Der Datenschutz — Spielball nationaler und europäischer Reformen

Die Bundesregierung legt einen Entwurf zur Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes vor.

Veröffentlicht am: 29.03.2017
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Die Bundesregierung legt einen Entwurf zur Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes vor.

Ein Gastbeitrag von Fiona Schönbohm

Die neue Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union (DSGVO) wird einige Auswirkungen auf das deutsche Datenschutzrecht haben. Welche Änderungen zu erwarten sind und wo auch in Zukunft noch Verbesserungsbedarf besteht, ist aber derzeit noch unklar. Jetzt legt die Bundesregierung einen ersten Entwurf für eine Reform des deutschen Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) vor.

Das bisherige Datenschutzrecht

Das BDSG regelt die Zulässigkeit der Erhebung und Speicherung, aber auch der Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten. Die Rechte und Pflichten der Beteiligten ergeben sich derzeit allein aus dem deutschen Recht, nur geringfügig hat europäisches Recht Auswirkungen auf die Praxis.

Ergänzt wird das BDSG durch die Vorschriften des Telemediengesetzes (TMG) hinsichtlich des Umgangs mit personenbezogenen Daten im Online-Bereich. Der Umgang mit personenbezogenen Daten ist in den Gesetzen getrennt und teilweise unterschiedlich geregelt.

Die europäische Verordnung

Vom europäischen Gesetzgeber wurde 2016 die DSGVO verabschiedet. Als Verordnung hat diese Regelung in Deutschland direkten Anwendungsvorrang vor nationalem Recht und verdrängt daher deutsche Regelungen des BDSG und des TMG. Sie findet im Vergleich zu einer Richtlinie, die der Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber bedarf und daher nationale Gestaltungsspielräume eröffnet, in Deutschland ab dem 25.06.2018 unmittelbare Anwendung.

Die Verordnung dient der Vereinheitlichung des Datenschutzes in den europäischen Mitgliedstaaten. Bisher galt im europäischen Raum bloß eine Richtlinie zum Datenschutz. Die Verordnung soll ein gemeinsames Schutzniveau durch Festlegung gewisser Mindeststandards schaffen. Sie erhält aber auch Aufträge an die nationalen Regierungen und sogenannte Öffnungsklauseln, die den nationalen Gesetzgebern doch wieder die Konkretisierung gewisser Vorgänge überlassen.

Der Entwurf der Bundesregierung

Eine, rechtlich gesehen, bloß klarstellende Gesetzesänderung ist wegen dieser Öffnungsklauseln dennoch dringend nötig. Denn die Verordnung überlässt viele Detailfragen doch den Mitgliedstaaten und gibt nur Rahmenvorgaben vor, zum Beispiel das Mindestalter einwilligungsfähiger Minderjähriger. Aber auch das Zusammenspiel der bisherigen Richtlinie und der neuen Verordnung gilt es zu klären. Hier ist nun der deutsche Gesetzgeber gefragt.

Da sämtliche Datenverarbeitungsvorgänge von der Verordnung gleichermaßen umfasst sind, wird ein Einfluss ebenso auf das BDSG wie auf das TMG stattfinden, sodass eine Differenzierung wie nach bisherigem deutschen Recht keinen Sinn mehr machen wird. Aber auch Vorschriften des Bundesverfassungsschutzgesetzes und des Bundesnachrichtendienstes sind betroffen und bedürfen der Überarbeitung.

Was bringen die Neuerungen?

Die Rechte der Betroffen bei der Verarbeitung von Daten werden gestärkt. Vor allem Unternehmen treffen hier weitergehende Informationspflichten als bisher. Außerdem gibt es jetzt beispielsweise eine rechtliche Pflicht zu verbraucher- und datenschutzfreundlichen Voreinstellungen elektronischer Geräte. Eine viel diskutierte Neuerung zum Schutz der Daten von Arbeitnehmern wurde aber bisher nicht konkretisiert.

Datentransfers in Drittstaaten, also Staaten außerhalb der Europäischen Union, erfordern weiterhin zusätzliche Sicherheitsmechanismen. Außerdem erhalten die Landes- und Bundesdatenschutzbeauftragten neue Bußgeld- und Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen die Verordnung. Auch wird das Modell eines Datenschutzbeauftragten in Unternehmen europaweit etabliert.

Was wird kritisiert?

Kritisiert werden einerseits die vermehrten Konsultationspflichten für die Unternehmen. Diese würden nicht nur zu einem Mehraufwand für die Unternehmen selbst, sondern auch für eine Zunahme an Bürokratie bei den zuständigen Behörden führen. Auch müssen alle Verarbeitungstätigkeiten personenbezogener Daten aufgezeichnet werden.

Der Entwurf der Bundesregierung sieht zudem eine Aufweichung der Zweckbindungsregelung des BDSG vor. Bisher dürfen Daten grundsätzlich nur zu dem Zweck verwendet werden, zu dem sie auch erhoben worden sind. Künftig soll schon ein „berechtigtes Interesse“ ausreichen, um eine nachträgliche Zweckänderung vorzunehmen. Kritiker sehen darin eine erhebliche Aufweichung des deutschen Datenschutzrechts und eine Entwertung der Einwilligung. Ob das neue BDSG einer rechtlichen Überprüfung Stand halten wird, bleibt daher abzuwarten.