Vorstandsvertrag, Vorstandsdienstvertrag AG

Inhalt, Laufzeit, Vergütung, Haftung, Kündigung, Beendigung, Muster

Vorstände haben in Aktiengesellschaften eine herausgehobene Stellung. Sie repräsentieren, vertreten und leiten die Gesellschaft und sind insofern Geschäftsführern einer GmbH vergleichbar. Anders als Geschäftsführer können die Mitglieder des AG-Vorstandes weitgehend weisungsfrei handeln.

Verbunden mit dieser großen Entscheidungsfreiheit ist eine besondere Verantwortung für Erfolg und Misserfolg des Unternehmens. Diese Verantwortung spiegelt sich in den komplexen Regelungen von Vorstandsverträgen wider. Wie diese aussehen, was zu beachten ist und wie diese gekündigt werden, erfahren Sie nachfolgend.

Als eine von wenigen Kanzleien verfügen wir über langjährige Erfahrungen in der aktienrechtlichen Beratung - sowohl bei börsennotierten Aktiengesellschaften (MDAX, SDAX) als auch bei nicht börsennotierten Gesellschaften.

Expertise und Leistungen unserer Anwälte und Fachanwälte

Unser hoch spezialisiertes Team von Fachanwälten für Gesellschaftsrecht berät Vorstände und Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften zu allen Themen rund um Vorstandsverträge. Dies betrifft vor allem:

  • Entwurf und Anpassung von Vorstandsverträgen
  • Prüfung von Vorstandsverträgen (rechtlich, wirtschaftlich)
  • Begleitung bei Vertragsverhandlungen zu Abschluss, Änderung, Kündigung von Vorstandsverträgen
  • Klage / Klageabwehr bei Kündigung des Vorstandsvertrages ("Kündigungsschutzklagen")

Daneben beraten wir auch zu Fragen rund um

  • (gerichtliche) Durchsetzung / Abwehr von (Schadensersatz-)Ansprüchen, Vorstandshaftung
  • Entwurf, Anpassung von Geschäftsordnungen für den Vorstand, Abstimmung mit Vorstandsverträgen

Als eine von wenigen Kanzleien verfügen wir über langjährige Erfahrungen in der aktienrechtlichen Beratung - sowohl bei börsennotierten Aktiengesellschaften (MDAX, SDAX) als auch bei nicht börsennotierten Gesellschaften.

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Vorstandsamt und Vorstandsvertrag

Das Vorstandsamt als solches und der Vorstandsvertrag sind zwei unterschiedliche Dinge. Das Vorstandsamt, das sogenannte Organverhältnis, wird durch die formale Bestellung zum Mitglied des Vorstands begründet. Der Vorstandsvertrag entsteht durch den Abschluss eines entsprechenden Vertrages. Für den Begriff Vorstandsvertrag werden in der Praxis synonym auch die Begriffe Vorstandsdienstvertrag und Vorstandsanstellungsvertrag verwendet. Inhaltlich und rechtlich gibt es keine Unterschiede.

Bedeutsam ist, dass die Position als Mitglied des Vorstandes grundsätzlich unabhängig vom Vorstandsvertrag ist. So kann jemand Vorstandsmitglied sein, ohne dass er einen Vorstandsvertrag mit der Aktiengesellschaft geschlossen hat oder dieser wirksam ist. Andererseits kann ein Vorstandsvertrag wirksam sein, ohne dass die betreffende Person (noch) Mitglied des Vorstandes ist.

In der Praxis ist daher immer sorgfältig zu prüfen, ob ein zeitlicher Gleichlauf zwischen Vorstandsamt und Vorstandsvertrag besteht und aus welchem Rechtsverhältnis (Organverhältnis oder Vorstandsvertrag) sich die relevanten Pflichten ergeben. Dieser Gleichlauf ist beispielsweise auch wichtig für die Beantwortung der Frage, ob ein ausscheidender Vorstand (noch) einem Wettbewerbsverbot unterliegt.

