Immoblien in der Scheidung

SZ-Interview mit Dr. Marko Oldenburger, Fachanwalt für Familienrecht bei ROSE & PARTNER

Veröffentlicht am: 13.12.2021
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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SZ-Interview mit Dr. Marko Oldenburger, Fachanwalt für Familienrecht bei ROSE & PARTNER

Am 11. Dezember 2021 erschien in der Süddeutschen Zeitung ein Interview mit Dr. Marko Oldenburger (Fachanwalt für Familienrecht und Scheidungsanwalt bei ROSE & PARTNER) zum Thema Immobilien und Scheidung. Auszüge aus dem Interview lesen Sie hier bei uns im Kanzlei-Blog:

SZ: Was passiert, wenn sich beide Parteien nicht über den Verbleib der Immobilie einigen können?

Oldenburger: Hier muss zunächst unterschieden werden, ob es sich um eine im Mit- oder Alleineigentum stehende Immobilien handelt oder eine gemietete. Die Folgen sind sehr unterschiedlich. Trennung und Scheidung führen jedoch nicht automatisch zu einer Auseinandersetzung der bestehenden Miteigentumsanteile. Eine Ehe kann geschieden werden - und die geschiedenen Ex Partner sind immer noch gemeinsam Eigentümer. Bei fehlenden Einigungsmöglichkeiten, es genügt, wenn ein Partner als Miteigentümer einer Übertragung oder Veräußerung widerspricht, verbleibt nur die sogenannte Teilungsversteigerung. Wirtschaftlich betrachtet kein empfehlenswerter Weg.

SZ: Welche Lösungsmöglichkeit bestehen, wenn das gemeinsame Eigentum entflochten werden soll?

Oldenburger: Eine Vielzahl. Gängig sind Übertragungen von Miteigentumsanteilen an den anderen Ehepartner oder freihändige Veräußerungen zum bestmöglichen Marktpreis. Abhängig von der Art des Immobilienvermögens kann zudem über eine Familienstiftung nachgedacht werden, letztlich sind auch erbrechtliche Verfügungen, beispielsweise an Kinder, möglich. Bei der Auseinandersetzung spielt der Zugewinn immer eine gewichtige Rolle. Die Eheleute müssen dazu eine Vermögensbilanz aufstellen und ihre Vermögenswerte bei Eheschließung und Ehescheidung saldierend gegenüberstellen. Das Immobilieneigentum ist hierbei nur ein Faktor. Steht ein Betrag zum Ausgleich von Zugewinn fest, kann dieser mit dem aufzuteilenden Kaufpreis oder dem Wertausgleich bei Übertragung auf einen Ehegatten verrechnet werden. Steuerliche Probleme können dabei entstehen, wenn die Immobilie nicht als Wohnimmobilie genutzt wurde.

SZ: Wie wird das finanziell berücksichtigt?

Oldenburger: Streit besteht regelmäßig über den Wert der Immobilie. Dabei können auch Arbeitsleistungen und Investitionen in der Ehezeit, die sich vermögenserhöhend niedergeschlagen haben, Bedeutung erlangen. Nach Auszug eines Ehepartners überschneiden sich dann zudem Fragen zur Berechnung von Unterhalt, Nutzungsentschädigung und Haftung von Gesamtschuldnern. Die Fortzahlung des Immobiliendarlehens durch einen Ehepartner führt zu einer unterhaltsrechtlichen Einbeziehung, mehrt auf der anderen Seite aber auch schleichend das Vermögen des anderen Ehepartners. Der nicht die Immobilie bewohnende Ehegatte kann von dem anderen eine Nutzungsentschädigung verlangen, die wertmäßig seinem hälftigen Miteigentumsanteil entspricht. Diese kann bei der Unterhaltsberechnung saldiert oder separat verfolgt werden. Neben der Nutzungsentschädigung kann aber auch eine hälftige Zahlungsverpflichtung im Innenverhältnis im Hinblick auf das Immobiliendarlehen bestehen. Da im deutschen Recht das Verbot der Doppelverwertung gilt, können so berücksichtigte Darlehen nicht noch einmal bei der Wertermittlung zur Berechnung von Zugewinnausgleichsansprüchen einbezogen werden.

SZ: Spielen die Banken immer bei der Haftungsentlassung mit?

Oldenburger: Nein. Die gesamtschuldnerische Haftung ist eine wichtige Sicherungsgrundlage für Banken. Wenn ein Ehepartner aus deren Schuldhaft entlassen werden soll, muss der andere Ehepartner häufig qualifizierte Ersatzsicherheiten stellen. Außerdem ist immer auch die Frage der Vorfälligkeitsentschädigung von Bedeutung und muss im Rahmen der Auseinandersetzung einkalkuliert werden.

SZ: Gibt es vertragliche Lösungen, die bereits vor dem Erwerb der Immobilie getroffen werden können?

Oldenburger: Eheleute können eine GbR gründen, wenn sie beispielsweise die Immobilie fremdvermieten wollen. Bewohnen Eheleute ihre Immobilie selbst, kann über ein Vorkaufsrecht oder eine Rückauflassungsvormerkung nachgedacht werden. Die Ermittlung des Wertes und der Ausgleichszahlung im Falle einer Trennung oder Scheidung kann vertraglich fixiert werden. Eheverträge bieten maßgeschneiderte Lösungen für emotional aufwühlende Zeiten und ersparen im Scheidungsfall erheblich Geld. Es fällt freilich schwer, in Anbetracht von Hochzeitsplanungen und Flitterwochen sachlich orientierte Lösungen für den Fall des Scheiterns der noch gar nicht begonnenen Ehe zu finden. Sich allerdings ohne schwarze Gedanken nur mit einem verklärten rosaroten Brillenblick in das Abenteuer Ehe zu stürzen, erscheint fahrlässig. Eheleute sollten Kenntnisse über die gesetzlichen Folgen einer Scheidung haben. Nur mit diesen können sie ihre eigenen Bedürfnisse und Interessen bewerten - und ehevertraglich fixieren.