Tod auf Facebook - wer erbt mein Profil?

US-Unternehmen wird vor dem Landgericht Berlin verurteilt.

Veröffentlicht am: 27.01.2016
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Wer bekommt eigentlich die Daten, Passwörter etc. von Internetnutzern die versterben. Das Landgericht Berlin sorgt nun für eines der ersten Urteile zum „digitalen Nachlass“ und verschaffte einer Mutter Zugang zum Facebook-Profil ihrer tödlich verunglückten Tochter.                              

Erbrecht und soziale Netzwerke – zwei Welten prallen aufeinander  

Soziale Netzwerke sind supermodern. Vermutlich jedenfalls nicht so altbacken wie unser Erbrecht, dass von schlauen Juristen vor über hundert Jahren mit der Feder niedergeschrieben wurde. Damals konnte der Gesetzgeber natürlich kaum erahnen, dass im 21. Jahrhundert einmal das rechtliche Schicksal von Blogbeiträge, Internetdomains und Zugangsdaten im Erbfall zu regeln ist. In weiser Voraussicht hat er damals wohl die „Gesamtrechtsnachfolge“ erfunden. Danach gehören zur Erbschaft alle Vermögenswerte, die dann als Ganzes auf die Erben übergehen. So liegt es nahe, den Erben auch Email-Konten, Zugangsdaten und sonstige elektronische Habseligkeiten zuzusprechen.  

Warum so einfach, wenn es auch kompliziert geht, sagten sich einige Rechtsanwälte und Rechtsgelehrte und wollten beim digitalen Nachlass die gewöhnlichen Spielregeln nicht gelten lassen. Manche wollten nicht den Erben, sondern den nächsten Angehörigen die elektronischen Daten in den Schoß fallen lassen. Zumindest müsse hier zwischen vermögensrechtlichen und höchtspersönlichen Daten unterschieden werden. Andere hielten den digitalen Nachlass offenbar für so wenig greifbar, dass sie die Rechtsposition daran gar gleich ganz untergehen lassen wollten. Die Provider und Social-Media-Unternehmen regeln bisher erst einmal alles nach Gutdünken in ihren AGBs.  

Mutter erstreitet Zugang zum Facebook-Profil ihrer Tochter  

Nun hat sich das Landgericht Berlin erbarmt und mit einem der ersten richtungsweisenden Urteile zumindest für etwas Klarheit gesorgt. In dem Fall klagte eine Mutter gegen Facebook, weil das US-Unternehmen ihr den Zugang zu dem Profil ihrer tödlich verunglückten Tochter verwehrte.   Die Mutter erhoffte sich aus den Profildaten Hinweise auf eine möglichen Suizid, da die Todesursache nicht geklärt werden konnte. Zwar hatte die Mutter die Zugangsdaten ihrer Tochter. Sie konnte diese jedoch nicht nutzen, weil ein anderer Facebook-User das Profil der Verstorbenen in den sogenannten „Gedenkzustand“ versetzt hatte. Entsprechend stützte sich Facebook in dem Rechtsstreit auf seine „Gedenkzustandsrichtlinie“ und brachte zudem vor, die Zugangsdaten hätten der Mutter überhaupt nicht zugänglich gemacht werden dürfen.  

Landgericht Berlin wendet die allgemeinen erbrechtlichen Regeln an  

Damit kam Facebook bei den Berliner Richtern nicht durch. Die besannen sich auf das gute alte Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge und gaben der Mutter als Erbin ihrer Tochter den Zugriff auf den digitalen Nachlass und damit die Herrschaft über das Profil der Tochter. Das Gericht stützt das Urteil mit vielen guten Argumenten. Insbesondere könne man hier nicht von einer besonderen Personenbezogenheit des Nutzungsvertrages sprechen – wenn auch das Nutzerprofil bei Facebook stark auf die Person des Nutzers bezogen sei. Nutzer, so die Berliner Richter, nähmen bei Facebook kein persönliches Vertrauen in Anspruch.  

Damit ist zwar eine Schlacht aber noch nicht der Krieg der Erben um den digitalen Nachlass entschieden. Interessant werden Entscheidungen sein, in denen der Erbe nicht gleichzeitig auch nächster Angehöriger und Sorgeberechtigter des Verstorbenen ist. Ob und wie die Internet-Unternehmen aufgrund dieser Rechtsprechung ihre AGB-Klauseln zum Tod des Nutzers nachbessern bleibt ebenso abzuwarten.  

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