Hinsichtlich der Bestellung und dem damit verbundenen Vorstandvertrag sind im Einzelfall zudem weitere gesetzliche und/oder satzungsrechtliche Aspekte (z.B. „Frauenquote“, persönliche Anforderungen) zu beachten.

Typische Regelungen eines Vorstandsvertrages (Checkliste)

Vorstandsdienstverträge enthalten eine Vielzahl von Bestimmungen betreffend die Rechte und Pflichten des Vorstandsmitglieds, aber auch des Unternehmens.

Dabei folgt jeder Vorstandsvertrag eigenen Regeln, die - in Abhängigkeit von der Branche, des Gegenstandes und der Größe des Unternehmens sowie von dem Geschäftsbereich und der Aktionärsstruktur - nicht selten stark differenzieren. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Regelungsbereiche, sondern auch hinsichtlich der Regelungstiefe und des Regelungsumfangs.

Gleichwohl lassen sich einige Aspekte benennen, die - neben der Reihe anderer Aspekte - typischerweise Inhalt eines Vorstandsvertrages sind (Checkliste):

  • Berücksichtigung bestehender Dienst-/Anstellungsverträge samt vorherigen nachvertraglichen Wettbewerbsverboten
  • Verhältnis von Vorstandvertrag zur Satzung, Geschäftsordnung des Vorstandes, vorherige vorstandsbezogene Beschlüsse des Aufsichtsrates und deren nachträglichen Änderungsmöglichkeiten
  • Geschäftsführungsbefugnis (u.a. Ressortzuständigkeit) und deren nachträglichen Änderungsmöglichkeiten
  • Vertretungsbefugnis und deren nachträgliche Änderungsmöglichkeiten
  • Vergütung (fest und variabel)
  • weitere Vergütungsbestandteile, Incentivs
  • Ersatz von Aufwendungen (Bahnfahrten, Flüge)
  • Urlaub
  • Krankheitsvorsorge, Vergütung im Krankheitsfall
  • Altersvorsorge, Pensionszusage, Versorgungszusagen (Tod, Invalidität)
  • Dienstwagen, Dienstfahrrad
  • D&O-Versicherung
  • Vertragsdauer,
  • Beendigung des Anstellungsvertrages (z.B. Abfindung, Kopplungsklausel)
  • (nachvertragliche) Wettbewerbsverbote

Die genannten klassischen Regelungsaspekte von Vorstandsdienstverträgen tangieren nicht nur die Rechte und Pflichten des Vorstandes und der Gesellschaft. Der Vorstandsvertrag entfaltet regelmäßig auch eine darüber hinausgehende Wirkung.

Durch einen strukturierten Vertrag können zum Beispiel die in der Praxis häufig auftretenden Unsicherheiten einer nachträglichen persönlichen Inanspruchnahme durch die Gesellschaft oder Dritte sowie Unsicherheiten bei der nachträglichen Durchsetzung von Gehaltsansprüchen und Einschränkungen bei einer beruflichen Neuorientierung vermieden werden.

Für Mitglieder des Vorstandes, die zugleich Aktionäre sind, lässt sich der praxisrelevante Aspekt verdeckter Gewinnausschüttungen durch entsprechende Gestaltung des Vertrages zielführend regeln.

Aufgaben des Vorstandes, Ressortaufteilung (Geschäftsführungsbefugnis)

Dem Vorstand steht es gewöhnlich frei, die Aufgaben und Geschäfte des Unternehmens im Interesse der Effektivität der Geschäftsführung unter den einzelnen Mitgliedern zu verteilen. Unternimmt der Vorstand - oder der Aufsichtsrat - eine solche Ressortaufteilung, so trägt jedes Vorstandsmitglied allein die volle Verantwortung für das ihm zugewiesene Ressort. Für die anderen Mitglieder bedeutet dies eine Haftungsreduzierung, da ihnen grundsätzlich lediglich eine Pflicht zur Beaufsichtigung des jeweils anderen Vorstandsmitgliedes zukommt. Das Risiko einer Haftung wird damit ungemein kleiner.

