EuGH stoppt polnisches Werbeverbot

Polnisches Apothekensystem geht zu weit

Das nationale Werberecht muss den europäischen Vorgaben genügen. Dies gilt auch für das polnische Recht. Nachdem Polen 2012 ein vollständiges Werbeverbot für Apotheker eingeführt hatte, kassiert der EuGH dieses nun wegen Unionsrechtswidrigkeit ein.

Veröffentlicht am: 24.06.2025
Von: Uresa Rakaj
Qualifikation: Wissenschaftliche Mitarbeiterin
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Nationale Regelungen des Apotheken- und Arzneimittelmarkts bewegen sich häufig an der Grenze europäischer Zulässigkeit. Besonders die Frage der verbotenen Werbung für medizinische Behandlungen, Medikamente und ähnliches steht regelmäßig im Konflikt mit dem Europarecht. Nun macht eben dieses dem polnischen Arzneimittelgesetz einen Strich durch die Rechnung. Der Europäische Gerichthof erklärt eine Norm des polnischen Rechts für unionsrechtswidrig (EuGH, Urteil vom 19.06.2025 - C-200/24).

Werbeverbot für Apotheker

Die Republik Polen führte zum 01.01.2012 in ihrem Arzneimittelgesetz ein Werbeverbot für Apotheken und Pharmaziegeschäfte sowie deren Tätigkeiten ein. Gemäß der eingefügten Norm war es Apotheken lediglich im eingeschränkten Umfang gestattet, die Öffentlichkeit über ihre Leistungen und Öffnungszeiten zu informieren. Das Internet oder ähnliche elektronische und nicht elektronische Mittel durften dabei nicht für die kommerzielle Kommunikationen der Apotheken verwendet werden. Verstöße gegen das Werbeverbot wurden mit einer Geldbuße in Höhe von umgerechnet 12.000 Euro geahndet.

Dieses vollständige Werbeverbot sei europarechtswidrig – so der Europäische Kommission im Jahr 2019. Das polnische Gesetz verstoße nicht nur gegen die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr, sondern missachte auch die Artikel 49 und 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Mit dieser Begründung klagte die EU-Kommission nun gegen Polen vor dem EuGH.

Verbot ist unionsrechtswidrig

Die EU-Kommission hatte mit ihrer Argumentation Erfolg. Tatsächlich verstoße das polnische Werbeverbot gegen die genannte Richtlinie. Diese sieht vor, dass Angehörige reglementierter Berufe, zu denen auch Apotheker gehören, die Möglichkeit haben müssen, für ihre Dienste zu werben. Zwar dürfen Inhalt und Form der Kommunikation bestimmten betulichen Vorgaben unterliegen, diese dürfen allerdings nicht zu einem vollständigen Werbeverbot führen.

Auch sei sowohl der freie Dienstleistungsverkehr (art. 56 AEUV) als auch die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) entsprechend der Ausführungen der EU-Kommission betroffen. Das polnische Recht hindere nämlich auch Apotheken aus dem EU-Ausland daran für ihre Leistungen in Polen zu werben. Insbesondere für ausländische Apotheken, die sich in Polen niederlassen wollen, sei das Werbeverbot außerdem eine ungerechtfertigte Erschwerung des Marktzugangs.

Ein solches vollständiges Werbeverbot könne nur dann unionsrechtskonform sein, wenn der Schutz der öffentlichen Gesundheit eine solche erfordert. Dies wäre der Fall, wenn das Gesetz der Verhinderung einer übermäßigen Einnahme von Arzneimitteln oder der Gewährleistung der beruflichen Unabhängigkeit der Apotheken dienen würde. Hierfür hätte Polen aber entsprechende Nachweise bringen müssen. Ohne diese sei das Werbeverbot für Apotheker unverhältnismäßig.

Werbeverbote

Die Werbung ist auch in Deutschland eine komplexe und risikobehaftete Rechtsmaterie. Schnell können Grenzen zum Unzulässigen überschritten werden, ohne dass dies auf dem ersten Blick erkenntlich ist. Besondere Erschwernisse ergeben sich auch daraus, dass die Vorgaben des Werberechts sich je nach Branche unterscheiden können. Gerade im medizinischen Sektor gelten strikte Anforderungen. Für entsprechende Unternehmen und Einrichtungen ist es daher essenziell sich rechtzeitig mit dem Werberecht zu beschäftigen. Nur so können eventuelle Abmahnungen und beachtliche Bußgelder vermieden werden.