Ohne Immobilienkaufvertrag keine Reservierungsgebühr

Wichtiges Urteil des Landgerichts Köln im Immobilienrecht

Veröffentlicht am: 12.11.2021
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Begründet eine Reservierungsgebühr in Höhe von EUR 10.000 bereits einen mittelbaren Zwang zum Immobilienkauf? Darf der Verkäufer einer Immobilie die Reservierungsgebühr im Falle eines Scheiterns der Vertragsverhandlungen behalten? Und was ist eigentlich mit bereits gezahlten Notargebühren? Eine kürzlich ergangene Entscheidung des Landgerichts Köln bringt Klarheit.

Reservierungsvereinbarungen und -gebühren in der Praxis weit verbreitet

Vereinbarungen zwischen dem Verkäufer einer Immobilie und einem Kaufinteressenten, in denen sich der Verkäufer verpflichtet, dem Kaufinteressenten eine Immobilie gegen Zahlung einer Reservierungsgebühr für einen bestimmten Zeitraum zu reservieren und die Immobilie in diesem Zeitraum keinem anderen Interessenten anzubieten, sind in der Praxis weit verbreitet. Bei Abschluss des Immobilienkaufvertrages soll die Reservierungsgebühr dann auf den Kaufpreis angerechnet werden. Die entsprechenden Vereinbarungen sehen zudem häufig vor, dass die Reservierungsgebühr beim Verkäufer verbleiben soll, sollte ein Kaufvertrag deshalb nicht zustande kommen, weil der Kaufinteressent es sich anders überlegt. Verkäufer begründen das in der Regel mit dem Aufwand, der Ihnen etwa für das Freihalten und das anschließende erneute Anbieten einer Immobilie entsteht.

Dieser Praxis hat das Landgericht Köln in einer neuen Entscheidung nunmehr einen Riegel vorgeschoben und dem Kaufinteressenten einen Anspruch auf Rückzahlung der Reservierungsgebühr bei Nichtzustandekommen des Immobilienkaufvertrages zugestanden (Landgericht Köln, Teilurteil vom 26.08.2021, Aktenzeichen 2 O 292/19).

Scheitern der Kaufvertragsverhandlungen – was nun?

In dem vom Landgericht Köln zu entscheidenden Fall hatten sich die Eigentümer einer Immobilie in Köln mit dem Kaufinteressenten auf einen Kaufpreis von EUR 1,2 Millionen und die Zahlung einer Reservierungsgebühr in Höhe von EUR 10.000,00 geeinigt, welche der Kaufinteressent und spätere Kläger auch tatsächlich zahlte. Nach der Reservierungsvereinbarung sollte die Reservierungsgebühr zugunsten der Verkäufer verfallen, soweit bis zum 31.12.2021 kein Kauf zum vereinbarten Preis zustande kommen sollte. Ein anberaumter Notartermin musste verlegt werden und nach verschiedenen Änderungswünschen des Klägers scheiterten die Kaufvertragsverhandlungen im Februar 2019 endgültig.

Der Kläger verlangte in der Folge von den Beklagten die Rückzahlung der Reservierungsgebühr in Höhe von EUR 10.000 und die Zahlung der von ihm verauslagten Notargebühren in Höhe von knapp EUR 5.000.

Käufer kann Reservierungsgebühr zurückverlangen

Das Landgericht Köln bejahte einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Reservierungsgebühr.

Dieser ergebe sich aus ungerechtfertigter Bereicherung (sogenannte conditio ob rem). Der Anspruch beruhe auf dem Gedanken, dass die Beteiligten den künftigen Eintritt eines von der bloßen Erfüllung einer Verbindlichkeit abweichenden besonderen Erfolges als Zweck einer Zuwendung und damit als Behaltensgrund vereinbaren können. Das gelte auch für eine künftige, dann nicht entstandene Verpflichtung, und zwar auch dann, wenn beide Seiten wüssten, dass ein Austauschvertrag (vorläufig) unwirksam sei, die eine Seite aber ihre Leistung in Erwartung der künftigen Wirksamkeit (und damit der Gegenleistung) erbringe, zum Beispiel beim formunwirksamen Grundstückskaufvertrag in Erwartung der Heilung.

