Warum Wettbewerbsverbote (fast) immer unwirksam sind

…und mit einfachen Mitteln schnell zu Fall gebracht werden können

Wenn ein Wettbewerbsverbot den neuen Job verhindert, ist schneller Rat gefragt. Die Gerichte spielen hier neuerdings mit und erlauben dem betroffenen Vorstand, Geschäftsführer oder „einfachen“ Manager ein schlagfertiges Vorgehen durch einstweilige Verfügungen. Wann diese erfolgreich sind und was Unternehmen dagegen tun können, lesen Sie hier.

Veröffentlicht am: 28.11.2023
Qualifikation: Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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Nachvertragliche Wettbewerbsverbote für Vorstände, Geschäftsführer und leitende Angestellte zielen auf den Schutz von vertraulichen Informationen, welche die betreffenden Personen während ihrer Tätigkeit für das jeweilige Unternehmen erlangt haben. Ein verständliches Ziel. Die betreffenden Personen werden von Wettbewerbsverboten indes in ihrem beruflichen Fortkommen behindert. Der branchenerfahrene 60-jährige Vorstand wird sich mit der Jobsuche außerhalb seiner angestammten Branche daher schwertun.

Warum die Interessen von Vorständen, Geschäftsführern und leitenden Angestellten den Unternehmensinteressen in der Praxis vorgehen, zeigt ein aktueller Fall der Gerichte in Köln (OLG Köln (18. Zivilsenat), Urteil vom 01.06.2023 – 18 U 29/23, vorgehend LG Köln, Urt. v. 9.2.2023 – 22 O 279/22).

Vollständige Ausschaltung potenziellen Wettbewerbs

Der Fall betraf den Streit einer Geschäftsführerin mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber, einer großen GmbH, um die Wirksamkeit des folgenden nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes.

„9.1. Ohne vorherige schriftliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung darf Frau U.-Z. während der Sperrfrist […] keine der in lit. (a) bis lit. (e) dieser Ziffer 9.1. aufgeführten Handlungen oder Maßnahmen vornehmen:

(a) direkte oder indirekte Ausübung von Geschäftsaktivitäten, die mit den Geschäftstätigkeiten der Gesellschaft im Tätigkeits-Gebiet am Kündigungstag (jeweils wie in Ziffer 9.6 definiert) konkurrieren (eine solche Geschäftstätigkeit ist eine „Konkurrenztätigkeit');

(b) als Mitglied der Geschäftsführung oder als Angestellter oder Berater oder Vertreter oder auf sonstige Weise für ein Unternehmen oder eine Person direkt oder indirekt tätig sein, die eine Konkurrenztätigkeit ausführt […]

Nach Beendigung des Geschäftsführervertrages machte Frau U.-Z. einen einstweiligen Verfügungsanspruch bei Gericht geltend. Dieser war darauf gerichtet, einstweilig (vorläufig) festzustellen, dass das vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot unwirksam ist und der Aufnahme der von Frau U.-Z. beabsichtigten Tätigkeit als Geschäftsführerin einer anderen Gesellschaft nicht im Wege steht.

Das Landgericht Köln und das Oberlandesgericht Köln gaben Frau U.-Z. Recht. Das vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot verhindere jegliche Tätigkeit der Geschäftsführerin bei einem Wettbewerber, benachteilige diese daher unangemessen und sei daher letztlich nichtig.

Wettbewerbsverbote – Wirksam nur im sachlichen, räumlichen und zeitlichen Rahmen

Beide Gerichte hoben in ihren Entscheidungen noch einmal die bekannten Grundsätze hervor: Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nur wirksam, wenn es für das Unternehmen sachlich, räumlich und zeitlich notwendig ist.

In der Praxis wird hier oft übersehen, dass dies meist eine – aus dem Kartellrecht bekannte – Marktabgrenzung notwendig macht. Auf welchem Markt ist das Unternehmen sachlich und räumlich tätig? Welche Produkte, Dienstleistungen verkauft es wo? Wer sind die Kunden? Wo sitzen, wohnen die Kunden? Klar ist auch, dass nachvertragliche Wettbewerbsverbote nicht dauerhaft wirken können. Ganz grobe Richtschnüre sind hier 24 Monate für gewöhnliche Wettbewerbsverbote und 36 Monate für Unternehmenskaufverträge.

Führt eine Karenzentschädigung zur Wirksamkeit unwirksamer Wettbewerbsverbote?

Nein, eine Karenzentschädigung führt nicht automatisch zur Wirksamkeit von Wettbewerbsverboten, die den Wettbewerb im Allgemeinen und die Berufsfreiheit des Einzelnen unangemessen einschränken. So wurde im besagten Fall eine außergewöhnlich hohe Karenzentschädigung vereinbart. Frau U.-Z. sollte 75 % ihres vormaligen Gehalts für die Dauer des Wettbewerbsverbotes (Sperrfrist) erhalten. Dies verhalf dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot indes nicht zur Wirksamkeit.

Einstweilige Verfügung gegen unwirksames Wettbewerbsverbot?

Ja, die Gerichte tendieren jüngst sehr klar in diese Richtung. Erforderlich ist in jedem Fall, dass der betroffene Vorstand, Geschäftsführer oder leitende Angestellte darlegen kann, dass das Wettbewerbsverbot einem konkreten (!) Jobangebot entgegensteht. Ist dies der Fall, kann innerhalb weniger Tage zumindest vorläufige Klarheit erzielt werden.

Für die Praxis – lieber Kundenschutz als Wettbewerbsverbot

Für die Praxis empfiehlt es sich, lieber über einen Kundenschutz nachdenken, als ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu vereinbaren. Ein Kundenschutz schränkt das berufliche Fortkommen von Vorstand, Geschäftsführer und leitenden Angestellten weit weniger ein und ist damit auch weit weniger von der Unwirksamkeit bedroht…