Ethische Grenzen bei der Markeneintragung

Europäisches Gericht verweigert Markenschutz für „Pablo Escobar“

Markeneintragung scheitert. Der Markenname "Pablo Escobar" verstößt gegen die moralische Grundsätze der Gesellschaft.

Veröffentlicht am: 18.04.2024
Qualifikation: Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
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Die Markeneintragung ist Voraussetzung für effektiven Markenschutz. Trotz der grundsätzlichen Freiheit bei der Bezeichnung der Marke gibt es Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichts (EuG) verdeutlicht die wichtige Balance zwischen Markenfreiheit und ethischen Standards. Dabei ging es um die Eintragung der Marke "Pablo Escobar", die von den Escobar-Erben beantragt wurde (EuG, Urteil vom 17.04.2024, Az  T‑255/23).  

Moralische Gründe und öffentliche Ordnung

Das  Amt der EU für geistiges Eigentum (EUIPO) hatte den Antrag der Escobar Inc. auf Markeneintragung im Februar 2023 abgelehnt. Zur Begründung führte das EUIPO moralische Gründe an. Der Name Pablo Escobar würde gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten verstoßen. Dabei spiele die Verbindung mit organisierter Kriminalität und deren negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft eine enorme Rolle. Gegen diese Entscheidung klagten die Escobar Inc., das Unternehmen in Händen der Erben des vermeintlichen Drogenbosses. 

EuG: „Pablo Escobar“ mit Kriminalität verbunden

Der Ansicht der EUIPO stimmte aber auch das EuG zu und orientierte sich dabei an eine vorherige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Der EuGH hat bereits 2020 in einem ähnlichen Verfahren festgestellt, dass eine Markeneintragung zwar nicht nur abgelehnt werden darf, wenn der Name als geschmacklos angesehen werden kann, jedoch wenn eine Unvereinbarkeit mit den grundlegenden moralischen Werten und Normen der Gesellschaft vorliegt.

Diese Unvereinbarkeit sah der EuG in diesem Fall, durch die Verbindung Escobars mit Drogenhandel und Terrorismus gegeben. Das Gericht verwies als maßgebliche Rechtsgrundlage auf den Art. 7 Abs. 1 Buchst. f. der Unionsmarken-Verordnung (2017/1001). Nach diesem sind Begriffe von der Eintragung als Unionsmarke ausgeschlossen, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen.

Verstoß gegen die Unschuldsvermutung?

Die Firma Escobar Inc. teilte die Auffassungen der EUIPO und des EuG nicht. Davon abgesehen, dass Pablo Escobar in vielen Gegenden Kolumbiens nicht für kriminelle Aktivitäten, sondern für seine Wohltaten bekannt sei, würde die Entscheidung des EUIPO gegen die Unschuldsvermutung verstoßen. Die Unschuldsvermutung ist im Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) verankert und besagt, dass jeder Angeklagte bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis als unschuldig gilt. Pablo Escobar sei allerdings nie für die ihm vorgeworfenen Verbrechen verurteilt worden.

Diese Argumentation wird vom EuG abgelehnt. Durch das in der Literatur und Film geschaffene Bild Escobars wird dieser weiterhin hauptsächlich als Anführer krimineller Vereinigungen gesehen.

Bedeutung ethnischen Standards bei Markeneintragung

Erneut macht eine Gerichtsentscheidung die Bedeutung ethischer Standards bei der Eintragung von Marken deutlich. Von weiteren möglichen Problemen bei der Markeneintragung abgesehen, macht der EuG insbesondere in diesem Fall die Relevanz der Wahrung der moralischen Integrität in der EU deutlich.

Eine endgültige Klärung des Falles bleibt allerdings abzuwarten. Die Escobar Inc. hat noch die Möglichkeit gegen die Entscheidung des EuG ein Rechtsmittel beim EuGH einzulegen.