Das Testament für die Patchworkfamilie

Erbfolge, Berliner Testament, Musterformulierungen

Bei etwa 10 % der Familien in Deutschland handelt es sich um so genannte Patchworkfamilien bzw. Stieffamilien. Da das Erbrecht mit seiner gesetzliche Erbfolge bei nicht ausschließlich gemeinsamen Kindern häufig zu nicht gewollten Ergebnissen führt, ist für Patchworkfamilien eine Vorsorge für den Todesfall insbesondere durch ein Testament von großer Bedeutung.  In diesem Beitrag erhalten Sie alle wichtigen Infos für die Testamentserrichtung bei Patchwork- und Stieffamilien.

Anwaltliche Leistungen rund um das Testament für Patchworkfamilien

Die Schwerpunkte unserer anwaltlichen Leistungen rund um das Testament, insbesondere für Stieffamilien sind: 

  • Entwurf und Prüfung von Testamenten, insbesondere für Patchworkfamilien 
  • Steuerliche Optimierung letztwilliger Verfügungen
  • Anfechtung bzw. Durchsetzung von Testamenten im Erbfall 
  • Gutachterliche Stellungnahmen zu Einzelfragen letztwilliger Verfügungen

Für eine unverbindliche Mandatsanfrage kontaktieren Sie bitte direkt telefonisch oder per E-Mail einen unserer Ansprechpartner oder nutzen Sie das Kontaktformular am Ende dieser Seite.

Was ist eine Patchworkfamilie?

Unter einer Patchworkfamilie

wird eine um Dauer bemühte Lebensgemeinschaft verstanden, in die mindestens einer der Partner mindestens ein Kind aus einer früheren Partnerschaft mitbringt, wobei das Kind bzw. die Kinder zeitweise auch im Haushalt des jeweils zweiten leiblichen Elternteils leben kann bzw. können.

Die Definition der Patchworkfamilie ist sehr weit gefasst, es ist daher eine große Anzahl unterschiedlicher Konstellationen denkbar. Denkbar ist, dass nur eine Ehegatte oder beide Ehegatten Kinder aus vorherigen Partnerschaften mit in die Familie einbringen. Zusätzlich können die neuen Ehepartner auch gemeinsame Kinder haben. Unter Patchworkfamilie fallen auch nicht verheiratete Paare, welche zum Teil Kinder mit in die Beziehung bringen.

Brauchen wir als Patchworkfamilie zwingend ein Testament?

Die gesetzlichen Regelungen, die das deutsche Erbrecht vorsieht, sind in aller Regel nicht für Patchworkkonstellationen geeignet. Das liegt daran, dass keinerlei Sondervorschriften im Erbrecht existieren und bei Vorhandensein von Stiefkindern regelmäßig andere Bedürfnisse bei der Vermögenvorsorge bestehen. Zivilrechtlich besteht zwischen Steifkindern und Stiefeltern keinerlei Bindung.

Das führt dazu, dass es bei Stieffamilien, die kein Testament haben, vom reinen Zufall abhängt, wie sich das Vermögen im Todesfall verteilt.

Hierzu ein Beispiel:

M und F sind miteinander verheiratet und haben beide jeweils ein Kind aus einer vorherigen Beziehung mit in die Partnerschaft gebracht, nämlich F ihre Tochter T und M seinen Sohn S. Während F recht wohlhabend ist und ein Vermögen in Höhe von eine 1.000.000 Euro besitzt, hat M lediglich ein Vermögen in Höhe von 50.000 Euro.

Sofern F plötzlich verstirbt, erhalten nach gesetzlicher Erbfolge zunächst M und T jeweils 500.000 Euro. Wenn dann auch M verstirbt, erhält S dann von M 550.000 Euro. Insgesamt hat daher der Sohn F die Hälfte des Vermögens seiner Stiefmutter geerbt.

Sofern hingegen erst M und dann F verstirbt, erhält T insgesamt 1.025.000 Euro, während S nur 25.000 Euro erhält. Die Vermögensverteilung der beiden Ehegatten unter den nicht gemeinsamen Kindern hängt daher ohne ein Testament ganz entscheidend von dem Zufall ab, welcher Ehegatte zuerst stirbt. Diese Zufallsverteilung dürfte in der Regel nicht dem Willen auch nur eines Beteiligten entsprechen.

Neben dieser existiert eine Vielzahl von weiteren Konstellationen, bei welchen gerade bei Patchworkkonstellationen allein Zufälle darüber entscheiden, wie die Erbmasse im Todesfall verteilt wird.

Grundüberlegungen für Patchworkfamilien

Wer sich innerhalb einer Patchworkfamilie dazu entschlossen hat, durch ein Testament oder einen Erbvertrag den Todesfall vorzusorgen, muss in der Regel zunächst verschiedene Grundentscheidungen treffen. Zunächst sollten Ehegatten sich überlegen, ob sie bei einem plötzlichen Todesfall jeweils den überlebenden Ehegatten erst absichern wollen oder ob sie direkt auch die Kinder beerben möchten. Eine zunächst wechselseitige Absicherung macht zum Beispiel in aller Regel dann Sinn, wenn die Ehegatten eine gemeinsame Immobilie bewohnen und der überlebende Ehegatte auch nach dem Tod des anderen darin wohnen bleiben können soll. Auch wenn einer der Ehegatten nur geringes eigenes Vermögen hat, wird eine Bedürfnis nach gegenseitiger Absicherung nach dem ersten Todesfall bestehen.

