Junges, dynamisches, diskriminierendes Team

Wann ist eine Stellenbeschreibung eine AGG-Diskriminierung der Arbeitnehmer wegen des Alters?

Veröffentlicht am: 28.02.2017
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Mit der zunehmenden Alterung unserer Gesellschaft nehmen vor den Arbeitsgerichten auch die Klagen der Arbeitnehmer und Bewerber wegen Altersdiskriminierung zu.

Das Bundesarbeitsgericht entscheidet nun endlich zu der lange umstrittenen Klausel „jung und dynamisch“.

Was heißt eigentlich jung?

Das Bundesarbeitsgericht hat vergangene Woche entschieden, dass die Bezeichnung des sozialen Umfelds am Arbeitsplatz als „jung und dynamisch“ ein Indiz für eine Diskriminierung wegen Alters sein kann.  

Geklagt hatte ein fünfzigjähriger Betriebswirt aus Rheinland-Pfalz. Er bewarb sich 2011 bei einer Personalberatungsfirma auf die Position eines „Junior-Consultant“. In der Stellenausschreibung wurde unter anderem beschrieben, die Tätigkeit werde „in einem jungen dynamischen Team“ erfolgen. Nachdem das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz die Klage zurückgewiesen hatte, gab nun das Bundesarbeitsgericht der Revision des Klägers Recht.  

Neue Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts

Der Angabe, dass die Arbeit in einem jungen und dynamischen Team erfolge, habe nicht nur die Aussage, dass das restliche Team jung sei, sondern dass ebenfalls ein junger Bewerber für die Stelle gesucht werde, so die Richter. Andernfalls habe die Aussage in der Stellenbeschreibung keine Bedeutung für die Bewerber. So aber sei die Ausschreibung unmittelbar diskriminierend. Auch die Eigenschaft „dynamisch“ werde traditionell jüngeren Arbeitnehmern zugeschrieben. Sogar in dem Begriff „Junior-Consultant“ sehen die Richter Potential für eine mittelbare Benachteiligung.  

Indizienwirkung im Anti-Diskriminierungsgesetz

Nach § 22 des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG) tritt bei Vorliegen solcher Indizien eine Beweislastumkehr ein. Es wird vermutet, dass die Bewerbung aus diskriminierenden Gründen abgelehnt wurde.  

Der Arbeitgeber muss dann beweisen, dass dies nicht der Fall ist. Er muss den vollen Gegenbeweis führen, dass der Bewerber beispielsweise nicht hinreichend qualifiziert war oder dass seine Bewerbung aus sonstigen legitimen Gründen nicht berücksichtigt wurde, etwa wegen verspäteten Eingangs. Allerdings müssen die fachlichen Anforderungen an die Bewerber aus der Stellenausschreibung hervorgehen.  

Ausnahmsweise gerechtfertigte Diskriminierung

Gelingt dem Arbeitgeber dieser Beweis nicht, gibt es eine Reihe ausnahmsweise zulässiger Altersbenachteiligungen. Dies ist etwa der Fall, wenn der Job nur durch Bewerber eines bestimmten Alters angemessen wahrgenommen werden kann, etwa weil eine gewisse Berufserfahrung nötig ist oder weil  benachteiligte Gruppen positiv diskriminiert, also bevorteilt werden dürfen. Auch hier trägt der Arbeitgeber allerdings die volle Beweislast.  

Schadenersatz für Arbeitnehmer

Bleibt der Arbeitgeber solche Gegenbeweise schuldig, haftet er dem Bewerber grundsätzlich auf Schadenersatz. Dies gilt allerdings nur, sofern nicht der Bewerber sich subjektiv ausschließlich zum „Einstreichen“ von Schadenersatz gegen Treu und Glauben beworben hat, sondern auch objektiv ernsthaft für die ausgeschriebene Stelle in Betracht kommen konnte.  

Die Höchstgrenze des Entschädigungsanspruchs beträgt für Bewerber drei Monatsgehälter.

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