In der Praxis wird das dem Vorstandsmitglied zugedachte Ressort gewöhnlich im Vorstandsvertrag benannt. Aus Sicht des Unternehmens empfiehlt sich eine Öffnungsklausel, welche eine Ressortänderung ohne Mitwirkung des Vorstandes ermöglicht. Vorstandsmitglieder sollten hingegen auf eine verbindliche Ressortzuweisung oder alternative Regelungsmechanismen hinwirken. Eine typische einfache Regelung (Muster für Formulierung) lautet:

  • „Das Vorstandsmitglied führt verantwortlich den Bereich … Die Gesellschaft behält sich vor, dem Vorstandsmitglied einen anderen Bereich zuzuweisen."

Insbesondere in international agierenden Unternehmen werden im Zusammenhang mit der Ressortaufteilung englischsprachige Begriffe verwendet. Dies reicht vom CEO (Chief Executive Officer) und CFO (Chief Finanical Officer) über den COO (Chief Operating Officer) bis zum CTO (Chief Technology Officer).

In rechtlichen Zusammenhängen sind diese Begriffe zurückhaltend zu verwenden, da diese zum Teil selbst im anglo-amerikanischen Rechtsraum unterschiedlich verstanden werden. Rechtlich sinnvoller als die Verwendung entsprechender Anglizismen ist eine Konkretisierung der entsprechenden Zuständigkeiten und Ressorts. 

Vertretung der AG durch den Vorstand (Vertretungsbefugnis)

Vorstandsverträge enthalten meist auch Regelungen zur Vertretungsbefugnis des betreffenden Vorstandsmitglieds. Hinsichtlich der Vertretung sind drei Konstellationen relevant: Einzelvertretung, Vertretung zusammen mit einem anderen Vorstandsmitglied /oder einem Prokuristen), Vertretung durch sämtliche Vorstandsmitglieder (sogenannte Gesamtvertretung).

Wichtig zu wissen ist, dass das AktG von einer Gesamtvertretung, das heißt von einer Vertretung durch sämtliche Vorstandsmitglieder gemeinsam ausgeht. Soll davon abgewichen werden, bedarf es zunächst entsprechender Regelungen in der Satzung. Ausgehend von den entsprechenden Regelungen wird gewöhnlich dem Aufsichtsrat die Letztentscheidung über die Vertretungsmacht jedes einzelnen Vorstandsmitgliedes eingeräumt.

Aus Sicht der AG empfiehlt sich auch hier ein Öffnungsklausel, welche der Aktiengesellschaft größtmögliche Flexibilität bei der Gestaltung der (zukünftigen) Vertretungsbefugnis einräumt.

Unser Video zu den Pflichten und Aufgaben des Vorstandes

Das Wichtigste zu den Pflichten und Aufgaben des Vorstandes erklärt Ihnen unser Kollege Dr. Ronny Jänig, LL.M. (Durham), Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gesellschaftsrecht, in unserem Youtube-Video.

Laufzeit, Dauer des Vorstandsvertrages (befristet, unbefristet)

Die Bestellung eines Vorstands einer Aktiengesellschaft ist nach § 84 AktG höchstens für die Dauer von 5 Jahren möglich. Hieraus wird gefolgert, dass auch der Vorstandsvertrag höchstens für die Dauer von 5 Jahren geschlossen werden kann (Vertragslaufzeit). Vorstandsverträge sind daher zwingend befristet.

Da eine erneute Bestellung zulässig ist (für wiederum höchstens 5 Jahre), wird auch eine entsprechende Verlängerung des Anstellungsvertrages für zulässig erachtet. Diese kann allerdings frühestens vor Ablauf des laufenden Vertrages erfolgen.

