Steuersparmodell Notre-Dame?

Spenden und Schenkungen im französischen Recht

Veröffentlicht am: 01.05.2019
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Spenden und Schenkungen im französischen Recht

Ein Beitrag von Dr. Cécile Walzer, Rechtsanwältin für französisches Recht

Am Abend des 15. April 2019 wurde die Kathedrale von Notre-Dame durch ein verheerendes Feuer in großem Umfang zerstört. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hat den Wiederaufbau dieses einzigartigen Pariser Kulturdenkmals innerhalb der kommenden fünf Jahre versprochen und dabei an die Großzügigkeit der Franzosen appelliert.

Sowohl „einfache“ Privatleute als auch französische „Super-Reiche“ und Unternehmen haben Gelder für die Restauration bereitgestellt. Bereits zwei Tage nach dem Brand wurden mehr als 900 Millionen Euro Spenden in Aussicht gestellt.

Was steckt hinter dieser Spendenbereitschaft?

Eine Spende wird im französischen Recht als etwas definiert, was zu Hilfe und Unterstützung einer Person oder Sache beitragen soll.

Spende als Steuersparmodell

Das französische Steuerrecht ermöglicht bereits seit vielen Jahren Kunstliebhabern und Kunstmäzenen durch abzugsfähige Spenden zugunsten kultureller Einrichtungen und Güter Steuerersparnisse zu erzielen. Durch die Abgabe einer Spende wird ihnen ermöglicht nicht nur „Gutes zu tun“ sondern auch ihr zu versteuerndes Einkommen zu reduzieren und somit Steuern zu sparen.

Dieses kulturbezogene Steuersparmodell hat in Frankreich bereits einige Restaurierungen ermöglicht. Die Galerie de Spiegelsaales von Versailles wurde zum Beispiel zwischen 2004 und 2007 für 12 Millionen saniert.

Steuervorteile für Privatleute und Unternehmen

Nach dem katastrophalen Brand hat der französische Minister Edouard Philippe das Spenden für Privatleute noch attraktiver gestaltet. Insbesondere die „Kleinspender“ sollen hierdurch motiviert werden sich aktiv an dem Wiederaufbau zu beteiligen.

Spenden von Privatleuten

Spenden für den Wiederaufbau von Notre-Dame sind nun bei einem Betrag von bis zu EUR 1.000,- mit 75% absetzbar. Dies bedeutet, dass 75% des gespendeten Betrages vom jährlichen Gehalt abgezogen werden kann (also Maximum EUR 750,-). Bei Spenden über EUR 1.000,- sind diese mit 66,6 % absetzbar. Gedeckelt ist das Ganze in beiden Fällen jedoch auf 20% des Netto-Einkommens des Spenders.

Spenden von Unternehmen

Auch Unternehmen ist es in Frankreich grundsätzlich möglich steuerliche Vergünstigungen durch Spenden an Kultureinrichtungen zu erzielen. Die Loi Aillagon gewährt Unternehmen, welche in Kultur investieren, die Möglichkeit, 60% deren Spenden abzusetzen sowie diese Investitionen auf fünf Jahre zu staffeln. Eine Deckelung erfolgt in diesem Fall in Höhe von 5% der netto Umsatzes des Unternehmens.

In einzelnen Fällen können Unternehmen ihre Spenden sogar zu 90% absetzen. Dies ist der Fall, wenn ein Unternehmen Geld spendet um ein für die Öffentlichkeit bedeutsames Werk zu fördern oder den Erwerb von national bedeutsame Schätze - sogenannte „trésors nationaux“ zu unterstützten.

Eine Spende zur Rekonstruktion von Notre-Dame kommt nicht in den Genuss dieses Ausnahmetatbestandes allerdings nicht. Eine entsprechende Anfrage bei der Regierung, den Tatbestand für Notre-Dame doch zur Anwendung zu bringen, wurde ausdrücklich vom Finanzminister abgelehnt.                                            

Die Folgen der hohen Spendenbereitschaft

Für den Staat

Bei der schwindelerregenden Höhe der bereits geleisteten Spenden stellt das vorgestellte Steuersparmodell für den französischen Staat eine nicht unwesentliche Einbuße von Einnahmen dar. Denn in dem den Spendern für ihre Spende Steuern erlassen werden zahlt ihnen der Staat indirekt ein Teil ihrer Spende zurück. Es wurde berechnet, dass bereits bei Spenden in Höhe von EUR 700 Millionen EUR 420 Millionen hiervon durch den Staat finanziert werden würden.

Vor dem Hintergrund und um eine Belastung der Steuerzahler zu verhindern hat zumindest ein französisches Luxusunternehmen angekündigt, auf seinen Steuervorteil zu verzichten. Ihre Spende solle frei von jedem wirtschaftlichen Interesse sein und alleine das Ziel verfolgen, den Wiederaufbau eines der wichtigsten Monumente Frankreichs zu unterstützen. Rechtlich gesehen kann diese Spende als Schenkung angesehen werden, die im Übrigen auch von der Schenkungssteuer befreit bleibt.

Und für Notre-Dame?

Für Notre-Dame ist die Spendenbereitschaft letztlich ohne Belang: sie wird wieder aufgebaut – mit oder ohne Spenden. Denn Macron hat unabhängig von etwaigen Spenden den Franzosen den Wiederaufbau versprochen.