War Elon Musk für den Crash der Tesla Aktien verantwortlich?

Sammelklage – Tesla-Aktionäre vs. Mr. Tweet

Sammelklage: Mehrere Aktionäre wollen Tesla-Chef für Aktiensturz in 2018 zur Verantwortung ziehen. Wie haben die Geschworenen in San Francisco entschieden? Und: Wäre eine solche Sammelklage auch in Deutschland denkbar?

Veröffentlicht am: 10.02.2023
Von: Anna-Maria Blömer
Qualifikation: Wissenschaftliche Mitarbeiterin in Hamburg
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Reicht ein Tweet, um den Aktienkurs von Tesla einbrechen zu lassen? Tweets des Tesla-Chefs aus dem Jahr 2018 beweisen, dass das möglich ist. Nachdem er twitterte, dass Tesla womöglich von der Börse genommen wird, brachen die Aktienkurse von Tesla in Windeseile zusammen. Millionen Anleger verloren daraufhin eine Menge Geld und machen den SpaceX-Chef dafür verantwortlich. In einer Sammelklage gegen Musk verlangen sie Wiedergutmachung. Haben die Geschworenen zugunsten der Aktionäre entschieden?

2018: Zwei Tweets genügen und Tesla-Aktien verlieren an Wert

Im August 2018 machte der Firmenchef Musk auf Twitter die Ankündigung, dass Tesla von der Börse genommen wird, für die Finanzierung dieses Vorhabens bereits entsprechende Deals gesichert seien und ein Großteil der Investoren diesen Plan unterstützten. Tatsächlich war es aber so, dass die vermeintlich dingfesten Zusagen von saudi-arabischen Geldgebern am Ende des Tages gar nicht existierten und die Mehrheit der Investoren wollte, dass Tesla an der Börse bleibt. Laut Musk seien die Saudis inklusive ihres Investitionsfonds von den vorherigen Zusagen, so viel Geld wie nötig zum Aufkauf von Tesla-Anteilen bereitzustellen, "zurückgerudert".

Effektiv wurde der Plan zwar nicht umgesetzt – Aktionäre haben aufgrund der Ankündigung und des darauffolgenden Einbruchs des Tesla-Aktienkurses jedoch trotzdem investiertes Geld verloren. Um konkret zu sein, ging es insgesamt um Verluste in Milliardenhöhe. In ihrer Sammelklage beschuldigen sie Musk – aufgrund der unwahren Behauptungen und des dadurch verursachten Crashs – des Betruges.

Hat Elon Musk seine Tesla-Aktionäre in die Irre geführt?

Der Elektroauto-Hersteller verteidigte sich damit, dass er womöglich in der Wortwahl nicht präzise genug gewesen sei, ihm aber mündlich auf jeden Fall genug Geld für den Deal zugesagt wurde. Allerdings ging es in diesem Verfahren vor den Geschworenen in San Francisco gar nicht mehr darum, die Wahrheit der Behauptungen Musks zu erforschen – das geschah bereits im vergangenen Jahr. Das Urteil: Die Behauptung in den Tweets haben nicht der Wirklichkeit entsprochen.

In diesem Prozess ging es vielmehr um die Frage, ob Musks Tweets Auslöser für die Schwankungen des Tesla-Aktienkurs und für das Handeln der Aktionäre ausschlaggebend gewesen seien.

Aktionärs-Sammelklage geht vor Geschworene

Der Anwalt auf Tesla-Seite argumentierte mit fehlender Ursächlichkeit des Ausdrucks „Finanzierung gesichert“ für die Kursentwicklung der Tesla-Aktien, da nicht ermittelt werden könne, wie genau eine Beeinflussung stattgefunden habe. Außerdem habe Musk in seinem ersten Tweet deutlich gemacht, dass es lediglich um die Erwägung des Börsenaustritts bzw. ein Delisting ging. Darüber hinaus sei das Vorhaben keineswegs an fehlender Finanzierung gescheiter, sondern am Unwillen der saudi-arabischen Investoren.

Auf Aktionärsseite wurde vorgebracht, dass in Aufzeichnungen zum Treffen mit dem Investitionsfond in Saudi-Arabien keine Anhaltspunkte von festen Finanzierungszusagen zu finden gewesen seien. Zudem sei man der Auffassung, dass auch Milliardäre wie Elon Musk zur Rechenschaft gezogen werden müssen, wenn sie sich nicht an allgemein gültige Marktregeln hielten.

Hatte die Sammelklage der Tesla-Aktionäre Erfolg?

Die Geschworenen entschieden im Sinne des Tesla-Chefs, mit der Begründung, dass die Beweisführung der Aktionäre zu unorganisiert gewesen sei und keinen „Aha-Moment“ geliefert habe. Die Tesla-Aktionäre wollen dieses Urteil vermutlich nicht auf sich sitzen lassen und prüfen bereits die weitere Vorgehensweise. Musk dagegen teilte seinen Sieg auf Twitter mit den Worten „die Weisheit des Volkes“ habe sich durchgesetzt. Ob man diese Urteilsbegründung mit Weisheit gleichsetzen kann, sei mal dahingestellt.

Vor dieser Sammelklage durch die Aktionäre musste sich Elon Musk bereits im Jahr 2018 vor der Börsenaufsicht SEC für seine Tweets verantworten. Der wegen des irreführenden Satzes zur angeblich gesicherten Finanzierung erfolgte Aktiensturz wurde mit einem Bußgeld in Höhe von 20 Millionen Dollar sanktioniert – sowohl Elon selbst als auch Tesla mussten diese Summe zahlen. Daraufhin musste der Tesla-Chef den Vorsitz im Verwaltungsrat aufgeben und sich verpflichten, künftig potenziell kursrelevante Tweets vom Unternehmen zuvor absegnen zu lassen.

Wäre eine solche Sammelklage auch in Deutschland denkbar?

Sammelklagen zwingen in den USA immer wieder große Unternehmen in die Knie und helfen Verbrauchern, ihre Rechte trotz finanzieller Unterlegenheit durchzusetzen. Ob eine deutsche Sammelklage rechtlich ermöglicht werden kann, ist und bleibt unter Juristen und Politikern umstritten. Im deutschen Recht ist eine allgemeine Sammelklage grundsätzlich nicht möglich. Ein Urteil wirkt gemäß des sogenannten „inter-partes“-Grundsatzes nur zwischen den beteiligten Parteien.

Eine Ausnahme gilt jedoch u.a. für die sogenannte Musterklage im Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG). Danach können Kapitalanleger Schadenersatz und Erfüllungsansprüche bei fehlerhaften Kapitalmarktinformationen und Prospekthaftung auch im Rahmen einer Musterklage geltend machen. In dieser Sonderform der „Sammelklage“ könnten daher auch in Deutschland Aktionäre unter den Voraussetzungen des KapMuG ihre Rechte geltend machen.