In der Praxis ist zu beobachten, dass neue Vorstände in der ersten Amtsperiode gewöhnlich für eine kürzere Dauer bestellt und die Vorstandsverträge entsprechend kürzer befristet werden (z.b. 3 Jahre). Bei Wiederbestellungen bzw. Vertragsverlängerungen wird häufig die Höchstfrist von 5 Jahren ausgeschöpft.

Eine typische einfache vertragliche Regelung (Vertragsmuster) für die Laufzeit des Vorstandsvertrages lautet:

  • „Dieser Vertrag tritt am … in Kraft. Er endet mit Ablauf der Bestellung zum Vorstandsmitglied am …. Die Gesellschaft und das Vorstandsmitglied treten spätestens … Monate vor Ablauf dieses Vertrages in Verhandlungen über eine Verlängerung dieses Vertrages.“

Abschluss, Änderung des Vorstandsvertrages

# Zuständigkeit beim Aufsichtsrat

Zuständig für den Abschluss des Vorstandsvertrages ist der Aufsichtsrat der Gesellschaft. Dieser schließt als Vertreter der AG den Vorstandsvertrag. Besondere Aufmerksamkeit ist geboten, wenn der Aufsichtsrat sich wie üblich bei Abschluss des Anstellungsvertrages vertreten lässt. Der Aufsichtsratsvorsitzende, der Personalausschuss oder auch der Vorsitzende des Personalausschusses ist nicht der Vertreter des Aufsichtsrates. Es bedarf in jedem Fall einer entsprechenden Vollmacht (Beschluss, Geschäftsordnung).

Diese zwingende ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrates für den Abschluss des Vorstandsvertrages besteht auch bei späteren Änderungen und Ergänzungen des Vertrags.

Nach allgemeiner Auffassung kann der Aufsichtsrat die Kompetenz für den Vorstandsvertrag auch an einen (mindestens dreiköpfigen) Vorstandsausschuss übertragen.

# Drittanstellungsvertrag des Vorstandes

In der Praxis taucht insbesondere in Konzernkonstellationen und bei Interimsmanagern die Frage auf, ob der Vorstandsvertrag auch mit einem dritten Unternehmen geschlossen werden kann. Hintergrund ist der Gedanke, dass ein solcher vor allem in Konzernen und Unternehmensgruppen übliche „Drittanstellungsvertrag“ der alleinigen Verpflichtung des Vorstandes zum Wohl der AG zu handeln widerspricht. Ungeachtet verbleibender rechtlicher Risiken werden entsprechende Drittanstellungsverträge praktiziert.

Vergütung des Vorstandes

# Bestandteile der Gesamtvergütung, Angemessenheit

Die Vergütung des Vorstandes setzt sich zumeist aus festen, variablen und sonstigen geldwerten Bestandteilen zusammen. Die Gesamtbezüge eines Vorstandsmitglieds müssen nach der ausdrücklichen Regelung von § 87 Abs. 1 AktG in einem angemessenen Verhältnis zu seinen Aufgaben und Leistungen sowie zur Lage der Gesellschaft stehen und dürfen die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen. Die praxisrelevante Frage der Angemessenheit der Vergütung beurteilt sich anhand der Gesamtbezüge, das heißt anhand der Summe der festen, variablen und sonstigen geldwerten Vergütungsbestandteile.

Zu den variablen Gehaltsbestandteilen zählen u.a. Gewinnbeteiligungen / -tantiemen sowie geld- und wertmäßige Vermögenszusagen. Die konkrete gesetzeskonforme Ausgestaltung der variablen Vergütungsbestandteile ist im Einzelnen komplex (Zusammenspiel von Bezugsgrößen, zeitlichem Horizont und festen/variablen Bestandteilen, STIP short term incentive plan, LTIP long term incentive plan). Zu den sonstigen geldwerten Bestandteilen rechnen unter anderem Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, private Nutzung von Dienstwagen und Versorgungszusagen.

