Neues zur 50 + 1-Regel in der Bundesliga

Ist eine Einigung zwischen DFL und Bundeskartellamt in Sicht?

Im Streit um die 50 + 1-Regel gibt es neue Entwicklungen. Die DFL hat dem Bundeskartellamt einen neuen Vorschlag unterbreitet. Danach soll den Fußballclubs aus Wolfsburg, Hoffenheim und Leverkusen mit ihrer besonderen Investorenstruktur unter gewissen Bedingungen eine Ausnahmeregelung erhalten bleiben.

Veröffentlicht am: 14.03.2023
Qualifikation: Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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Die Deutsche Fußball Liga (DFL) befindet sich seit Jahren in einem kartellrechtlichen Verfahren, in dem es um die rechtliche Zulässigkeit der sogenannten 50 + 1 Regel geht. Die DFL organisiert die 1. und 2. Bundesliga. Sie bedient sich dabei der 50 + 1 Regel, um in den Ligen eine Vereinsprägung sicherzustellen und den sportlichen Wettbewerb auszugleichen.

Darum geht es bei der 50 + 1 Regel

Der DFB als Vorgänger der DFL (betreffen die zwei Bundesligen) hat die 50 + 1 Regelung im Jahr 1999 in seine Satzung aufgenommen. Durch die Regelung wurde die Möglichkeit geschaffen, die Lizenzspielerabteilung der Fußballclubs in eine Kapitalgesellschaft auszugliedern, an der sich dann Investoren beteiligen konnten. Auf diese Weise konnten die einzelnen Clubs mit dem nötigen Investorenkapital ausgestattet und der Ligabetrieb besser finanziert werden.

Wichtig zu wissen: Mit der 50 + 1 Regel sollen gleiche Bedingungen für alle Fußballclubs im sportlichen Wettbewerb geschaffen werden. Überdies soll der Einfluss der Investoren in den Ligen dadurch begrenzt werden, dass dem einzelnen Verein zwingend eine Stimmenmehrheit in der Kapitalgesellschaft erhalten bleibt (also 50 + 1 Stimmrechte der Vereinsseite).

Aber keine Regel ohne Ausnahme. In der aktuellen 50 + 1 Regel der DFL kann ein Investor in bestimmten Fällen auch die Stimmenmehrheit in der Bundesliga-Kapitalgesellschaft übernehmen (Förderausnahme). Diese Förderausnahme, die von genannten drei Clubs in Anspruch genommen wird, stößt auf rechtliche Bedenken des Bundeskartellamts.

Wieso ist das Bundeskartellamt hier zuständig?

Für Verbände und Fußballclubs, die sich wirtschaftlich betätigen, gilt das deutsche und europäische Wettbewerbs- und Kartellrecht. Daher können auch im Sportbereich die Kartellämter zuständig sein. Da die Teilnahme der Clubs an den Bundesligen durch die 50 + 1 Regelung de facto beschränkt wird, liegt eine kartellrechtsrelevante Wettbewerbsbeschränkung vor. Allerdings unterfallen Beschränkungen des Wettbewerbs keinem Kartellverbot, wenn sie legitime Ziele verfolgen.

Die aktuelle DFL–Regel will die Macht der Vereine im Ligabetrieb sicherstellen (Vereinsprägung) und strebt eine Gleichberechtigung im sportlichen Wettbewerb an. Diese sportpolitischen Ziele wurden vom Bundeskartellamt als legitim anerkannt. Die 50 + 1 Regel enthalte eine ethisch–soziale Zielprägung, in dem sie breiten Bevölkerungsschichten die Möglichkeit eröffnet, durch eine Mitgliedschaft im Fußballverein letztendlich auch die Geschicke in der Bundesliga mit zu bestimmen. Dies erhebe das Vereinsmitglied - so das Bundeskartellamt – über einen reinen Konsumenten an der sportlichen Veranstaltung. Auch die von der Fußball-Regel angestrebten gleichen Verhältnisse im sportlichen Wettbewerb stellen ein kartellrechtlich legitimes Ziel dar.

