Kleinanlegerschutzgesetz: Small-Cap bzw. Friends & Family-Finanzierungen

Aufsichtsrecht bietet auch weiter die Möglichkeiten Investorengelder onhe BaFin-Lizenz und Prospekt einzusammeln

Veröffentlicht am: 23.07.2015
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Auch nach Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes am 10. Juli 2015 können Unternehmen weiterhin ohne im Besitz einer Vollbanklizenz zu sein und ohne ein Prospekt veröffentlichen zu müssen, Investorengelder einsammeln. 

Im Wesentlichen bieten sich nach Änderung des Aufsichtsrechts vier Optionen an:

  1. Ausländische Investoren als ausschließliche Zielgruppe: § 1 Absatz 1  Vermögensanlagegesetz (VermAnlG) nimmt Vermögensanlage wie z.B. Nachrangdarlehen oder partiarische Darlehen vom Anwendungsbereich des VermAnlG aus, wenn diese im ausschließlich im Ausland angeboten werden. Über z.B. partiarische Darlehen könnten somit von einer beliebigen Zahl ausländischer Investoren ein beliebig hoher Geldbetrag aufgenommen werden.    
  2. „20er“ Investments: Ausweislich § 2 Abs. 1 Nr. 3 VermAnlG besteht keine Prospektpflicht, wenn das emittierende Unternehmen nicht mehr als 20 Anteile pro Vermögensanlage ausgibt; mit anderen Worten: nicht mehr als 20 Investoren aufnimmt. Zu beachten ist, dass das Gesetz einschränkend sagt: „von derselben Vermögensanlage im Sinne von § 1 Abs. 2“. Dies ist so zu verstehen, dass ein Unternehmen zum Beispiel maximal 20 Investoren über ein partiarisches Darlehen beteiligen könnte und weitere maximal 20 Investoren über ein Genussrecht und weitere maximal 20 Investoren über ein Nachrangdarlehen usw. Das Unternehmen könnte also die gesamte Palette der in § 1 Absatz 2 VermAnlG aufgezählten Finanzinstrumente bei der Einwerbung von Geldern verwenden. Das VermAnlG gibt keine betragsmäßige Grenze für den mittels eines „20er“ Investments einzuwerbenden Geldbetrag vor. Eine Finanzierung in Millionenhöhe ist daher möglich.
  3. Investments ab jeweils 200.000 Euro: Weiterhin privilegiert sind Einzelinvestitionen ab EUR 200.000,00. Hier wird vermutet, dass der Anleger eines solchen Betrages in der Regel gut informiert ist und daher nicht durch ein Prospekt geschützt werden muss. Hier kann eine beliebige Zahl an Investoren aufgenommen werden. Es wäre also möglich, 30 Investoren á 200.000 Euro im Rahmen eines partiarischen Darlehens prospektfrei einzuwerben. 
  4. Investments bis EUR 100.000 Euro: Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es auch prospektfrei möglich ist, mehr als 20 Anleger einzuwerben, deren Gesamtinvestment aber nicht 100.000 Euro in einem 12-Monatszeitraum übersteigen darf.    

Hintergrund

Das Kleinanlegerschutzgesetz soll das Aufsichtsrecht verbessern und den Verbraucherschutz stärken. Verluste von Kleinanlegern am Grauen Kapitalmarkt wie im Fall PROKON sollen damit verhindert werden. Welche Erschwernisse das Gesetz für die Unternehmensfinanzierung, vor allem für Startups mit sich bringt, bleibt abzuwarten.