Eine typische einfache Regelung (Muster für Formulierung) lautet:

  • „Das Vorstandsmitglied erhält eine feste und eine variable Vergütung.
    Die feste Vergütung beträgt EUR … p.a. und wird in 12 gleichen monatlichen Raten, jeweils zum ... eines Monats, ausgezahlt. Die erfolgs- und leistungsabhängige variable Vergütung bestimmt sich wie folgt: (1) Short term .... (2) Long term ...

Vor allem aus Sicht des Unternehmens, namentlich aus Sicht des zuständigen Aufsichtsrates, empfiehlt sich eine sorgfältige Gestaltung der Vergütungsregelungen. Entsprechen letztere nicht den komplexen rechtlichen Vorgaben, riskiert der Aufsichtsrat eine persönliche Haftung. Vorstände sind indes ebenfalls gut beraten, Vergütungsregelungen auch unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit zu betrachten. Nach neuerer Ansicht machen sich denn auch Vorstände persönlich schadensersatzpflichtig, wenn sie sich eine unangemessen hohe Vergütung versprechen lassen.

Unser Video zur Vergütung des Vorstandes

Welche Bestandteile hat das Gehalt? Wie setzt sich die Vergütung zusammen? Was bedeutet Angemessenheit der Vergütung des Vorstandes? Diese Fragen beantwortet Ihnen unser Kollege Dr. Ronny Jänig, LL.M. (Durham), Fachanwalt für Gesellschaftsrecht.

# Börsennotierte AG, Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK)

Für die Vergütung von Mitgliedern des Vorstandes börsennotierter Aktiengesellschaften ist § 87a AktG eine zentrale Norm. Nach § 87a Abs. 1 AktG hat der Aufsichtsrat ein strukturiertes Vergütungssystem festzulegen. Dieses muss eine Reihe von konkreten Angaben zu einzelnen Aspekten und Vergütungsbestandteilen enthalten. Die Hauptversammlung der AG hat über die Billigung des vom Aufsichtsrat vorgelegten Vergütungssystems zu beschließen.

Vergütung des Vorstands Alle Einzelheiten zu Vergütung und Vergütungssystem des Vorstandes in der AG

Dienstwagen

Die Dienstwagenregelungen sehen in Vorstandsverträgen sehr unterschiedlich aus. Zum Teil sind diese sehr knapp. Andere sind über eine ganze Seite ausformuliert. Und ganz andere verweisen nur auf bei der AG intern bestehende Dienstwagenregelungen.

Je nachdem, welches Gewicht die Dienstwagenregelung für den Vorstand im Einzelfall hat, sind folgende Punkte unter Umständen für den Vorstand von Relevanz: Typ des Dienstwagens (Fahrzeugklasse, konkreter Fahrzeugtyp), Ausstattungsmerkmale, private Nutzungsmöglichkeit, Betriebs- und Unterhaltskosten, Ende der Nutzungsmöglichkeit.

 

D&O-Versicherung und Vorstandsvertrag

Im Falle einer Pflichtverletzung haftet ein Mitglied des Vorstandes dem Unternehmen für den entstandenen Schaden. Dabei findet eine Umkehrung der gewöhnlichen Darlegungs- und Beweislast statt. Nicht die AG muss beweisen, dass der Vorstand seine Pflichten verletzt hat. Vielmehr muss der Vorstand beweisen, dass er seine Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hat. Für die Aktiengesellschaft erleichtert dies die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen, für den Vorstand erschwert dies ungemein die Abwehr von Ersatzansprüchen.

Angesichts dessen und einer sehr starken Tendenz, Vorstände tatsächlich in Haftung zu nehmen, enthalten Vorstandsverträge gewöhnlich die Verpflichtung der Gesellschaft, zu Gunsten des Vorstandes eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung, eine sogenannte Directors-and-Officers Versicherung (kurz D&O), zu unterhalten.