Eine weitere Grundentscheidung, die Patchworkfamilien regelmäßig treffen müssen, ist, ob die Ehegatten alle Kinder, egal ob leiblich oder Stiefkind, gleich behandeln möchten oder ob jeder Ehegatten seine eigenen leiblichen Kinder bevorzugen bzw. allein bedenken möchte. Auch hier unterscheiden sich die Bedürfnisse erheblich. In Familien, in denen Stiefkinder bereits ab sehr jungem Alter aufwachsen und ggfls. von dem Stiefelternteil mit großgezogen werden, besteht nicht selten das Bedürfnis, dass Stiefeltern ihre Stiefkinder erbrechtlich wie eigene behandeln möchten. Für solche Familien eignet sich teilweise auch das klassische Berliner Testament. Wächst das Stiefkind aber zum Beispiel gar nicht in der Patchworkfamilie auf, weil es schon älter ist oder bei dem anderen Elternteil aufwächst, besteht häufig eine weniger enge Bindung und das Bedürfnis, dass das eigene Vermögens nur innerhalb der eigenen Stammlinie an die leiblichen Nachkommen vererbt wird.

Die wichtigsten Regelungspunkte beim Patchworktestament

a. Gegenseitige Absicherung

Sofern die Ehegatten das Bedürfnis haben, sich beim ersten Todesfall zunächst gegenseitig bis zum Tod abzusichern, setzen sich Ehegatten auch in Patchworkkonstellationen häufig zunächst gegenseitig zu ihren Alleinerben ein. Dies hat den Vorteil, dass sich der überlebende Ehegatte beim ersten Erbfall nicht schon mit den Kindern erbrechtlich auseinandersetzen muss, was regelmäßig zur Folge haben kann, dass zum Beispiel eine Immobilie im Nachlass verkauft werden muss.

Zur Absicherung des überlebenden Ehegatten ist allerdings auch denkbar, dass jeder Ehegatte seine Kinder zu Erben einsetzt und zugunsten seines überlebenden Ehegatten nur Vermächtnisse aussetzt. Hierdurch könnte zum Beispiel gesichert werden, dass der überlebende Ehegatten bis zu seinem Lebensende in der gemeinsam bewohnten Immobilie mietfrei wohnen bleiben kann.

Welche Lösung zu wählen ist, hängt wie immer von den individuellen Wünschen und Verhältnissen ab.

b. Erbeinsetzung der Kinder

Sofern der überlebende Ehegatten zunächst Erbe werden soll, werden die Kinder und Stiefkinder in der Regel zu Schlusserben eingesetzt, das heißt sie sollen dann Erbe werden, wenn auch der zweite Ehegatte verstorben ist. Für die konkrete Ausgestaltung des Testaments ist hier erforderlich, ob die Ehegatten alle (Stief-)Kinder gleich behandeln wollen oder ob jeder Ehegatte wünscht, dass sein Vermögen nur bei den jeweils Leiblichen landet. Sofern eine Trennung nach den Stammlinien gewünscht ist, ist regelmäßig erforderlich, dass der überlebende Ehegatte zunächst nur Vorerbe ist. Dies hat allerdings weitreichende rechtliche Folgen, die gut abgewogen werden müssen.

c. Pflichtteilsstrafklauseln

Gerade bei Patchworkfamilien sind Pflichtteilsansprüche der Kinder von besonderer Bedeutung. Sofern der leibliche Elternteil verstirbt und der überlebende Stiefelternteil zunächst Alleinerbe wird, stehen den leiblichen Kindern Pflichtteilsansprüche zu. Sofern diese dann von dem überlebenden Ehegatten eingefordert werden, sind Rechtsstreitigkeiten häufig vorprogrammiert. Zudem kann ein überlebender Ehegatte zum Beispiel zum Verkauf von Nachlassgegenständen gezwungen werden, sofern nicht ausreichend Barmittel zur Erfüllung der Pflichtteilsansprüche vorhanden sind. Bei Stieffamilien ist daher die Aufnahme einer Pflichtteilsstrafklausel von besonderer Bedeutung. Die genaue Ausgestaltung ist auch hier individuell.

d. Ex-Partner vom Vermögen fernhalten

Sofern der andere Elternteil eines nicht gemeinsamen Kindes noch lebt, sollte vorgesorgt werden, dass dieser andere Elternteil nicht Eingriffsbefugnisse in den Nachlass erhält. Diese Problematik kann insbesondere dann regelmäßig entstehen, sofern das Kind noch minderjährig ist oder auch im Falle eines vorzeitigen Versterben des Kindes. Durch klare und durchdachte Regelungen im Testament kann dies verhindert werden.

