gerichtsverfahren besonders schädlich. Wenn das Startup-Management-Team bei seinem „Wettlauf gegen die Zeit“ (Anlagehorizont der VC-Fonds ist sehr eng) neben dem Alltagsgeschäft ein langjähriges Gerichtsverfahren managen muss, können die Erfolgsaussichten auf einen lukrativen Exit durch einen langen und lauten Gerichtsstreit vereitelt werden. Es ist allen Seiten, aber insbesondere der GmbH- und Investorenseite, anzuraten, die Streitigkeit mit einem Leaver-Beteiligten nicht eskalieren zu lassen und einen außergerichtlichen, finanziell fairen Vergleich zu suchen.

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12. FAQs - Frequently asked questions zu Leavern

Was sind sog. Leaver-Klauseln?

Die sog. Leaver-Klauseln regeln das Ausscheiden eines Betroffenen aus einer Gesellschaft, insbesondere wenn Gründer oder Mitarbeiter ihre Mitarbeit an einem Unternehmen verfrüht oder aus einem bestimmten Grund aufgeben. Die Betroffenen müssen dabei (virtuelle) Anteile, die ihnen zugeteilt oder zugesagt wurden, wieder abgeben, wenn sie unter den genauer definierten Umständen ausscheiden.

Wodurch unterscheiden sich good & bad leaver?

Die Leaver-Klauseln unterscheiden sog. Good Leaver und  Bad Leaver. Dem liegt die folgende Unterscheidung zugrunde: Gewisse Gründe können ein Ausscheiden aus der Gesellschaft rechtfertigen, ohne dass dies dem Betroffenen (besonders) vorwerfbar ist. Dieser sog. Good Leaver soll besser gestellt werden als der Bad Leaver, der aus ihm vorwerfbaren Gründen und ohne eine entsprechende Rechtfertigung aus dem Unternehmen ausscheidet.

Je nachdem, welcher Leaver der Betroffene ist, werden an sein Ausscheiden unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft: In der Praxis finden sich dabei zahllose Konstellationen, wie genau Leaver-Klauseln ausgestaltet sind: Die Betroffenen verlieren je nach Einzelfall ihre Anteile entweder anteilig oder ganz und erhalten für die verlorenen Anteile keine, eine reduzierte oder eine vollwertige Abfindung.

Wozu dienen Leaver-Klauseln?

Sog. Vesting-Klauseln werden oft eingesetzt, um Gründer und Mitarbeiter eines Unternehmens für einen gewissen Zeitraum (in der Anfangsphase oder nach einer wichtigen Investition) an das Unternehmen zu binden. Diese sehen vor, dass die Betroffenen bei einem verfrühten (virtuelle) Ausscheiden Anteile an der Gesellschaft verlieren. Solche Vesting-Klauseln können aber unwirksam sein, wenn sie nicht hinreichend nach den Umständen des Einzelfalles differenzieren.An dieser Stelle werden daher die Leaver-Klauseln notwendig. Gut ausdifferenzierte Leaver-Klauseln stellen sicher, dass die Vesting-Regelungen wirksam und fair sind.