Eine D&O-Versicherung ist eine Haftpflichtversicherung, welche die Organmitglieder der Gesellschaft - Vorstände, Aufsichtsräte, Beiräte - für den Fall versichert, dass diese wegen einer Pflichtverletzung von dem Unternehmen oder von einem Dritten in Anspruch genommen werden. Eine typische (sehr einfache) Vertragsregelung (Musterregelung) lautet:

  • „Die Gesellschaft unterhält zu Gunsten des Vorstandsmitgliedes eine Versicherung, welche das Vorstandsmitglied gegen die Risiken, wegen angeblicher oder tatsächlicher Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Vorstand von der Gesellschaft und/oder Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden (D&O-Versicherung). Die Versicherungssumme beträgt mindestens EUR … je Schadensfall.“

Die Praxis zeigt, dass Regelungen zur D&O-Versicherung nur selten sorgfältig strukturiert werden, so dass aus Sicht des Vorstandes häufig ungeahnt große Schutzlücken bestehen. Zu beachten sind hier beispielsweise u.a. die praxisrelevanten Punkte Insolvenzverschleppung und Unternehmensstrafrecht.

Haftungsvermeidung und Compliance des Vorstandes Leitfaden und Strategien zur Vermeidung (und Abwehr) von Klage, Haftung und Schadensersatz für den Vorstand

Sozialversicherung, Krankheit, Altersversorgung des Vorstandes

Vorstandsmitglieder sind in allen Bereichen der gesetzlichen Sozialversicherung gewöhnlich nicht versicherungspflichtig. Vorstände sind insbesondere kraft Gesetzes kein Pflichtmitglied in der geseztlichen Unfallversicherung, Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung.

Hinsichtlich der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung besteht rechtliche Unsicherheit, weil das Gesetz Vorstände nicht ausdrücklich von der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ausnimmt. In der Praxis übersteigt des Vorstandsgehalts die Bemessungsgrenzen, sodass eine Befreiung von der Versicherungspflicht meist möglich ist.

Dem folgend ist die Absicherung der entsprechenden Risiken, unter anderem 

  • Krankheit
  • Unfall
  • Invalidität
  • Tod
  • Alter

Gegenstand der Vorstandsverträge in Gestalt des Abschlusses privatrechtlicher Versicherungsverträge zugunsten des Vorstandes durch Gesellschaft bzw. eine entsprechende Kostenübernahme der notwendigen Versicherungen.

Auch Vergütungsfortzahlungen ("Lohnfortzahlung im Krankheitsfall"), Lebensversicherungen, Betriebsrenten und Pensionsansprüche (Altersvorsorge) dienen der sozialen Absicherung des Vorstandes bzw. der Vorstandsmitglieder.

Beendigung des Vorstandsvertrages, Kündigung

# Außerordentliche Kündigung

Da Vorstandsverträge stets befristet sind, können diese nur außerordentlich gekündigt werden. Es muss mithin ein wichtiger Grund vorliegen, um den Vorstandsvertrag einseitig zu beenden. Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Vertrag die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausdrücklich vorsieht.

Das Nebeneinander von Organverhältnis und Dienstvertrag bedingt, dass eine Abberufung des Vorstands (das heißt ein Widerruf der Bestellung) nicht automatisch zu einer Beendigung des Vorstandsvertrages führt. Nicht selten ist daher ein Vorstandsmitglied zwar nicht mehr Vorstand, doch der Vorstandsvertrag und damit die Gehaltszahlungen laufen weiter.

# Kopplungsklausel

Aus Sicht des Unternehmens spielen Kopplungsklauseln in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle. Diese Klauseln bezwecken, dass aufgrund vertraglicher Regelung eine Abberufung als Vorstand zugleich („automatisch“) eine Kündigung des Anstellungsvertrages bedeutet , - sogenannte Kopplungsklausel. Das Unternehmen möchte sich durch diese Kopplung von Abberufung und Kündigung langwierige und kostenintensive Streitigkeiten über die Kündigung des Vorstandsanstellungsvertrages ersparen. Eine typische häufig anzutreffende Vertragsregelung (Musterformulierung) lautet:

  • „Ein Widerruf der Bestellung zum Mitglied des Vorstandes beendet den Vorstandsvertrag unter entsprechender Anwendung der Kündigungsfristen des § 622 BGB.“

Zu beachten ist jedoch, dass derartige Kopplungsklauseln zunehmend als unwirksam erachtet werden; insbesondere wenn die Klauseln einen AGB-rechtlichen Charakter haben. Schließlich kann ein Vorstandsmitglied - anders als ein GmbH-Geschäftsführer - nur aus wichtigem Grund abberufen werden.