e. Vorsorge für minderjährige Kinder

Sofern Kinder noch minderjährig sind, sollten sich Eltern auch immer darüber Gedanken machen, was ist, sofern einer beide Partner plötzlich ums Leben kommen, solange ein Kind noch minderjährig ist. Wird dies versäumt und tritt der Katastrophenfall ein, kann dies zu ungewollten Folgen für den Nachlass und auch für das Wohl der Kinder kommen. Ehegatten sollten für den Fall des vorzeitigen Versterbens in diesem Fall eine Person im Testaments zum Vormund bestimmen und ggfls. zusätzlich Testamentsvollstreckung anordnen. Eine durchdachte Vorsorgeregelung kann hier viel Leid ersparen.

f. Bindungswirkung

Zu regeln ist auch immer, inwiefern die getroffenen Bestimmungen im Testament für den überlebenden Ehegatten bindend sein sollen. Derartige Regelungen sind gerade in Stieffamilien von herausragender Bedeutung. Sofern ein Erblasser zunächst seinen Ehegatten zu seinem Alleinerben einsetzt und sein eigenes leiblichen Kind dafür erst Schlusserbe sein soll, wird dieser Ehegatte ein erhebliches Interesse daran haben, dass der überlebende Ehegatte diese Schlusserbeinsetzungen nicht nachträglich noch aufheben kann. Dies sollte in einem guten Testament zwingend klargestellt werden.

Wie errichten wir unser Testament?

Grundsätzlich kann ein Testament handschriftlich oder beim Notar erstellt werden. Gemeinschaftlich können Partner aber nur dann ein Testament errichten, wenn sie auch verheiratet sind. Für nicht verheiratete Paare bleibt für eine gemeinsame Errichtung einer Verfügung von Todes wegen nur ein Erbvertrag. Dieser kann nur beim Notar errichtet werden.

Brauchen wir eine rechtliche Beratung?

Viele Erblasser fragen sich, ob sie für Ihr Testament ein Muster verwenden können oder ob sie sich für die Errichtung rechtlichen beraten lassen sollten. Teilweise kommt insbesondere die Frage auf, ob fertige Muster verwendet werden können.

In unserer erbrechtlichen Praxis erleben wir, dass eine Beratung vor Testamentserrichtung fast immer sinnvoll ist. Bei Patchworkkonstellationen gilt dies umso mehr, da die Regelungen zu gesetzlichen fast nie passend sind. Auch bei größeren Vermögenswerten ist eine Beratung fast immer sinnvoll, da durch gezielte Gestaltung häufig erhebliche Erbschaftsteuern gespart werden können. Eltern von minderjährigen Kindern sollten auch für das Kindeswohl eine vernünftige und durchdachte Vorsorge treffen.

Steuervorteile bei Patchworkfamilien nutzen

Ein Testament kann für eine Patchworkfamilie auch allein mit Blick auf drohende Erbschaftsteuern sehr sinnvoll sein. Auch wenn zivilrechtlich Stiefkinder und Stiefeltern rechtlich nicht miteinander verbunden sind, ist dies im Erbschaftsteuerrecht gerade nicht der Fall. Dieses sieht nämlich vor, dass Stiefkinder leiblichen Kindern gleichgestellt sind. Das hat zur Folge, dass auch Stiefkindern die hohen Freibeträge zustehen, sofern Sie etwas von dem Stiefelternteil erhalten. Diese Besonderheit sollte bei der Testamentsgestaltung immer im Blick behalten werden.

FAQ - Das Testament für die Patchworkfamilie

Mit einem Klick finden Sie sofort die Antwort auf die wichtigsten Fragen rund um das Testament in der Patchworkfamilie

Ist das Berliner Testament bei Patchworkfamilien geeignet?

Grundsätzlich eignet sich das klassische Berliner Testament häufig auch für Patchworkfamilien. Je nach Familiensituation und Lebensumständen sollten allerdings spezielle weitere Regelungen getroffen werden.

Wie ist die Erbfolge bei nicht gemeinsamen Kindern?

Die gesetzliche Erbfolge sieht grundsätzlich nur eine Bindung zwischen leiblichen Kindern und Eltern vor. Stiefkinder erben daher per Gesetz nichts. Sofern dies nicht gewollt ist, muss ein Testament errichtet werden.

Welches Testament brauchen Eheleute mit nicht gemeinsamen Kindern?

Sofern Eheleute auch nicht gemeinsame Kinder in die Ehe bringen, ist das Treffen von Vorsorgemaßnahmen zum Beispiel durch ein Testament von großer Bedeutung. Erblasser sollten sich klarmachen, dass ohne ein Testament bei einem plötzlichen Tod häufig Ergebnisse eintreten, welche erheblich davon abweichen, was gewollt und vernünftig ist. In der Regel sind individuelle Regelungen möglich. Starre Testamentsvorlagen eignen sich in der Regel bei Patchworkfamilien nicht.

So machen wir Erbrecht

Was wir unter einer guten Beratung im Erbrecht verstehen, wie wir das bei uns umsetzen und was Sie davon haben, erzählt Rechtsanwalt Bernfried Rose in diesem Video.

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