Wie man schnell aus dem ungeliebten Büromietvertrag herauskommt

Vorsicht bei Mietverträgen mit einer GbR

Veröffentlicht am: 15.08.2019
Qualifikation: Rechtsanwalt & Fachanwalt für IT-Recht in Hamburg
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Es ist eines der großen Schlachtfelder im Gewerbemietrecht: die Kündigung wegen eines Schriftformfehlers. Zur Erinnerung: Wird ein Mietvertrag über eine feste Laufzeit von mehr als einem Jahr nicht unter Einhaltung der Schriftform (§ 550 BGB) abgeschlossen, so gilt er gem. §§ 578 Abs. 1 als für unbestimmte Zeit geschlossen und kann vorzeitig mit der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden. Dies ist, je nach Interessenlage, ein scharfes Schwert für Vermieter und Mieter, da bei langen Restlaufzeiten beträchtliche Geldbeträge eingespart bzw. verloren gehen können. Da der Bundesgerichtshof mittlerweile die sog. Schriftformheilungsklauseln für unwirksam erklärt hat, ist das Thema noch brisanter geworden, als es ohnehin schon war. Kürzlich kam es dann in Hamburg zu einem interessanten Rechtsstreit zu diesem Thema (OLG Hamburg, Urteil vom 20.12.2018 – 4 U 60/18 (LG Hamburg)).

Worum ging es?

Hier hatte eine Rechtsanwalts-GbR einen Mietvertrag über Kanzleiräume abgeschlossen. Es wurden – wie so oft in der Praxis – diverse Nachträge geschlossen. Der jüngste Nachtrag war nur von einem Gesellschafter der Anwalts-GbR unterzeichnet worden und sah eine Restlaufzeit bis zu Ende April 2021 vor. Die Anwälte wollten sich zwischenzeitlich örtlich verändern und kündigten bereits ordentlich zum 30. September 2017. Sie argumentierten, dass, das Schriftformgebot (§ 550 BGB) bei Unterzeichnung des Mietvertragsnachtrags nicht gewahrt sei, weshalb die Kündigung rechtmäßig gewesen sei.

Die Beklagte sah dies anders und war der Ansicht, die Kündigung sei rechtsmissbräuchlich. Dies auch, weil hier Rechtsanwälte am Werk waren, die also von Berufs wegen genau gewusst haben müssen, was sie taten. Die Anwälte gewannen das Verfahren in der ersten Instanz und der Vermieter ging in Berufung.

Schriftform nicht eingehalten

Das OLG Hamburg wies die Berufung des Vermieters zurück. Das Schriftformerfordernis sei nicht gewahrt worden, weil nur ein Mitglied der Rechtsanwalts-GbR den Mietvertragsnachtrag unterzeichnet hatte, ohne dass ein Vertretungszusatz ausreichend deutlich kenntlich gemacht worden sei. Die Vertragspartei „Mieter“ sei also nicht ausreichend klar bestimmt gewesen, was ein klarer Verstoß gegen das Schriftformerfordernis sei.

Dies sei aber für eine wirksame Vertretung sämtlicher GbR-Gesellschafter durch einen Gesellschafter erforderlich, sonst lasse sich aus dem Mietvertragsnachtrag nicht eindeutig entnehmen, ob der Vertrag für die anderen Vertragsparteien zustande gekommen ist oder ob die Wirksamkeit des Vertrages bis zur Unterschrift der weiteren Gesellschafter hinausgeschoben werden solle.

Auch aus dem Rubrum des Mietvertragsnachtrags und der Unterschriftenzeile sei eine Vertretung des anderen Gesellschafters nicht zu entnehmen gewesen. Es habe vielmehr die Möglichkeit bestanden, dass der fehlende Mitgesellschafter die Vereinbarung noch unterzeichnen werde.

Auch Anwälte dürfen sich auf einen Schriftformmangel berufen

Die Mieter hätten auch nicht rechtsmissbräuchlich gehandelt, als sie sich auf den Formmangel beriefen. Dies käme nur dann in Betracht, wenn sie den Vermieter Vertragspartner schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten hätten (etwa: „vertrauen Sie uns, wir sind Anwälte, das hat schon seine Richtigkeit so“) oder bei einer Kündigung wegen Formunwirksamkeit die Existenz des Vermieters bedroht wäre. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen.

Die Anwälte hatten im Verfahren bestritten, Kenntnis von dem Formfehler gehabt zu haben. Das Gericht trat dem entgegen und entschied, dass es für ein vorsätzliches, letztlich arglistiges Handeln der Anwälte keine Anhaltspunkte gegeben habe und ein lediglich fahrlässiges Versäumen der Einhaltung der Schriftform nicht genüge, um den Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens zu begründen.

Praxishinweis

Das OLG Hamburg bestätigte die bisherige Rechtsprechung, dass sich aus der Unterschrift eines einzelnen Gesellschafters grundsätzlich keine Vertretung des anderen Gesellschafters ableiten lässt. Eine wirksame Vertretung der übrigen Gesellschafter kann sich jedoch aus dem Firmenstempel, sollte er sich zusätzlich zu der Unterschrift des Gesellschafters auf der Vertragsurkunde befinden, abgeleitet werden. Denn das Hinzusetzen eines Stempels zur Unterschrift weise den Unterzeichner als unterschriftsberechtigt für die Gesellschaft aus.

Wieder einmal ist deutlich geworden, dass die Schwelle, die die Gerichte für die Bejahung einer rechtsmissbräuchlichen ordentlichen Kündigung wegen Formmangel sehr hoch gesetzt haben. Es wird der von der Kündigung betroffenen Mietvertragspartei kaum jemals möglich sein, den Beweis zu führen, dass der Gegner hier mit bösem Willen gehandelt hat. Umso mehr gilt das alte Gebot: bei der Wahrung der mietvertraglichen Schriftform kann man im Zweifel nicht penibel genug sein.