Das kartellrechtliche Problem: die Förderausnahme

Die deutsche Kartellbehörde betont, dass nur die Grundregel der DFL-Regelung kartellrechtlich unbedenklich sei. Die 50 + 1 Vorschrift, mit der der Fußballverein die Stimmenmehrheit an der Kapitalgesellschaft halten muss, verfügt aber auch über eine sogenannte Förderausnahme.

Danach kann das Präsidium der DFL von der Grundregel der Stimmenmehrheit des Vereins eine Ausnahme bewilligen, wenn ein Investor den Fußballverein seit mehr als 20 Jahren ununterbrochen finanziell gefördert hat. In Anspruch genommen wird diese Förderausnahme von VfL Wolfsburg, TSG Hoffenheim und Bayer Leverkusen. Hierum ringen das Bundeskartellamt und die DFL: Das Bundeskartellamt hält in der Gesamtschau die Grundregel 50+1 in Kombination mit der Förderausnahme für kartellrechtlich unzulässig. Ein wegen der Ausnahme von Investoren kontrollierter Fußballclub schafft gerade ungleiche wirtschaftliche Verhältnisse und begrenzt den Einfluss der Vereinsmitglieder.

Die neue 50 + 1-Kompromisslinie der DFL

Seit Mitte 2021 besteht das Tauziehen zwischen dem Bundeskartellamt und der DFL. Nach langen Beratungen hat die DFL nun einen Kompromissvorschlag unterbreitet. Danach soll die 50 + 1 Grundregel bestehen bleiben und die Förderausnahme soll für die Zukunft aus der DFL-Satzung gestrichen werden. Der Vorschlag der DFL sieht des Weiteren vor, dass die bereits an VfL Wolfsburg, TSG Hoffenheim und Bayer Leverkusen erteilten Ausnahmen unter gewissen Voraussetzungen Bestandsschutz genießen sollen. Der Bestandsschutz soll dann eingreifen, wenn eine sogenannte Mitgliederpartizipation und ein Vorteilsausgleich sichergestellt werden. Was ist darunter zu verstehen?

Die Mitgliederpartizipation soll zu einer 50 + 1 – ähnlichen Situation führen. Danach müssen die drei Clubs den Mitgliedern des eigenen Vereins eine Teilnahme und Transparenz durch indirekte Mitentscheidungsrechte gewähren. Darunter sind zum einen Entsenderechte der Vereine in relevante Gremien der Clubs und zum anderen Vetorechte der Vereine hinsichtlich wesentlicher Änderungen im Club zu verstehen. Wenn also der Fußballklub sein Logo ändern oder etwa Stehplatzkapazitäten reduzieren will, steht dies unter dem Zustimmungsvorbehalt des Vereins. Der vom DFL vorgeschlagene Vorteilsausgleich beinhaltet die Zahlung eines Ausgleichsbetrags, wenn die Investorenseite sehr hohe Verluste der eigenen Clubs übernimmt.

Wie geht das 50 + 1 Kartellverfahren aus?

In dem kartellrechtlichen Verfahren erhalten nun die Fußballclubs Gelegenheit zur Stellungnahme des Vorschlags der DFL. Gemäß der Pressemitteilung vom 8. März 2023 begrüßt der Präsident des Bundeskartellamts das Kompromissangebot der DFL. Das Kartellamt betont, dass nach einer vorläufigen Einschätzung die Beibehaltung der 50 + 1 Grundregel und die Streichung der Förderausnahmen geeignet seien, die kartellrechtlichen Probleme der Bundesliga zu beseitigen.

Die drei von der Förderausnahme betroffenen Clubs VfL Wolfsburg, TSG Hoffenheim und Bayer Leverkusen haben laut Medienberichten bereits ihre Zustimmung signalisiert. Mit Spannung wird nun das Stimmungsbild der restlichen Fußballclubs erwartet. Es ist damit zu rechnen, dass das kartellrechtliche Verfahren auf der Basis des Vorschlags der DFL vom Bundeskartellamt eingestellt werden wird, wenn keine wesentlichen Argumente gegen den Bestandsschutz der Profiteure ins Feld geführt werden. Dann hieße die neue rechtssichere Formel 50 + 1 - 3 Clubs.