Immobilienverkauf in Frankreich

Wie bindend ist eine "offre d´achat"?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Immobilie in Frankreich zum Verkauf anzubieten. Eine davon ist der Verkauf über ein Onlineportal. Eine andere ist es, die Immobilie über eine Makleragentur zu vermarkten.

Veröffentlicht am: 03.02.2022
Qualifikation: Rechtsanwältin für französisches Immobilienrecht in Berlin
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Wenn der Eigentümer einer Immobilie sich über die Modalitäten des Verkaufs seiner Immobilie im Klaren ist, setzt er diese zum Beispiel ins Internet. Der Vorteil ist, dass in diesem Fall keine Maklergebühren für den Verkäufer (oder Käufer) anfallen und womöglich ein höherer Kaufpreis erzielt werden kann. Für Eigentümer, die nicht vor Ort sind und zum Beispiel ihre Ferienimmobilie veräußern wollen, ist es wiederum hilfreich sich eines Maklers zu bedienen, um einen Käufer für die Immobilie zu finden.

  1. Was hat ein Verkäufer für Möglichkeiten, wenn er seine Immobilie nun zum Festpreis inseriert hat und Kaufangebote zu diesem Preis aber auch zu einem höheren Preis erhalten hat?
  2. Ist er berechtigt die Kaufangebote in die Höhe zu treiben?
  3. Darf er ein Angebot zum angegebenen Kaufpreis ablehnen?
  4. Wie verhält es sich, wenn ein Makler zwischengeschaltet ist?

Das oberste französische Gericht, die Cour de Cassation, hat mehrfach über einen solchen Fall entschieden, in dem der Verkäufer, der seine Immobilie zu einem Festpreis angeboten hatte, verschiedene Kaufangebote, sogenannte „offre d´achat“, erhalten hatte. Einige Käufer hatten den Kauf der Immobilie zum angegeben Festpreis angeboten, andere zu einem höheren Preis. Ebenso hat die Cour de Cassation klargestellt, wie der eben genannte Fall des Erhalts mehrerer Kaufangebote bei der Einschaltung eines Maklers zu beurteilen ist.

Für den Verkäufer geht es unterschiedlich gut aus.Im Einzelnen:

1. Wann ist eine „offre d´achat“ bindend?

Für das Zustandekommen eines Vertrages ist im französischen Recht entscheidend, dass eine Einigung über Angebot und Annahme vorliegt. Der französischen Code Civil legt fest, dass „ein Verkauf zwischen den Parteien bereits vollzogen ist, (..) wenn Einigkeit über den Kaufgegenstand und dem Preis vorliegt, selbst wenn der Gegenstand noch nicht übergeben und der Preis noch nicht gezahlt wurde“.

  • Das Angebot wird „offre de vente“ genannt. Dabei erklärt eine Person eine Immobilie zu bestimmten Bedingungen verkaufen zu wollen. Das Angebot muss, wie im deutschen Recht auch, hinreichend bestimmt sein.
  • Die Annahme der Kaufangebotes heisst wiederum „acceptation“ Dabei manifestiert der Käufer, die Immobilie zu den Bedingungen des Verkäufers erwerben zu wollen.

Wenn sich Angebot und Annahme decken, spricht das französische Immobilienrecht vom „contrat parfait“, sprichwörtlich also von einem „perfekt“ geschlossenen Vertrag. Wenn der Käufer hingegen zusätzliche Bedingungen aufnimmt oder den Preis verändert, liegt ein neues Angebot, eine „contre offre“ vor, die vom Verkäufer angenommen werden muss.

Achtung Finanzierung! Es kommt vor, dass ein Käufer in seiner offre d´achat nicht erwähnt, dass er eine Finanzierung für den Erwerb benötigen wird. Es kann auch sein, dass er sich später erst zu einer Finanzierung des Kaufes entscheidet. Diese Handhabung ist zulässig und lässt die Einigung der Parteien nicht entfallen. Denn in der Regel hat der Käufer in seiner „offre d´achat“ auf die Finanzierung nicht formgerecht verzichtet. Dieses Recht steht ihm weiterhin zu. Er könnte sogar die Durchführung des Kaufes gerichtlich durchsetzen.

2. Die offre d´achat bei einem Verkauf über eine Plattform

Bei dem Verkauf einer Immobilie über eine Plattform setzt der Verkäufer die Immobilie zu einem bestimmten Kaufpreis ein. Das Angebot muss klar definiert und bestimmt sein, da es an eine unbestimmte Anzahl an Käufern gerichtet ist.

Praxistipp: Um den Wert seiner Immobilie besser einzuschätzen ist es wichtig die Immobilie vor dem Verkauf schätzen zu lassen. Dies kann durch einen Gutachter oder durch einen Makler erfolgen (auch ohne späteren Maklervertrag) und vermeidet, die Immobilie unter Wert anzubieten oder aufgrund einer unrealistischen Preisvorstellung nicht loszuwerden.

Erhält der Verkäufer mehrere Angebote zu dem in der Anzeige angegebenen Preis, so hat die cour de cassation entschieden und immer wieder bestätigt, dass der Verkäufer an die zeitlich als erste eingegangene „offre d´ achat“ gebunden ist. Dies gilt auch, wenn der Verkäufer erst ein Angebot zum angegebenen Preis und später höhere Angebote erhalten hat. Auch hier ist der Verkäufer an das erste, abgegebene Angebot gebunden, egal wie attraktiv die späteren Angebote sind.

Entscheidet sich der Verkäufer dennoch, mit einem höher bietenden Käufer ins Geschäft zu kommen, steht es dem übergangenen Käufer zu, sofern er den früheren Zugang seines Angebotes beweisen kann,  Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

3. Die offre d’achat bei der Einschaltung eines Maklers

Im Falle der Einschaltung eines Maklers wird auf die Art der Beauftragung abgestellt:

Sofern eine Verkaufsvollmacht vorliegt, der Makler also berechtigt ist mit den Kaufinteressenten ins Geschäft zu kommen, so ist der Verkäufer wie im oben genannten Fall an die erste eingegangene „offre d´achat“ gebunden.

Ist der Makler hingegen nur „Mittelsmann“ und steht es dem Verkäufer zu zu entscheiden, mit welchem Käufer er verhandeln und den Verkauf abschließen möchte, so ist eine abgegebene „offre d´achat“ - auch zum aufgerufenen Preis - nicht bindend. Die Cour de Kassation hat seit 1975 in mehreren Entscheidungen immer wieder bestätigt, dass ein Maklervertrag  (auch ein Exklusivvertrag) den Makler nicht berechtigt die Immobilie im Namen des Verkäufers zu veräußern und den Kaufvertrag zu unterzeichnen. Deshalb gilt das Verkaufsangebot ist diesem Fall als nicht verpflichtend.

Die genauere Lektüre des Maklervertrages ist somit immens wichtig und keine Überraschungen bei mehreren Kaufangeboten zu erleben.

Ausführliche Informationen zur vertraglichen Gestaltung des Immobilienerwerbs in Frankreich finden Sie hier: Immobilienkaufvertrag Frankreich