Unternehmensstrafrecht

Strafbarkeit von Unternehmen: Aktuelle Gesetze & Einführung des Verbandssanktionengesetzes

Das Unternehmensstrafrecht als Teil des Wirtschaftsstrafrechts befasst sich mit der strafrechtlichen Sanktionierung von Unternehmen. In Deutschland gibt es ein solches derzeit nicht bzw. nur sehr begrenzt. Vermehrt gibt es aber Bestrebungen, auch hierzulande ein solches Unternehmensstrafrecht einzuführen. Einen Überblick über bestehende Regelungen und aktuelle Gesetzesentwürfe finden Sie im Folgenden.

Als überregionale Wirtschaftskanzlei vertreten wir Unternehmen und Manager in allen Bereichen des Wirtschaftsstrafrechts. Durch die Zusammenarbeit unserer Rechtsanwälte aus diversen Fachgebieten können wir Ihnen nicht nur eine strafrechtliche, sondern auch eine steuerrechtliche und zivilrechtliche umfassende Vertretung bieten.

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Bestehende Regelungen in Deutschland

In Deutschland können sich derzeit grundsätzlich nur natürliche Personen strafbar machen – mithin beteiligte Gesellschafter und Geschäftsführer persönlich. Unternehmen, die juristische Personen sind, dagegen nicht. Hintergrund ist die Dogmatik des deutschen Strafrechts: Danach sind juristische Personen strafrechtlich handlungs- und schuldunfähig.

Ausnahmen gibt es nur wenige: Gemäß § 30 OwiG können Geldbußen wegen des Verstoßes gegen das Ordnungswidrigkeitengesetz auch gegen juristische Personen verhängt werden. Im Ordnungswidrigkeitenrecht steht den Ermittlungsbehörden aber ein Ermessensspielraum zu, ob sie tätig werden oder nicht (sog. Opportunitätsprinzip). Zudem kennt das Strafverfahrensrecht die Einziehung von Taterträgen auch bei Unternehmen.

Unternehmensstrafrecht im internationalen Vergleich

Die deutsche Rechtslage beruht auf einer klaren Entscheidung der deutschen Politik, Unternehmen vor strafrechtlicher Verfolgung zu schützen. Im internationalen Vergleich nimmt Deutschland damit eine Sonderrolle ein. Insbesondere eine Reihe von EU-Rechtsakten sieht Sanktionen auch gegen juristische Personen vor. Viele Länder haben in den letzten Jahren moderne Verbandsstrafgesetze eingeführt.

So erlaubt beispielsweise Österreich die Verhängung von Geldbußen gegen juristische Personen, wenn ein Entscheidungsträger oder Mitarbeiter eine strafbare Handlung begangen hat, die dem Unternehmen zugerechnet werden kann.

Bevorstehende Gesetzesreform in Deutschland?

Die bestehende Lücke im deutschen Unternehmensstrafrecht wurde in den letzten Jahrzehnten immer wieder kritisiert und entsprechende Vorstöße von Wirtschaftsverbänden stets vehement abgeblockt. Seit dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU / SPD im März 2018 gibt es aber konkrete Gesetzesentwürfe, deren Verabschiedung im Lichte des 2020 in den Medien nicht unbeachtet gebliebenen Wirecard-Skandals nicht mehr unwahrscheinlich erscheint. Darin wird insbesondere die stärkere Sanktionierung des Fehlverhaltens von Mitarbeitern in der Wirtschaftskriminalität und eine Abkehr vom Opportunitätsprinzip des Ordnungswidrigkeitenrechts angekündigt.

Zuletzt hat der Bundesrat am 18. September 2020 einem Entwurf des BMJV vom 16.06.2020 überwiegend zugestimmt.

Inhalt des Verbandssanktionengesetzes

Das Herzstück des Reformentwurfs trägt den namen  „Gesetz zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten“, kurz „VerSanG“.

Der Entwurf sieht unter anderem folgende Inhalte vor:

  1. Strafbarkeit für Verbände, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist.
  2. Einführung des Legalitätsprinzips: Sanktionen müssen verhängt werden, wenn eine sog. Verbandstat begangen wurde.
  3. Anpassung von Geldsanktionen an die Wirtschaftskraft des Unternehmens, d.h. an den weltweiten Jahresumsatz
  4. Vorgaben und Anreize (u.a. Strafmilderung) für Internal Investigations
  5. Öffentliche Bekanntmachung von Art und Umfang der Taten
  6. Einführung eines Verbandssanktionsregisters

Eine Verbandstat liegt dabei vor, wenn eine Leitungsperson eine Straftat begeht, durch die Pflichten, die den Verband treffen, verletzt worden sind oder durch die der Verband bereichert worden ist oder werden sollte. Dazu zählt auch, wenn der Verband keine angemessenen Vorkehrungen zur Vermeidung von Verbandstaten getroffen hat.

Seine Pflichten im Rahmen eines solchen Compliance-Management-Systems umfassen dabei:

  • Organisation,
  • Auswahl,
  • Anleitung und
  • Aufsicht.

Kritik am Gesetzesentwurf

Der Entwurf wird in der Wirtschaft streng kritisiert. Aber auch von juristischer Seite werden einige Regelungen des Reformentwurfes skeptisch betrachtet. Dazu gehört insbesondere die geplante Änderung der Strafprozessordnung (StPO) zur Beschlagnahme von Unterlagen: Danach sollen künftig alle im Rahmen von internen Untersuchungen entstandenen Aufzeichnungen und Unterlagen, welche sich im Besitz bzw. Gewahrsam von Rechtsanwälten befinden, beschlagnahmt werden dürfen. 

Aber auch die Bevorzugung interner Untersuchungen wird bemängelt. Sollen Strafverfolgungsbehörden die Ergebnisse interner Untersuchungen abwarten, bevor sie eingreifen, sind Beweismittel wie Zeugenaussagen in der Praxis oft nicht mehr brauchbar.

Fazit: Kommt das Unternehmensstrafrecht?

Letztlich ist es gerade im internationalen Vergleich nur eine Frage der Zeit, bis das Unternehmensstrafrecht auch in Deutschland eingeführt wird. Denn die strafrechtlichen Regelungen vieler Länder im Verbandsstrafrecht prägen auch die Entwicklungen des übrigen internationalen Wirtschaftsstrafrechts. Als drittgrößte Importnation müssen wir Wirtschaftskriminalität auch hierzulande effektiv bekämpfen.

Eine klare Regelung zur Zurechnung in Kombination mit Strafmilderungsvorschriften bei Einhaltung der Compliance-Vorgaben kann bestehende Rechtsunsicherheiten beseitigen. Eine dringend nötige Koppelung von Bußgeldern an den Wirtschaftswert des Unternehmens entlastet mittelständische Unternehmen, die unter der derzeitigen Regelung im Ordnungswidrigkeitenrecht wie weltweit agierende Konzerne haften – und kann großen Unternehmen im Umkehrschluss endlich genug Druck für die Einhaltung des Rechts machen. In welcher Form auch immer ist daher die Einführung eines Unternehmensstrafrechts dauerhaft unverzichtbar.

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