Nachhaltigkeitsberichterstattung bei KMUs

Umfang & Inhalte

Nach den großen und börsennotierten Unternehmen zeichnen sich die Konturen einer Nachhaltigkeitsberichterstattung auch für den Mittelstand ab.

Veröffentlicht am: 19.04.2024
Qualifikation: Rechtsanwalt in Hamburg und Frankfurt am Main
Lesedauer:

Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stellt die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht nur eine Möglichkeit dar, die Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zu demonstrieren, sondern sie kann auch wirtschaftliche Vorteile bieten und ohnehin existierende praktische Notwendigkeiten bedienen.

Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) hat zwischenzeitlich einen Entwurf für die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht-kapitalmarktorientierter KMUs (sog. ESRS VSME) zur Diskussion gestellt, welcher in Zukunft die Basis für eine Berichterstattung durch den Mittelstand darstellen könnte.

Inhalt und Hintergründe sollen hier in einem Überblick dargestellt werden.

Was ist Nachhaltigkeitsberichterstattung?

Nachhaltigkeitsberichterstattung beinhaltet die Offenlegung von Informationen über die Auswirkungen und Positionierung eines Unternehmens im Hinblick auf die Umwelt, die Gesellschaft sowie die Anwendung guter Unternehmensführungsgrundsätze (Environment, Social, Governance, ESG). Ziel ist es, Investoren, Kunden und Geschäftspartnern zu zeigen, wie das Unternehmen seine nachhaltigkeitsbezogenen Ziele erreicht und welche Fortschritte es dabei macht. Dies umfasst Aspekte wie Energieverbrauch, Treibhausgasemissionen, Wassernutzung, soziale Verantwortung und Entwicklung und Anwendung nachhaltiger Unternehmensführungsgrundsätze.

Aktuelle Situation der KMU

Mittlerweile sind große und börsennotierte Unternehmen, sowie Unternehmen des Finanzsektors, zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet, wobei Schwellen für den Kreis der verpflichteten Unternehmen in Zukunft weiter abgesenkt werden. In Deutschland gibt es insbesondere das Lieferkettensorgfaltsgesetz und nunmehr auf EU-Ebene auch eine Nachhaltigkeitsrichtlinie (CSRD). Für Finanzunternehmen gelten besondere Berichtspflichten, insbesondere bezüglich derjenigen Unternehmen, in welche Anlegergelder geleitet werden.

Unmittelbar gelten für KMU in Deutschland zwar (noch) keine Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit. Indirekt sind diese jedoch als Geschäftspartner entsprechend verpflichteter großer Unternehmen ihrerseits verpflichtet, an diese entsprechend aufbereitete Informationen zu liefern, damit diese ihre Berichtspflichten erfüllen können.

Es stellt sich somit die Frage, ob die KMU auf freiwilliger Grundlage berichten sollten und welche Standards hierauf Anwendung finden. Klar ist, dass die komplexen Anforderungen an die Großunternehmen auf diese kleinen Unternehmen nicht eins zu eins angewendet werden können, da es hierfür an den notwendigen Voraussetzungen, wie Ressourcen und Knowhow, fehlt. Hier soll die ESRS VSME Abhilfe schaffen.

Inhalte der ESRS VSME

Für KMU wurden durch die EFRAG spezielle Vorgaben unter der Bezeichnung ESRS VSME entwickelt, die die Besonderheiten und Herausforderungen dieser kleineren Unternehmen berücksichtigen. Diese sollen KMUs dabei unterstützen, ihre Nachhaltigkeitsberichte effektiv und ohne übermäßige Belastung zu gestalten. Die Standards konzentrieren sich darauf, die wesentlichen Aspekte der Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens in einer klaren und leicht zugänglichen Weise darzulegen.

Kerninhalte der ESRS VSME sind:

  • Umweltauswirkungen: Dies umfasst die Berichterstattung über den Verbrauch natürlicher Ressourcen (wie Wasser und Energie), die Emission von Treibhausgasen und das Abfallmanagement. KMUs müssen darlegen, welche Maßnahmen sie ergreifen, um ihre Umweltauswirkungen zu minimieren.
  • Soziale Verantwortung: Hierbei geht es um die Berichterstattung über Arbeitsbedingungen, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie die Einhaltung der Menschenrechte. KMUs sollen auch ihre Beiträge zur lokalen Gemeinschaft und jegliche Bemühungen um soziale Gerechtigkeit darlegen.
  • Unternehmensführung (Governance): Dieser Bereich bezieht sich auf die Unternehmensethik, die Integrität der Geschäftspraktiken und die Korruptionsbekämpfung. Es wird erwartet, dass KMUs ihre Governance-Strukturen beschreiben und wie diese zur Unterstützung ihrer Nachhaltigkeitsziele beitragen.

Herausforderungen und Chancen

Gerade für kleinere Unternehmen sind zusätzliche bürokratische Herausforderung, wie sie sich aus einer Nachhaltigkeitsberichterstattung ergeben, besonders schwer zu stemmen. Da sich für viele dieser Unternehmen als Geschäftspartner zur Berichterstattung verpflichteter Großunternehmen ohnehin eine indirekte Notwendigkeit ergibt, sich mit Nachhaltigkeitsthemen zu beschäftigen und diese darzustellen, lässt sich hier jedoch aus der Not eine Tugend machen. Entsprechend aufgestellt zu sein, bietet für Unternehmen somit auch wirtschaftliche Chancen.

Die Entwicklung von auf kleine Unternehmen zugeschnittenen Berichtsstandards bietet insoweit eine große Hilfestellung. Es ist politisch auch ein geeignetes Mittel, um auf freiwilliger Basis auch den Wirtschaftsbereich der kleinen Unternehmen auf die von der EU angestrebten Nachhaltigkeitsziele zu verpflichten.

Zu dem Entwurf der EFRAG kann noch bis zum 21. Mai 2024 online Stellung genommen werden.