Einkommensteuer bei Grundstücksübertragung

Übertragung vor Ablauf der Spekulationsfrist

Spekulationssteuer bei Immobilienübertragung: Was gilt, wenn Eltern eine Immobilie an ihr Kind übertragen – insbesondere innerhalb der Zehnjahresfrist?

Veröffentlicht am: 23.07.2025
Qualifikation: Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Werden Grundstücke zwischen Familienmitgliedern übertragen, muss man sich früher oder später mit der Frage nach der Steuerpflicht auseinandersetzen. Der Bundesfinanzhof hat in diesem Zusammenhang vor kurzem darüber entschieden, ob die Grundstücksübertragung eines Vaters an dessen Tochter ertragsteuerpflichtig war und somit der Veräußerungsgewinn im konkreten Fall versteuert werden muss (BFH, Urteil vom 11.03.2025 – IX R 17/24).

Grundstücksübertragung von Vater auf Tochter

Im zu entscheidenden Fall hat der Vater 2019 ein Grundstück auf seine Tochter übertragen. Im Jahr 2014 hatte der Vater das betroffene Grundstück erst zu einem Kaufpreis von 143.950 EUR gekauft und dabei teilweise fremdfinanziert. Die Grundstücksübertragung erfolgte damit weniger als 10 Jahre nach Anschaffung des Grundstücks durch den Vater.

Zum Übertragungszeitpunkt hatte das Grundstück einen Wert von etwa 210.000 EUR. Im Zuge der Übertragung hatte die Tochter neben dem Grundstück auch die Schuldenlast in Höhe der noch bestehenden Verbindlichkeiten von 115.000 EUR zu übernehmen.

Differenzierte Besteuerung der teilentgeltlichen Übertragung

Das zuständige Finanzamt hat die Grundstücksübertragung – ausgehend vom Verkehrswert zum Übertragungszeitpunkt – in zwei Vorgänge aufgeteilt und nach im Verhältnis der tatsächlichen Gegenleistung zur Höhe des Verkehrswerts entgeltlichem und übrigen unentgeltlichem Teil differenziert. Die Gegenleistung liegt dabei in der Schuldübernahme durch die Tochter.

Den Grundstücksteil, der unter Übernahme der Verbindlichkeiten entgeltlich auf die Tochter übertragen wurde, qualifizierte die Finanzbehörde im Rahmen des Übertragungsvorgangs als privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, das zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn führe. Nach Berücksichtigung des Verkehrswertes in Höhe von 210.000 EUR und den zu übernehmenden Verbindlichkeiten in Höhe von 115.000 EUR seien 54,76 % des Vorgangs entgeltlich.

Es wurde ein entsprechender Einkommensteuerbescheid festgesetzt.

Wann ist Grundstücksübertragung privates Veräußerungsgeschäft?

Bei einer Grundstücksübertragung innerhalb von zehn Jahren nach dem Kauf einer Immobilie – bei der unter anderem auch sämtliche der auf dem Grundstück lastenden Schulden auf den neuen Immobilieneigentümer übergehen –, spricht man von einem privaten Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Dieses ist grundsätzlich steuerpflichtig.

Ein solches steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft liegt den Richtern des BFH zufolge in der vorliegenden Konstellation auch vor, denn die Grundstücksübertragung erfolgte noch vor dem Ablauf der Spekulationsfrist von 10 Jahren.

Im Ergebnis hat der Bundesfinanzhof den vom Finanzamt erlassenen Einkommensteuerbescheid bestätigt. In Fällen, die ähnlich gelagert sind wie der vorliegende, in denen zusätzlich zu einem Wirtschaftsgut die damit einhergehenden Verbindlichkeiten übertragen werden, ist regelmäßig eine Beurteilung als teilentgeltlicher Vorgang vorzunehmen. Das heißt, der Übertragungsvorgang wird unterschieden in einen entgeltlichen sowie einen unentgeltlichen Teil.

BFH-Richter weisen Argumente des Finanzgerichts zurück

Das Niedersächsische Finanzgericht hatte in der Vorinstanz fürs uns Rechtsanwälte und Steuerberater durchaus überraschend noch das Argument vorgebracht, dass eine Grundstücksübertragung ohne realisierten Wertzuwachs sowie unterhalb der Anschaffungskosten nicht den Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäfts gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG erfüllen könne. 

Die Richter des BFH wiesen diese Argumentation auch unter Berücksichtigung einer möglichen teleologischen Reduktion sowie vermeintlicher Doppelbesteuerung mit Schenkungsteuer zurück.

BFH: Entgeltlicher Teil der Grundstücksübertragung steuerpflichtig

Im Ergebnis steht fest: Grundstücke, die innerhalb der Spekulationsfrist – also noch innerhalb von 10 Jahren nach Anschaffung des Grundstücks – teilentgeltlich übertragen werden, sind in Bezug auf den entgeltlichen Teil als privates Veräußerungsgeschäft mit Veräußerungsgewinn im Rahmen der Einkommensteuer zu versteuern.

Auch bei vermeintlich unentgeltlicher Grundstücksübertragung, zum Beispiel im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge, kann bereits durch Schuldübernahme des Grundstücksempfängers ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn ausgelöst werden – vorausgesetzt, die Grundstücksübertragung erfolgt innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist.

 

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