Corona-Kündigung des Gewerbemieters?

Mein oder unser Risiko?

Veröffentlicht am: 19.03.2020
Qualifikation: Rechtsanwalt & Fachanwalt für IT-Recht in Hamburg
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Das Coronavirus (Covid-19) schüttelt unsere Wirtschaft mächtig durcheinander. Letztlich ist fast jeder Wirtschaftszweig betroffen. Die Unternehmen werden nach Einsparmöglichkeiten suchen. Hier bietet sich natürlich auch der Ausstieg aus unliebsamen Gewerbemietverträgen auf Mieterseite. Das ist ein guter Anlass, einmal Beendigungsmöglichkeiten von Gewerbemietverträgen unter die Lupe zu nehmen.

(Miet-)Verträge sind einzuhalten

Gewerbemietverträge, also Büromietverträge, Praxismietverträge oder Ladenmietverträge werden fast immer mit einer Festlaufzeit abgeschlossen. Der Mietvertrag kann natürlich stets neu verhandelt werden, etwa könnte eine Mietstundung vereinbart werden. Sie könnten auch einvernehmlich aufgehoben werden (Mietaufhebungsvertrag; Räumungsvereinbarung). Jedoch wird sich der Vermieter dies gut bezahlen lassen, trägt er doch das Risiko der Neuvermietung. Gelingt eine Einigung nicht, gilt der Grundsatz: auch unliebsam gewordene Verträge sind einzuhalten.

Aber was, wenn mein Geschäft nur Verluste macht?

Der finanziell überforderte Mieter wird sagen, dass der Mietvertrag keinen Sinn mehr macht und dass ein weiteres Festhalten an dem Mietvertrag zur finanziellen Überforderung bis hin zur Insolvenz führt. Dieses Risiko ist aber ein Risiko des Mieters, er – und nur er – trägt das Investitionsrisiko. Dies gilt nach der Rechtsprechung auch, wenn ein Einzelhändler (wirtschaftlich verständlich) den Leerstand in den anliegenden Lokalen eines Einkaufszentrums mitverantwortlich für seinen Umsatzrückgang macht. Ein Recht zur Kündigung eines Gewerbemietvertrags besteht in diesen Fällen also nicht.

Was, wenn ich meinen Beruf nicht mehr ausüben kann/darf?

Insbesondere Ärzte fragen sich, ob und wie sie langfristige Praxismietverträge kündigen können, wenn sie berufsunfähig werden und/oder ihnen die Approbation entzogen wird. Aber auch ist nüchtern festzustellen, dass die eigene Berufungsunfähigkeit und damit einhergehend das Risiko eines wirtschaftlichen Misserfolgs ein Umstand ist, der in der Risikosphäre des Mieters liegt und daher nicht zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt. In solchen Fällen kann der Mieter allenfalls einen solventen Nachmieter stellen und den Mietvertrag dann, wenn der Vermieter ohne sachlichen Grund den Nachmieter ablehnt, kündigen. Wohl dem Arzt, der in einen guten Praxismietvertrag investiert hat, der ausdrücklich in Fällen von Berufsunfähigkeit und Approbationsverlust ein Sonderkündigungsrecht vorsieht.

Gibt es wirklich keinen Ausweg?

Es gibt einen letzten Rettungsanker: die Berufung auf einen sogenannten Wegfall der Geschäftsgrundlage. Jedoch ist diese Fallgruppe an sich nur für extreme Ausnahmesituationen gedacht (Krieg, schwere Naturkatastrophen). Es müssen also Umstände herrschen, die nicht in die Risikosphäre einer Vertragspartei fallen und ein Festhalten an dem Vertrag unzumutbar erscheinen lassen. Ob etwa die aktuelle Bedrohung durch Corona eine Kündigung des Vertrags auf dieser Rechtsgrundlage zulässt, sehen wir kritisch. Zum einen ist per heute noch nicht absehbar, wie lange die behördlichen Verbote und Betriebseinschränkungen gelten. Zum anderen ist, selbst wenn man sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage beruft, zunächst der Vertrag „am Leben zu erhalten“, zum Beispiel mittels einer Stundung der Miete. Nur wenn auch das keine realistische Lösung ist, kann unter Umständen gekündigt werden.

Gewerbemieter, die nicht vertraglich vorgesorgt haben, sind gut beraten, eine vernünftige Beziehung mit Ihrem Vermieter zu pflegen. Gerade im Krisenfall kann sich das auszahlen. Aus Vermietersicht muss natürlich aufgepasst werden, nicht zu großzügig zu sein, hier können Schutzmaßnahmen, wie zum Beispiel die notarielle Unterwerfung des Mieters unter die Zwangsvollstreckung helfen, um im worst case die Räume schnell weitervermieten zu können.