Kündigung Geschäftsführer – Vertrag weg, variable Vergütung weg?

Warum das AGB-Recht auch den Geschäftsführervertrag tangiert

Die Kündigung des Geschäftsführervertrages ist für beide Seiten eine bumpy road. Die GmbH muss die Kündigung ordentlichen „hinbekommen“ und für den Geschäftsführer gilt, unter Stress seine Rechte durchzusetzen.

Veröffentlicht am: 01.12.2023
Qualifikation: Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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Geschäftsführerverträge sind – insbesondere in mittelständischen Unternehmen – zunehmend ein umfangreiches Gesamtkunstwerk. Über viele Seiten finden sich ausgefeilte Regelungen, die in größter Schärfe viele Details bestimmen. Man hat das Gefühl, dass die GmbHs und deren Anwälte gerade bei Dienstverträgen ihrer Kreativität vollen Lauf lassen …

Eine jüngste Entscheidung des OLG München, Urteil vom 3.5.2023 – 7 U 2865/21, zeigt, dass dies zum einen die Gerichte herausfordert. Die Entscheidung zeigt zudem, dass trotz vertraglichen Hochrecks eine banale Kündigung nicht so banal ist, wie viele denken.

Vertretung bei der Kündigung des Geschäftsführers

Der Fall betraf den Streit einer Geschäftsführerin mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber, einer großen GmbH, um die Wirksamkeit der ordentlichen (d.h. nicht fristlosen) Kündigung und die Fortzahlung einer variablen Vergütung. Der Reihe nach:

Die betreffende GmbH hatte nur einen Gesellschafter, eine Holding-GmbH. Ausweislich des Handelsregisters konnte diese Holding-GmbH nur durch einen Geschäftsführer zusammen mit einem Prokuristen vertreten werden. Dementsprechend war die schriftliche Kündigung der Geschäftsführerin von dem Geschäftsführer der Holding-GmbH und einem Prokuristen dieser GmbH unterschrieben.

Die Geschäftsführerin wies die schriftliche Kündigung zurück. Sie begründet dies damit, dass die GmbH nicht ordnungsgemäß vertreten sei. Es fehle insbesondere der Gesellschafterbeschluss, der die Holding-GmbH als Alleingesellschafterin und die Unterschreibenden ermächtige, die Kündigung auszusprechen. Das OLG München trat diesem Argument schnell entgegen. Ein Alleingesellschafter könne jederzeit formlos einen Beschluss fassen, eines schriftlichen Dokuments bedürfe es nicht; und die Alleingesellschafterstellung der Holding-GmbH sei genauso aus dem Handelsregister erkennbar, wie auch die Vertretungsbefugnis der unterschreibenden Personen.

Entfall der variablen Vergütung mit Abberufung?

Die Geschäftsführerin stritt mit der GmbH im Rahmen der Klage auch über die Fortzahlung der variablen Vergütung bis zum Ende der Vertragslaufzeit. Hintergrund war eine besondere Regelung im Anstellungsvertrag:

Darüber hinaus erhält der Geschäftsführer während der Dauer seiner Bestellung ein variables Jahresgehalt. Die Höhe des variablen Jahresgehalts ist abhängig von […]“.

Ausweislich des Wortlautes sollte das variable Gehalt (nur) während der Bestellung als Geschäftsführerin gezahlt werden. Hier war es natürlich so (wie immer in der Praxis), dass die Geschäftsführerin mit Ausspruch der Kündigung sofort von ihrem Amt als Geschäftsführerin abberufen wurde.

Das OLG München gab der Geschäftsführerin in diesem Punkt recht. Die Regelung zur variablen Vergütung widerspreche dem Grundgedanken des GmbH-Gesetzes, wonach das Amt als Geschäftsführer strikt vom Vertrag als Geschäftsführer zu trennen sei; beide beständen grundsätzlich unabhängig voneinander. Und dieser Widerspruch zum gesetzlichen Grundgedanken führe, so das Gericht, unter Berücksichtigung des AGB-Rechts zur Unwirksamkeit des „Abschneidens“ des variablen Gehalts. Die GmbH musste daher das variable Gehalt bis zum Ende der Vertragslaufzeit zahlen, völlig unabhängig von der Abberufung.

AGB und Geschäftsführervertrag

Was hat das AGB-Recht mit dem Geschäftsführervertrag zu tun? Nun, ganz einfach. Auch Geschäftsführerverträge unterfallen den gesetzlichen Regelungen zu AGBs. Wenn ein Geschäftsführervertrag für eine mehrfache Verwendung vorgesehen ist, dann muss sich der Vertrag an den §§ 305 ff. BGB messen lassen.

Für die Praxis – lieber einmal mehr Hinschauen bei der Kündigung

Für die Praxis empfiehlt es sich, jede Kündigung eines Geschäftsführervertrages ernst zu nehmen. Für die GmbH gilt es, die Kündigung wirksam zu erklären und sich vorab über die finanziellen Folgen ein realistisches Bild zu machen. Für den Geschäftsführer / die Geschäftsführerin gilt es, taktisch klug zu agieren und die Sache zu einem (finanziell) guten Ende zu bringen. Und ja, beide Seiten sollten das Wort AGB auch im Zusammenhang mit dem Geschäftsführervertrag im Kopf haben.