Kindesentführung aus Dänemark
Sorgerechtsstreit landet beim Strafgericht
Die Entziehung minderjähriger Kinder durch den Vater oder die Mutter hat regelmäßig sowohl familienrechtliche als auch strafrechtliche Folgen.
Am 11. Juli begann vor dem Hamburger Landgericht der Strafprozess gegen Christina Block. Der Block House-Erbin und Unternehmerin wird vorgeworfen, die Entführung zwei ihrer Kinder beauftragt zu haben. Damit wird nun die strafrechtliche Seite des Streits der Eltern um das Sorgerecht aufgearbeitet.
Zuvor waren bereits Familiengerichte in Deutschland und Dänemark und sogar das Bundesverfassungsgericht mit dem Fall befasst.
Gewaltsame Entführung in der Silvesternacht
Zum Jahreswechsel 2023/2024 wurden laut Anklage der Staatsanwaltschaft zwei der gemeinsamen Kinder von Christina Block und ihrem geschiedenen Ehemann Stephan Hensel in Dänemark gekidnappt. Mehrere Männer hätten dem Vater und den Kindern aufgelauert und den Vater zusammengeschlagen. Die Kinder seien gewaltsam mit Klebeband vor dem Mund und gefesselten Händen im Auto zunächst nach Süddeutschland gebracht worden. Dort holte ihre Mutter sie ab und brachte sie nach Hamburg.
Christina Block – so die Anklage – soll die Kindesentführung beauftragt haben und sich der schweren Entziehung Minderjähriger in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung strafbar gemacht haben.
Die Rechtsanwälte der Block House-Erbin verwiesen zur Verteidigung unter anderem auch auf die familienrechtliche Situation, da der Vater die Kinder widerrechtlich nach Dänemark verbracht hatte und die Familiengerichte in Deutschland Christina Block zunächst das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht, einen Teilbereich des Sorgerechts, zugesprochen hatten.
Die familienrechtliche Vorgeschichte
Christina Block hat mit ihrem Ex-Mann Stephan Hensel vier gemeinsame Kinder. Nach der Trennung 2014 und der Scheidung der Eltern 2018 lebten alle vier zunächst bei der Mutter. Die Besuche beim Vater wurden seit 2015 durch eine Umgangsregelung bestimmt. Im Juli 2021 zog die älteste Tochter im Einvernehmen mit Christina Block zu ihrem Vater nach Dänemark. Die beiden jüngsten Kinder kehrten nach einem Besuch beim Vater im August 2021 nicht mehr zur Mutter nach Deutschland zurück. Als Grund dafür, die Kinder nicht mehr zurückzubringen, gab Stephan Hensel an, die Mutter verhalte sich kindeswohlgefährdend. Daraufhin beantragte Christina Block erfolgreich beim OLG Hamburg das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden Kinder und das Gericht verpflichtete den Vater zur Herausgabe der Kinder an die Mutter.
Die Vollstreckung dieser Entscheidung scheiterte jedoch mutmaßlich daran, dass Dänemark als einziges EU-Land Sorgerechtsentscheidungen anderer Mitgliedstaaten nicht automatisch anerkennt und vollstreckt und ein dortiges Amtsgericht wohl die Anerkennung und Vollstreckung der deutschen Entscheidung für unzulässig erklärte.
Christina Block bemühte sodann 2022 ein dänisches Familiengericht, um die Rückführung ihrer Kinder nach dem dänischen Kindesentführungsgesetz (DKG) zu erreichen, welches im Wesentlichen mit dem Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ) gleichläuft. Hier wird im Gegensatz zu Sorgerechtsverfahren zunächst lediglich über die Rückführung widerrechtlich ins Ausland verbrachter, oder dort zurückgehaltener Kinder, entschieden. Eine sorgerechtliche Komponente ist nicht enthalten, denn für das Sorgerecht bleiben zunächst die Gerichte des Herkunftsstaates zuständig, so dass Sorgerecht und HKÜ (bzw. DKG) durchaus parallel zum Ziel führen können.
Auch dieser Versuch scheiterte durch eine negative Entscheidung im Februar 2023.
Sobald jedoch einige Zeit vergeht, die Kinder sozial integriert sind und sich eine Zeit lang in dem anderen Land aufhalten, kann es unter Umständen dazu kommen, dass auch die familiengerichtliche Zuständigkeit im Bereich Sorgerecht auf die Gerichte dieses Staates übergeht. So scheint es auch im Fall Block gewesen zu sein.
In Dänemark wurde dem Vater inzwischen das alleinige Sorgerecht zugesprochen, Christina Block wurde zudem das Umgangsrecht entzogen. Die deutschen Familiengerichte halten sich nicht mehr für zuständig, da die Kinder sich in Dänemark eingelebt hätten und ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort mittlerweile dort hätten.
Diese Auffassung griff Christina Block von deutscher Seite zuletzt mit einer Verfassungsbeschwerde an. Doch auch das Bundesverfassungsgericht konnte das Blatt für die Mutter nicht wenden. Insbesondere sahen die Richter in Karlsruhe in den Entscheidungen der Familiengerichte keine Verletzung des elterlichen Sorgerechts der Mutter (BVerfG, Beschluss vom 9. April 2025 – 1 BvR 1618/24).
Parallel wurde auch noch das Steakhouse-Oberhaupt Eugen Block aktiv. Der damals 83-Jährige hatte sich ebenfalls vergeblich um eine Umgangsregelung mit seinen Enkeln bemüht und sich in einem emotionalen Brief auch an die Öffentlichkeit gewandt.
Schnelles Handeln bei Kindesentziehung geboten
Der Fall Block zeigt nicht nur die rechtliche Komplexität internationaler Kindesentführungen und das Zusammenspiel verschiedener Rechtsinstrumente. Er ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig für die Betroffenen eine schnelle Reaktion ist. Betroffene Eltern sollten sich möglichst zeitnah an auf internationales Familienrecht spezialisierte Anwälte wenden, so dass schnell die entsprechenden Anträge gestellt werden können.
Zudem stellen die jeweiligen Zentralbehörden der Mitgliedsstaaten des HKÜ sowie auf Mediation in internationalen Sorgerechtsfällen spezialisierte Institutionen geeignete erste Anlaufstellen dar.