Die (Un)Würde des Anwalts

Stolpersteine auf dem Weg zu Ruhm und Reichtum

Veröffentlicht am: 01.12.2016
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Stolpersteine auf dem Weg zu Ruhm und Reichtum

Ein Beitrag von Bernfried Rose

Fette Karre, maximales Ansehen und eine Einladung zum Juristenball - wenn nicht gerade wieder die Sekretärin mit ihrem Minirock in der Geldzählmaschine hängen bleibt, hat der Anwalt den vielleicht schönsten Beruf der Welt.

Alles was Normalsterbliche von diesem Glück trennt sind zwei lächerliche Staatsexamen. Halt, nicht ganz! Wer von der örtlichen Kammer die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft begehrt, muss sich auch noch als "würdig" erweisen. Wer sich "eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen lässt, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben", wird nicht in den Club aufgenommen (§ 7 Nr. 5 BRAO).

"Am liebsten hätten Sie mich vergast"? - unwürdig!

Vor einigen Jahren erwischte es eine Juristin, die als Referendarin ein gestörtes Verhältnis zu ihrem ausbildenden Staatsanwalt hatte. Offenbar enttäuscht über dessen Benotung im Zeugnis schrieb sie ihm eine Email, in der es u.a. hieß:

"Sie sind ein provinzieller Staatsanwalt, der nie aus dem Kaff rausgekommen ist, in dem er versauert. Ihr Weltbild entspricht dem des typischen deutschen Staatsbürgers von 1940. Mit Ihrem Leben und Ihrer Person sind Sie so zufrieden wie das Loch vom Plumpsklo. Als Sie mich vor sich hatten, sind Sie vor Neid fast erblasst. Ich konnte Ihren Hass geradezu sinnlich wahrnehmen. Am liebsten hätten Sie mich vergast, aber das ist ja heute out."

Der Streit wurde - wie unter Juristen üblich - durch Strafanzeige, Verurteilung und Berufung aufgearbeitet. Das wichtigste Urteil über das Verhalten durfte aber Jahre später die Rechtsanwaltskammer Köln fällen: Keine Zulassung als Rechtsanwältin wegen Unwürdigkeit! Auch der daraufhin angerufene Anwaltsgerichtshof bescheinigte der Bewerberin aufgrund des Streits mit dem Staatsanwalt eine "für den Anwaltsberuf nicht tragbare" Persönlichkeit.

Eine bedenkliche Entscheidung. Schließlich war die Dame bei ihrem Fehlverhalten noch gar keine Anwältin, sondern noch in der Ausbildung. Und wo kommen solche Leute dann noch unter? Nicht jeder Querulant findet im Staatsdienst ein Plätzchen.

Ein Inder mit massiv gestörtem Verhältnis zu Recht und Gesetz

Auch Ausländer dürfen Mitglied in einer deutschen Rechtsanwaltskammer werden. Das begehrte ein im Ruhrgebiet lebender indischer Rechtsanwalt, der in seiner Heimat als "Advocate" zugelassen war. Ihm wurde jedoch sein Vorstrafenregister zum Verhängnis: Einschleusen von Ausländern, Missbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen, Vortäuschen einer Straftat und Verkehrsdelikt standen bei ihm zu Buche. 

Unwürdig für den Anwaltsberuf, befand die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf. Die Sache ging bis zum BGH und auch dort bescheinigte man dem Inder eine "unzureichende Einstellung gegenüber Strafrechtsnormen" und ein "massiv gestörtes Verhältnis zu Recht und Gesetz".

Kaste statt Qualifikation, Lebenserfahrung durch Straftaten

Der kulturelle Hintergrund des Antragstellers spielte bei den Erwägungen der Richter scheinbar keine Rolle. Schließlich entscheiden in dessen indischer Heimat häufig nicht Qualifikation und Würde über den Zugang zu einem Beruf, sondern Geschlecht, Kaste und Portemonnaie.

Und was ist eigentlich mit dem Gewinn an Lebenserfahrung und Authentizität aufgrund der Vorstrafen? Endlich mal ein Strafverteidiger, der wirklich sagen kann, er kenne die Sorgen seiner Mandanten.

Diese beiden humorfreien Entscheidungen aus Köln und Düsseldorf geben die Richtung vor: Die Anwaltschaft soll für immer ein elitärer Kreis braver Mitbürger bleiben.