Reservierungsvereinbarung ab bestimmter Höhe der Gebühr nicht ohne Notar

Das Landgericht Köln hielt die Reservierungsvereinbarung wegen Formnichtigkeit für unwirksam, weshalb die Beklagten die Zahlung des Klägers ohne Rechtsgrund erlangt hätten. Ebenso wie der Immobilienkaufvertrag selbst hätte auch die Reservierungsvereinbarung nach Überzeugung des Gerichts notariell beurkundet werden müssen, da sie mit dem Immobilienkaufvertrag „stehen und fallen“ sollte und mit einer Reservierungsgebühr von EUR 10.000 eine Höhe erreicht habe, die einen mittelbaren Zwang zum Kauf ausübe. Eine Reservierungsgebühr löse einen solchen Zwang bereits dann aus, wenn diese 10% einer üblichen Maklerprovision überschreite oder ein unangemessener Druck vorliege, der absolut bei EUR 5.000 oder relativ bei 0,3% des Kaufpreises liege.

Eine grundsätzlich mögliche Heilung des Formmangels sei nicht eingetreten, weil ein notarieller Immobilienkaufvertrag gerade nicht abgeschlossen worden ist.

Berufung auf Formmangel in der Regel nicht treuwidrig

Schließlich habe der Kläger den Abschluss des Immobilienkaufvertrages auch nicht treuwidrig verhindert und könne sich daher auf den Formmangel berufen. Laut dem Gericht seien besonders strenge Anforderungen daran zu stellen, wann das Formerfordernis nicht gelten solle. Insgesamt hat die Rechtsprechung in der Vergangenheit tatsächlich nur wenige Ausnahmen vom Grundsatz der Formstrenge anerkannt, in denen die Berufung auf einen Formmangel treuwidrig ist. Der Kläger habe auch aus sachlichen Gründen - nämlich wegen des Fehlens einer Baugenehmigung - von dem Kauf Abstand genommen, wohingegen einer der beiden Beklagten als Rechtsanwalt die formalen Anforderungen sogar kannte, sodass keine besondere Schutzwürdigkeit der Beklagten gegeben sei. Ein Schaden im Rechtssinne sei den Beklagten durch die in diesem Fall ergebnislosen Besichtigungstermine auch nicht entstanden.

Kein Anspruch auf Rückzahlung der Notarkosten

Einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Rückzahlung der Notarkosten verneinte das Gericht jedoch. Der Kläger habe sich diesbezüglich selbst widersprüchlich verhalten, da er den Notar bereits mit dem ersten Entwurf des Kaufvertrages in Kenntnis der fehlenden Baugenehmigung beauftragt habe. Die Beklagten hätten auch einen triftigen Grund gehabt, vom Vertragsschluss Abstand zu nehmen, da der Kläger immer weiter eigenständige Änderungen und Ergänzungen vorgenommen habe und von dem ursprünglich vereinbarten Kaufvertrag erheblich abgewichen sei.

Losgelöst von dem Fall ist anzumerken, dass der Aufwand, der in Erwartung eines Vertragsschlusses getätigt wird, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auf eigene Gefahr erfolgt. Denn jede Partei hat bis zum verbindlichen Vertragsschluss das Recht, von diesem noch Abstand zu nehmen. Das gebietet der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Auch das Landgericht Köln führt zutreffend aus, dass anderes nur in besonderen Ausnahmekonstellationen gelten könne, in denen der spätere Vertragsschluss bereits als sicher anzunehmen ist. Eine solche Ausnahmekonstellation sah das Gericht vorliegend nicht gegeben.

Entscheidung bringt weitere Klarheit

Die Entscheidung konkretisiert und bestätigt im Grunde die Linie der bisherigen Rechtsprechung im Immobilienrecht und verdeutlicht die in der Praxis bestehenden Probleme in Bezug auf die Belastbarkeit und Durchsetzbarkeit von Reservierungsvereinbarungen.

Da die von der Rechtsprechung gesetzten Wertgrenzen, bei denen von einer unangemessenen Druckausübung auf den Käufer ausgegangen wird, oftmals überschritten werden, müssten diese Vereinbarungen jedenfalls notariell beurkundet werden. Dies wäre – unabhängig von einer Inhaltskontrolle im jeweiligen Einzelfall – die Mindestwirksamkeitsvoraussetzung. In der Praxis werden diese Vereinbarungen jedoch in der Regel gerade nicht notariell beurkundet. Diese Vereinbarungen sind in der Folge bereits wegen Formnichtigkeit unwirksam. Die darauf geleistete Reservierungsgebühr kann daher in der Regel zurückgefordert werden.

Die Entscheidung des Landgerichts Köln schafft in dieser Hinsicht und in Bezug auf hiermit zusammenhängende Begleitfragen zusätzliche Rechtssicherheit und -klarheit.