Entwicklung der Zivilprozesse in Deutschland
Weniger Klagen, aber längere Verfahren?
Der Zivilprozess bedindet sich in einer Phase des Wandels. Einer Umfrage zufolge würden 57 % der Befragten ihre zivilrechtlichen Streitigkeiten außergerichtlich lösen. Dies zeichnet sich auch in den Verfahrenseingängen der Zivilgerichte ab. Nichtsdestotrotz nimmt die durchschnittliche Verfahrensdauer weiter zu.
Für die Durchsetzung privater Ansprüche zwischen Bürgern sowie Unternehmen spielt der Zivilprozess eine zentrale Rolle im deutschen Rechtssystem. Anders als im Strafverfahren stehen sich im Zivilprozess zwei gleichberechtigte Parteien gegenüber. Gegenstände des Verfahrens können dabei Vertragskonflikte, Schadensersatzforderungen oder auch Familienangelegenheiten sein. Obwohl der Zivilprozess eine Vielzahl unterschiedlicher Konflikte abdecken kann, verzeichnet Deutschland in den vergangenen Jahren einen deutlichen Rückgang bei den erhobenen Klagen.
Immer weniger Verfahren
Einen besonders hohen Verfahrensrückgang verzeichnet die erste Instanz des deutschen Zivilprozesses. Von 2009 bis 2019 verzeichnete das Landgericht 21 % und das Amtsgericht sogar 26 % weniger Verfahren. Zwischen 2022 und 2024 ist ein Rückgang von 44,5 % der Neueingänge vor den Zivilgerichten festzustellen.
Im Jahr 2023 wurden vor dem Amtsgericht insgesamt 364.056 Verfahren mit anwaltlicher Vertretung geführt. Die Streitparteien selbst haben instanzübergreifend weiterhin überwiegend ihren Sitz im Inland. Insoweit bleibt die internationale Prozessbeteiligung im deutschen Zivilprozess gering.
Auch bei den Berufungsverfahren zeigt sich ein klarer Rückgang. Im Vergleich zu 2022 legten 2024 12,7 % weniger Parteien Berufung vor dem Landgericht gegen ein berufungsfähiges Urteil ein. Die Berufungsrate vor den Oberlandesgerichten fiel 2024 sogar um 26, 3 %. Der Trend weg von den Berufungsgerichten dürfte auch mit den geringen Erfolgsaussichten zusammenhängen. Im Jahr 2024 endeten nur rund 14 % der Berufungsverfahren mit Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Entscheidungen.
Lange Verfahrensdauer
Ein immer wiederkehrendes Ärgernis im Zivilprozess ist die Verfahrensdauer. Im Jahr 2024 betrug die durchschnittlichen Verfahrensdauer bis zu einem streitigen Urteil 17,5 Monate vor dem Landgericht. 2023 waren es noch 16, 7 Monate.
Beim Amtsgericht hingegen verkürzte sich die durchschnittliche Verfahrensdauer um 1,1 Monate. Diese Beschleunigung schlägt sich allerdings nicht auf die Anzahl der anhängigen Verfahren durch. Während beim Amtsgericht Anfang 2023 388.136 Verfahren anhängig waren, waren es am Ende des Jahres schon 392.524. Das Landgericht konnte dagegen einen leichten Rückgang verzeichnen. So gelang es ihnen zum Ende des Jahres 1,1 % weniger anhängige Verfahren als zu Beginn aufzuweisen.
Klage ist nicht immer vermeidbar
Die vorliegenden Zahlen weisen darauf hin, dass immer mehr Streitparteien ihre Konflikte außergerichtlich lösen. Dies zeigt auch eine Studie des Bundesjustizministeriums aus dem Jahr 2024. 57 % von 7.500 befragten Privatpersonen gaben an, ihre zivilrechtlichen Streitigkeiten der vergangenen Jahre durch Entgegenkommen, Kulanz der Gegenseite oder einvernehmliche Lösungen beigelegt zu haben.
Nichtsdestotrotz kann mit dem Zustandekommen einvernehmlicher Lösungen nicht in jedem Fall gerechnet werden. Insbesondere wenn erhebliche wirtschaftliche Interesse berührt sind, lässt sich der Klageweg nur selten vermeiden. Dies wird gerade bei unternehmensbezogenen Streitigkeiten regelmäßig der Fall sein.
Weitere Informationen hierzu finden Sie im Folgenden:
- Klage im Gesellschaftsrecht:
- Klage gegen Hauptversammlungsbeschluss
- Klage gegen Gesellschafterbeschluss
- Klage gegen Geschäftsführer
- Klage gegen die GmbH
- Klage im Erbrecht:
- Klage im Maklerrecht
- Klage im Markenrecht
- Klage im Urheberrecht
- Klage im Wettbewerbsrecht
- Klage im IT-Recht
- Kündigungsschutzklage im Arbeitsrecht
- Klage gegen Steuerbescheid