Neben der Kündigung des Vorstandsvertrages kommt natürlich auch eine einvernehmliche Aufhebung des Vorstandsvertrages durch die beteiligten Parteien in Betracht (siehe nachfolgend).

Wie auch der Abschluss des Vorstandesvertrages, liegt die Beendigung des Vertrages in der alleinigen Kompetenz des Aufsichtsrates. Letzterer sollte angesichts der gesetzlichen Formalien die Beendigung sorgfältig vorbereiten und sich im Zweifel beratend unterstützen lassen.

Abberufung, Amtsniederlegung und Kündigung Alles Wichtige zur Beendigung des Vorstandsamts und des Vorstandsvertrages erfahren Sie hier

# Aufhebungsvertrag, Abwicklungsvereinbarung

In der Praxis zeigt sich die Tendenz, die Beendigung  von Organverhältnis und Vorstandsvertrag einvernehmlich durch Abschluss einer entsprechenden „Abwicklungsvereinbarung“ zu regeln. Der Grund für derartige Aufhebungsvereinbarungen liegt meist in der fehlenden Kopplung von Organ- und Anstellungsverhältnis und den damit verbundenen rechtlichen Unsicherheiten. Aus Sicht des Vorstands können bei einer einvernehmlichen Trennung auch sogleich weitere „weiche“ Regelungen, z.B. Arbeitszeugnis, Wettbewerbsverbot und Sprachregelungen zum Ausscheiden, getroffen werden. In Bezug auf die häufig gewünschten Regelungen zur Haftung ist zu beachten, dass die Erteilung einer sogenannten „Generalquittung“ aktienrechtlich nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich ist.

Arbeitsrecht und Vorstand

Zu beachten ist, dass arbeitsrechtliche Vorschriften und Grundsätze, zum Beispiel betriebliche Übung, Gleichbehandlungsgrundsatz für Mitglieder des Vorstandes grundsätzlich nicht zur Anwendung kommen und insbesondere kein Arbeitnehmerkündigungsschutz besteht.

Hinweis: Die Muster / Musterformulierungen dienen der Veranschaulichung und stellen keine Empfehlung dar.

FAQ - Vorstandsvertrag AG

Mit einem Klick finden Sie die Antwort auf die wichtigsten Fragen zum Vertrag des Mitglied des Vorstandes einer AG.

Wer unterzeichnet den Vorstandsvertrag?

Der Vorstandsvertrag wird gewöhnlich vom Aufsichtsratsvorsitzenden unterzeichnet, der hierzu vom gesamten Aufsichtsrat durch Beschluss bevollmächtigt wird.

Hat der Vorstand eine Probezeit?

Nein. Eine Probezeit widerspricht der vom Aktiengesetz vorgesehenen eigenverantwortlichen, weisungsfreien Leitung der AG durch den Vorstand

Was ist ein Vorstandsdienstvertrag?

Ein Vorstandsdienstvertrag ist eine andere Bezeichnung für einen Vorstandsvertrag. Auch die Bezeichnung Vorstandsanstellungsvertrag ist ein Synonym für den Begriff Vorstandsvertrag.

Hat ein Vorstand auch Urlaub?

Ja! Das Bundesurlaubsgesetz gilt zwar nicht für den Vorstand; doch enthalten Vorstandsverträge individuelle Urlaubsregelungen. Diese ähneln meist entsprechenden Regelungen von Angestellten. Die Zahl der Urlaubstage ist Verhandlungssache.

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