Vorstandsvergütung in der Hand der Aktionäre?

ARUG II kommt voraussichtlich ab Januar 2020

Veröffentlicht am: 16.12.2019
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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ARUG II kommt voraussichtlich ab Januar 2020

Ein Beitrag von Dr. Ronny Jänig, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Das deutsche Aktienrecht wird bekanntermaßen zu einem nicht unerheblichen Teil durch europäische Richtlinien geformt. Aktuell schickt sich die zweite Aktionärsrechtsrichtlinie an, das Aktienrecht in Teilbereichen grundlegend zu ändern. Nachdem der Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrichtlinie (ARUG II) verabschiedet und der Bundesrat es durchgewunken hat, stehen voraussichtlich ab 01.01.2020 neue Reglungen den Aktiengesellschaften und Aktionären ins Haus.

Was bezweckt ARUG II?

Die Aktionärsrechtsrichtlinie bezweckt eine größere Beteiligung der Aktionäre am „Leben“ der börsennotierten Gesellschaft ab. Es gibt drei große Regelungsbereiche:

  1. Mitspracherechte der Aktionäre bei Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung („say-on-pay“) und
  2. Geschäfte der AG mit nahestehenden Unternehmen / Personen („related-party-transactions“),
  3. bessere Identifikation und Information von Aktionären („know-your-shareholder“)

Maximalvergütung des Vorstandes börsennotierter Gesellschaften

Insbesondere die Regelungen zum say-on-pay der Aktionäre zur Vorstandsvergütung bedeuten einen Wandel im Aktienrecht. Nicht verwunderlich ist, dass diese Regelungen im Gesetzgebungsverfahren besonders umstritten waren. Der nun verabschiedete Gesetzentwurf versucht einen Kompromiss:

  • Der Aufsichtsrat bleibt zuständig für Vergütung, say-on-pay der Aktionäre hat nur empfehlenden Charakter
  • NEU: Der Aufsichtsrat hat im Rahmen des Vergütungssystems zwingend Maximalvergütung festzusetzen. Der Aufsichtsrat kann Maximalvergütung getrennt nach Gruppen von Vorstandsmitgliedern, einheitlich oder gesondert für variable und fixe Vergütungsbestandteile oder für Gesamtvorstand oder jedes Mitglied gesondert festsetzen.
  • Die Hauptversammlung kann diese Maximalvergütung durch Beschluss herabsetzen. Der Beschluss hat keine Wirkung auf laufende Verträge und er bedarf der einfachen Mehrheit.
  • Der Aufsichtsrat kann von der Maximalvergütung und dem Herabsetzungsbeschluss der Hauptversammlung abweichen, wenn das langfristige Wohlergehen der Gesellschaft es notwendig macht.

Sonstiges zur Vorstandsvergütung

  • Die Hauptversammlung der börsennotierten Gesellschaft beschließt über die Billigung des vom Aufsichtsrat vorgelegten Vergütungssystems für die Vorstandsmitglieder sowie bei jeder wesentlichen Änderung des Vergütungssystems, mindestens jedoch alle 4 Jahre.
  • Die Vergütungsstruktur für den Vorstand ist nicht nur in zeitlicher Hinsicht „nachhaltig“ auszugestalten, sondern hat auch unter sozialen und ökologischen Gesichtspunkten nachhaltig zu sein.

Geschäften mit nahestehenden Unternehmen / Personen

Von der zweiten Aktionärsrichtlinie ist vorgesehen, dass Geschäfte mit sogenannten nahestehenden Unternehmen und Personen einem Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats unterliegen, wenn es sich um wesentliche Geschäfte handelt. Mit anderen Worten, der Vorstand muss vom Aufsichtsrat die Erlaubnis einholen, wenn er wesentliche Geschäfte mit ihm nahestehenden Personen abschließen möchte.

Wesentliche jüngste Änderung ist die Herabsetzung der Wesentlichkeitsschwelle. Der Schwellenwertwurde von 2,5% auf 1,5% der Summe aus Anlage- und Umlaufvermögen nach Maßgabe des zuletzt festgestellten Jahresabschlusses bzw. gebilligten Konzernabschlusses herabgesetzt.

Bessere Identifikation und Information von Aktionären

Die Regelungen zur Identifikation der Aktionäre und zu Informationspflichten von Intermediären sind nur in einem Punkt wesentlich geändert worden: So soll die Aktiengesellschaft nicht mehr zwingend die Kosten der Datenverarbeitung und -berichtigung der Intermediäre (§ 67e AktG-E) zu tragen haben. Die Beteiligten (Gesellschaft, Intermediär, Aktionäre) sollen durch vertragliche Vereinbarung die Kostentragung bestimmen.

Es bleibt abzuwarten, wie Aktionäre, Vorstände und Aufsichtsräte mit den neuen Regelungen, für die zum Teil längere Übergangsfristen gelten, umgehen werden. Dies gilt insbesondere für die öffentlichkeitsbedeutsame Vorstandsvergütung.