Nießbrauch im französischen Recht

Steuerliche Auswirkungen beachten

Veröffentlicht am: 02.12.2021
Qualifikation: Rechtsanwalt und Mediator
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Steuerliche Auswirkungen beachten

Oft wird im Familienverbund über die Übertragung von Immobilien auf die nächste Generation nachgedacht. Dabei stehen regelmäßig, neben dem Erhalt der Familienimmobilie auch steuerliche Überlegungen im Vordergrund. Eine in Frankreich sehr verbreitete Möglichkeit der Übertragung mit Steuerersparnis stellt die schenkungsweise Übereignung einer Immobilie mit Nießbrauchvorbehalt dar. Das französische Finanzamt schaut allerdings ganz genau zu.

Was bedeutet Übertragung unter Nießbrauchvorbehalt genau?

Einem Eigentümer ist es möglich nur einen Teil seines Eigentums zu übertragen. Er übereignet das nackte Eigentum und behält sich den Nießbrauch, den sogenannten „Usufruit“ vor.

Die ältere, schenkende Generation, meistens die Eltern, behalten sich das Recht vor, die Immobilie zu nutzen. Sie können diese selbst bewohnen aber auch vermieten oder verpachten. Die Mieteinkünfte stehen den Nießbrauchberechtigten allein zu. Er ist allerdings auch gehalten, die Immobilie pfleglich zu behandeln und für Reparaturen aufzukommen (ausgenommen sind größere Reparaturen am Dach oder an der Substanz des Gebäudes die dem Eigentümer obliegen).

Demgegenüber erhalten die Kinder das „nackte Eigentum“ an der Immobilie. Sie sind quasi Eigentümer des Gebäudes ohne aber dieses nutzen zu dürfen. Insoweit unterscheidet sich das französische Recht nicht wesentlich vom deutschen Recht.

Eine Besonderheit für den überlebenden Ehegatten: Dank einer sogenannten „clause de réversion“ wird in der Regel im Rahmen der Schenkungsurkunde festgelegt, dass bei dem Versterben des einen Ehegatten der überlebende Ehegatte sein Nießbrauch übertragen bekommt. Damit wird gewährleistet, dass der überlebende Ehegatte einen uneingeschränkten und vollständigen Nutzungsanspruch der Immobilie behält und dies bis zu seinem Tod. Erst dann erlischt der Nießbrauch und der nackte Eigentümer wird Volleigentümer.

Welchen steuerlichen Vorteil hat der Nießbrauchvorbehalt?

Bei einer Übertragung unter Nießbrauchvorbehalt wird für die Berechnung der Schenkungssteuer nur der Wert des „nackten Eigentums“ herangezogen. Beim Tod des Schenkenden vereinen sich in der Regel automatisch Nießbrauch und nacktes Eigentum ohne einen steuerlichen Vorgang auszulösen. Der Nießbrauch geht somit steuerfrei auf die nächste Generation über und diese erhält das volle Eigentum.

Wichtige Ausnahme: verstirbt der Schenkende innerhalb von drei Monaten nach der Schenkung wird die Immobilie wertmäßig im Ganzen dem Nachlass zugerechnet. Der Steuervorteil entfällt.

Die steuerliche Vermutung des Art 751 des französischen Steuergesetzes als Hebel des Finanzamtes.

Das französische Steuerrecht enthält in Art. 751 seines Steuergesetzbuches eine Vermutung hinsichtlich des steuerlichen Eigentums einer Immobilie im Nachlassfall die dem Finanzamt zugutekommt.

Das französische Steuerrecht stellt klar, dass der verstorbene Nießbrauchberechtigte bis zur Erbringung eines Gegenbeweises steuerlich als Eigentümer der verschenkten Immobilie zu betrachten ist und zwar insbesondere dann, wenn der Nießbrauch dem Verstorbenen und das nackte Eigentum insbesondere seinen Erben oder deren Nachfahren oder seinen Beschenkten zustand.

Ohne Gegenbeweis wir eine Immobilie mit Nießbrauch und nacktem Eigentum als Ganzes der Aktiva des Nachlasses zugeordnet. Das Finanzamt will mit diesem Instrument erreichen, dass die Immobilie mit ihrem Gesamtwert in den Nachlass fällt und einer Erbschaftsteuer unterliegt.

Ausnahme der steuerlichen Vermutung:

Die gesetzliche Vermutung des Art. 751 greift allerdings in zwei Fällen nicht:

  1. wenn die urkundlich belegte Schenkung des nackten Eigentums der Immobilie mehr als drei Monate vor dem Tod der verstorbenen Nießbrauchberechtigten erfolgte
  2. wenn das Auseinanderfallen von Nießbrauch und nacktem Eigentum nicht auf eine Schenkung sondern ist die Folge einer Nachlassabwicklung oder eines Ehevertrages basiert.

Achtung:

Für Fälle in denen die Schenkung innerhalb von drei Monaten vor dem Tod des Nießbrauchberechtigten vorgenommen wurde gesteht die Rechtsprechung den Erben die Möglichkeit nachzuweisen, dass das Auseinanderfallen von Nießbrauch und nacktem Eigentum auf eine berechtigte Schenkung basiert und das Ableben des Nießbrauchberechtigten zum Zeitpunkt der Schenkung nicht absehbar war.

Fazit: rechtzeitig und gründlich planen

Festzuhalten bleibt im Ergebnis also: die Übertragung einer Immobilie auf die nächste Generation - insbesondere aufgrund der niedrigen Steuerfreibeträge in Frankreich - sollte rechtzeitig und gründlich geplant werden. Insoweit gilt also nichts anderes als bei der Schenkung einer Immobilie unter Nießbrauchvorbehalt nach deutschem Recht.