FinTechRat soll Deutschland auf Platz 1 verhelfen

Gremium soll Veränderungen im Bereich der Finanztechnologie durch Experten begleiten.

Veröffentlicht am: 27.03.2017
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Gremium soll Veränderungen im Bereich der Finanztechnologie durch Experten begleiten.

Ein Beitrag von Dr. Michael Demuth

FinTech ist dieser Tage in aller Munde. Die wichtigste Abkürzung des Jahres steht für „Finanztechnologie“ (international: „Financial Technology“). Auch die deutsche Politik ist jetzt auf den Geschmack gekommen. Das Bundesfinanzministerium gründet jetzt den sogenannten FinTechRat, um die digitale Finanztechnologien auch in Deutschland voranzutreiben.

Was ist FinTech?

Den Begriff „FinTech“ zu definieren, fällt bis heute schwer. Worum geht es? FinTechs sind zunächst einmal all jene Unternehmen bzw. StartUps, die Finanzdienstleistungen mit modernen, innovativen Technologien verbinden. Sie sind zumeist internetbasiert. Das kann Anlageberatung ebenso umfassen wie Kreditvermittlung.

Grundlegend werden vier verschiedene Segmente unterschieden: Zunächst gibt es die Bereiche Finanzierung und Vermögensmanagement. Diese ersten zwei Segmente mit insgesamt 17 Milliarden Euro Transaktionsvolumen in 2015 sind die gemeinhin bekanntesten Bereiche der FinTech-Branche. Weiterhin gibt es Unternehmen, die dem Bereich des Zahlungsverkehrs zugeordnet werden und eine vierte Gruppe, die sonstige FinTechs zusammenfasst.

Die Fintec-Plattformen sollen für Benutzer vor allem leicht bedienbar, effizient, transparent sein und zeichnen sich meist durch einen hohen Grad an Automatisierung aus. Die Politik hofft damit auch Finanzierungslücken kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) zu füllen und Investitionsflüsse innerhalb Deutschlands und Europas zu steigern.

Bekannte und unbekannte Branchengrößen

Fast jeder hat schon mal von dem Prinzip des sogenannten „Crowdfunding“ gehört, bei dem eine große Zahl von Internetnutzern ein bestimmtes Projekt gemeinsam finanzieren, das über ein Portal Kapital für sich einwirbt. Cowdlending und Crowdinvesting sind bislang die Schwergewichte der FinTech-Branche, wenn es um das aktuelle Marktvolumen geht. Weitere Bereiche sind das Social Trading, der Austausch von Informationen und Beratungen in Bezug auf Kapitalmarktprodukte, sowie der sogenannte „Robo Advice“, bei dem automatisierte Anlage-Vorschläge unterbreitet werden. Allein der Robo Advice hat sein Marktvolumen in den letzten drei Jahren verzehnfacht.

Warum interessiert sich dafür nun die Politik?

Die Gründung eines FinTechRates dürften wir jedenfalls auch dem BREXIT-Votum verdanken. Nach Großbritannien ist Deutschland derzeit europaweit Niederlassungsfavorit Nummer Zwei für FinTech-Unternehmen. Vor allem in Hamburg, Berlin, München und Frankfurt tummeln sich nahezu tausend Unternehmen.

Seit dem bevorstehenden Austritt der Briten wechseln nun vermehrt FinTechs aus dem Vereinigten Königreich nach Deutschland oder Luxemburg. Denn da noch niemand weiß, wie der BREXIT von statten gehen wird, fürchten viele dieser jungen Unternehmen um ihren Binnenmarktzugang.

Dabei geht es nicht etwa nur um Kleingeld: Das Volumen der potentiell adressierbaren Märkte wird in Deutschland von einer durch das Bundesfinanzministerium in Auftrag gegebenen Studie auf knapp 1,7 Billionen Euro geschätzt.

Verbesserungsbedarf besteht durchaus

Aufgrund der ganz unterschiedlichen Geschäftsmodelle einzelner FinTech-Unternehmen unterfallen diese auch unterschiedlichen Regulierungsanforderungen. Gretchenfrage ist dabei oft, ob eine BAFin-Erlaubnis erforderlich ist. Eine solche bringt einen für viele junge Fintec-Unternehmen schwer zu tragenden Aufwand mit sich. Dabei ist nicht immer leicht erkennbar, welche Regulierung des Aufsichtsrechts für die neuen Geschäftsmodelle überhaupt einschlägig ist. Diese rechtliche Unsicherheit in Deutschland wird nicht zuletzt von den Unternehmen selbst zunehmend bemängelt.

Diese Regularien einzuhalten erfordere an einem deutschen Standort überdurchschnittlich hohen administrativen und finanziellen Aufwand, so die Unternehmen in einer Umfrage im Auftrag des Bundesfinanzministeriums. So unterfallen beispielsweise Crowdinvesting-Emittenten dem Vermögensanlagegesetz, wenn aber Aktien an die Crowd verkauft werden, ist auch das Wertpapierhandelsgesetz einschlägig. Große Schwierigkeiten träten auch beim Datenschutz auf.

Europa rüstet digital auf

Europäische Richtlinien sind nach Meinung der FinTech-Unternehmen häufig uneinheitlich umgesetzt worden, was den europäischen Handel erschwere. Die Europäische Union kündigte bereits die Reform einiger relevanten Regularien, etwa der Prospektrichtlinie an.

Europaweit haben viele Staaten schon groß angelegte Förderprogramme für FinTech-Unternehmen gestartet, allen voran etwa die Bank of England, wo es den mit Abstand am weitesten entwickelten Markt für Fintecs in Europa gibt. Seit 2016 können FinTechs dort ihr Geschäftsmodell im Rahmen einer sogenannten „Regulatory Sandbox“ ausprobieren. Dabei profitieren sie vor allem von gelockerten Regulierungsvorschriften. Ob der damit verbundene -, verspätete - Zugang zum realen Markt hilfreich ist, ist aber durchaus umstritten.

Der FinTechRat des Bundesfinanzministeriums besteht jetzt zunächst aus 20 Mitgliedern. Dabei handelt es sich um Vertreter von FinTechs, Banken und Versicherungen sowie Wissenschaftler, die zur Digitalisierung des Finanzsektors forschen. Sie sollen vor allem zu Entwicklungen, Potentialen und Risiken des neuen Marktes forschen, um der Politik eine Grundlage für eine sinnvolle Gesetzgebung für den Fintec-Markt zu liefern.