Gut spekuliert!

Kein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn trotz Vermietung 

Veröffentlicht am: 30.03.2020
Qualifikation: Rechtsanwalt in Hamburg
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Der private Erwerb einer Immobilie ist häufig auf eine gewisse Dauer angelegt. Gerade in der Zeit der Niedrigzinsen und steigenden Immobilienpreise wird aber doch der ein oder andere mit dem Gedanken spielen, seinen Grundbesitz wieder zu veräußern – idealerweise mit Gewinn.

Nicht zu vernachlässigen ist im Zusammenhang von Immobilien und Steuern die im Einkommensteuerrecht verankerte Spekulationsteuer, die bei Veräußerungen, die innerhalb von 10 Jahren nach Erwerb der Immobilie erfolgen, eingreift. Der Bundesfinanzgerichtshof (BFH) setzte sich in einer aktuellen Entscheidung mit dieser für viele verkaufswillige Grundbesitzer relevanten Steuer auseinander (Urteil vom 03.09.2019 - IX R 10/19).

Eigentumswohnung innerhalb von 8 Jahren wieder veräußert

Der Entscheidung des BFH lag ein Fall zugrunde, in dem der spätere Kläger eine Eigentumswohnung, die er 2006 erworben hatte, Ende 2014 wieder veräußerte. Die Immobilie stand mithin circa 8 Jahre in seinem Privateigentum.

Im Steuerrecht ist nach § 23 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) der Veräußerungsgewinn (Veräußerungserlös abzüglich Anschaffungskosten) bei privaten Veräußerungsgeschäften zu versteuern, sofern der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.

Diese Vorschrift lässt allerdings Ausnahmen zu, wenn  das Wirtschaftsgut im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken selbst genutzt wurde. Der Kläger berief sich auf die zweite Ausnahmevariante, da er die Wohnung seit ihrem Erwerb durchgängig selbst nutzte und lediglich von Mai bis Dezember 2014 kurzzeitig vermietete.

Finanzamt bittet zur Kasse

Das Finanzamt sah das anders. Der Kläger sollte den angefallenen Spekulationsgewinn versteuern. Er habe weder die 10-Jahres-Frist eingehalten, noch würden für ihn die Ausnahmetatbestände gelten, da er die Wohnung vor Veräußerung vermietet hatte.

Er habe somit weder durchgängig zwischen Anschaffung und Veräußerung noch in den letzten zwei Jahren vor Veräußerung die Wohnung selbst genutzt. Hiergegen wandte sich der Steuerpflichtige auf dem Klageweg – mit Erfolg!

Machtwort des BFH

In letzter Instanz gab der BFH dem Kläger Recht. Richtig sei zwar, dass grundsätzlich der Veräußerungsgewinn bei einer Veräußerung, die weniger als 10 Jahre nach dem Erwerb liegt, anfällt. Vorliegend sei jedoch ein Ausnahmetatbestand erfüllt.

Der BFH erläuterte weiter, dass der Kläger zwar nicht durchgängig die Wohnung selbst genutzt habe, da er sie vor der Veräußerung noch ein knappes halbes Jahr vermietete, jedoch läge die zweite Ausnahmealternative vor, da der Kläger die Wohnung im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe.

Der BFH argumentierte mit dem Wortlaut und stellte klar, dass hierunter nicht zu verstehen sei, dass eine steuerpflichtige Person, volle drei Jahre vor der Veräußerung die Immobilie genutzt habe, sondern dass - eng am Wortlaut – die zusammenhängende Nutzung zu eigenen Wohnzwecken innerhalb der letzten drei Kalenderjahre erfolgt sein müsse, so dass letztlich auch im Extremfall ausreiche, wenn eine zusammenhängende Nutzung zu eigenen Wohnzwecken von einem Jahr und zwei Tagen vorliegt. Im konkreten Fall hätte somit sogar eine Eigennutzung vom 31. Dezember 2012 bis zum 1. Januar 2014 gereicht. Die für den außerhalb dieser Frist liegende Vermietung sah der BFH als unschädlich an.

Steuerfalle Immobilienveräußerung

Auch wenn der Steuerpflichtige vorliegend letztlich Recht behalten hat und keine Steuern auf seinen Veräußerungsgewinn zahlen musste, zeigt sich auch an diesem Beispiel, dass gerade beim Immobilienkauf vorab gründlich geprüft werden sollte, ob hierdurch ein Steuertatbestand ausgelöst wird.

Bei Grundbesitz, der unentgeltlich erworben wurde (etwa durch Schenkung oder Erbschaft) wird dem Veräußerer übrigens der Anschaffungszeitpunkt desjenigen, der das letzte entgeltliche Geschäft durchgeführt hat, zugerechnet (sogenannte „Fußstapfentheorie“). Gerade bei ererbtem Grundbesitz kann sich hierdurch eine erhebliche Erleichterung ergeben, etwa bei Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft. Aufpassen muss der potentielle Veräußerer bei Immobilientransaktionen auch darauf, dass er hierdurch keinen gewerblichen Grundstückshandel betreibt, der dann wiederum Gewerbesteuer auslösen würde.