Earn-Out-Klauseln beim Unternehmenskauf

Einigungsbeschleuniger vor Signing und Zankapfel nach Closing

Veröffentlicht am: 17.01.2017
Qualifikation: Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht in Hamburg
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Eine variable Kaufpreisanpassung durch „earn-out“-Klauseln kann helfen, unterschiedliche Preisvorstellungen von Verkäufer und Käufer bei einem Unternehmenskauf miteinander zu versöhnen. Ein Teil des Gesamtkaufpreises wird durch eine solche Klausel variabel, d.h. der Gesamtkaufpreis setzt sich aus einem festen Basiskaufpreis und einem variablen Bestandteil zusammen, der aber erst noch „verdient“ werden muss und bei Misserfolg entsprechend ersatzlos wegfällt.

Beispiel: Der veräußernde Gesellschafter-Geschäftsführer soll auch nach Abtretung der Geschäftsanteile an Bord bleiben und das Unternehmen weiter steuern. Einen Teil des Kaufpreises enthält er nur, wenn das Unternehmen innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens bestimmte wirtschaftliche Meilensteine erreicht.

Der Käufer zahlt also nur dann den Aufschlag, wenn seine wirtschaftlichen Erwartungen auch tatsächlich erfüllt werden. Es stellt sich natürlich die Frage, was im Einzelfall der Referenzrahmen für die Ermittlung des wirtschaftlichen Erfolgs ist. Hier ist vieles möglich. So kann an Umsatz, Rohertrag, EBIT, EBITDA oder Jahresüberschuss aber auch an die Anzahl neu gewonnener Kunden oder Produktionsstückzahlen angeknüpft werden.

Es ist überaus wichtig, dass ein detaillierter Mechanismus zur Berechnung, Überprüfung sowie zur Streitbeilegung bei Meinungsverschiedenheiten über das Eintreten oder Nicht-Eintreten des Earn-Out Falls vereinbart wird. Bei Meinungsverschiedenheiten kann eine bindende Entscheidung durch einen Schiedsgutachter (etwa einen Wirtschaftsprüfer) hilfreich sein und langwierige Streitigkeiten zu vermeiden.

Earn-Out – gut für den Käufer…

Earn-Out-Klauseln dienen in erster Linie dem Käufer. Er wälzt sein wirtschaftliches Risiko als neuer Unternehmensinhaber ein Stück weit auf den Verkäufer ab und erhält zudem einen Stundungseffekt.

Earn-Out-Klauseln bieten dem Käufer ferner die Möglichkeit einer Stundung des Kaufpreises, da zumindest ein Teil des Kaufpreises erst zu einem späteren Zeitpunkt gezahlt werden muss. Außerdem wirken sich Earn-Out-Klauseln positiv auf die Finanzierung des Käufers aus. Mit Hilfe der variablen Kaufpreisbestandteile kann der Käufer den Kaufpreis nämlich aus den laufenden Gewinnen des Unternehmens finanzieren.

Earn-Out-Klauseln sind aus Käufersicht insbesondere empfehlenswert beim Erwerb von Unternehmen, bei denen die zukünftige Ertragsentwicklung schwer einzuschätzen ist. Dies ist angezeigt bei start-ups aber auch etablierten Unternehmen, wenn der bisherige wirtschaftliche Erfolg stark von einzelnen Personen abhängig war.

… nicht so gut für den Verkäufer

Aus Verkäufersicht dagegen bringt ein Earn-Out zahlreiche kaum oder nicht steuerbare Risiken mit sich. Der Verkäufer trägt wirtschaftliches Risiko, obwohl er nicht mehr Gesellschafter oder nur noch Minderheitsgesellschafter ist. Überdies ist er gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen (z.B. Verschmelzung auf andere, verlustbringende, Gesellschaft) schutzlos ausgeliefert. Sein Verhandlungsziel muss es daher sein, sich Einflussnahmemöglichkeiten und jedenfalls weitgehende Informationsrechte ausbedingen, so dass etwaigen Manipulationen des Käufers entgegen getreten werden kann.  

Restrisiken für den Verkäufer lassen sich aber auch bei Ver­einbarung detaillierter Klauseln nicht vollständig ausschließen. Ein Verkäufer sollte ein Earn-Out Modell grundsätzlich mit Vorsicht betrachten. Sollte er schließlich doch Verhandlungen bezüglich eines Earn-Out beginnen, so muss an diesem Punkt besonders hart verhandelt werden, anderenfalls droht der erhoffte „Extra-Kaufpreis“ zu einer Luftnummer zu werden, die am Ende durch im Streitfall entstehende Anwaltskosten sogar Einbußen mit sich bringt.