Zu Feiertagen, Schokokugeln und Rinderbraten

Rituelle Schlachtungen unter der europarechtlichen Lupe

Veröffentlicht am: 11.12.2017
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Rituelle Schlachtungen unter der europarechtlichen Lupe

Ein Beitrag von Fiona Schönbohm

Pünktlich zu Weihnachten geht es mal wieder um die Religion, nicht nur hierzulande in Form von Schokoladenkalendern und Geschenke-Stress — ja, wir nehmen das sehr ernst mit Jesus und dem Christentum — sondern auch in den Gerichtssälen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).Passend zur Adventsstimmung und der Vorfreude auf dampfenden Braten mit Rotkohl und gutem Wein geht es um, Sie haben es vielleicht geahnt, die rituellen Schlachtungen im islamischen Opferfest.

Das islamische Opferfest Das islamische Opferfest — noch nie gehört?

Ja, es gibt auch in anderen Religionen heilige Feiertage, und die haben nicht immer mit runden Schokoladenbällchen (Ostereier, Weihnachtskugeln), sondern in diesem Fall eben mit Fleisch zu tun. Warum ist eigentlich zur Verständigung der Religionen noch niemand auf die Idee gekommen, auch muslimische Feiertage zu „richtigen“ Feiertagen zu ernennen?

Davon gibt es nämlich jede Menge, und wenn Arbeitnehmer und Schulkinder plötzlich mehr als doppelt so viele Feiertage als bisher hätten, würde das doch sicherlich für Dankbarkeit und Annäherung sorgen. Man denke nur an den einmonatigen (!) Ramadan!

Feiertagsboom bei rituellen Schlachtungen

Aber wir schweifen vom Thema ab. Das islamische Opferfest ist das höchste islamische Fest und dauert mehrere Tage. Praktizierende Muslime schlachten ein Tier (oder lassen es schlachten) und teilen das Fleisch anschließend teilweise mit der ganzen Familie, teilweise mit Bedürftigen oder Nachbarn. Dabei muss das Tier eben „rituell“ geschlachtet werden, das heißt es muss ohne Betäubung durch Ausbluten sterben. Der Schlachtende muss Muslim sein und bei der Schlachtung den Namen Allahs nennen.

Kurz vor dem Fest gibt es natürlich eine erhöhte Nachfrage an rituell geschlachteten Tieren. In Belgien wurde 2015 geregelt, dass rituelle Schlachtungen nur in zugelassenen Schlachthöfen durchgeführt werden dürfen. Sie beruhte auf einer europäischen Verordnung zum Tierschutz. Da es aber deshalb kurz vor dem Opferfest zu Engpässen kam, klagten Betroffene vor dem EuGH. Die Regel verstoße gegen ihre Religionsfreiheit aus der Europäischen Grundrechtecharta.

Religionsfreiheit in der EU

Nun bezog der Generalanwalt Nils Wahl Stellung bei Gericht. Er befand die infrage stehende Verordnung für gültig. Die Regel, dass Schlachtungen grundsätzlich nur in zugelassenen Schlachthöfen durchgeführt werden sollen, sei unabhängig von der Art und den Umständen der Schlachtung. Es werden dabei die menschliche Gesundheit, der Tierschutz und die Lebensmittelsicherheit geschützt.

Die Betroffenen hätten vielmehr aufgrund der Engpässe mit der Fleischbeschaffung vor dem Fest geklagt und den entsprechenden Mehrkosten, die man aufwenden müsse. Das Gesetz per se stehe nicht im Widerspruch zum islamischen Glauben und mache dessen Ausübung auch nicht unmöglich. Die Frage, wie entsprechende Kapazitäten geschaffen werden könnten, habe aber mit der Rechtmäßigkeit der Verordnung nichts zu tun. Wir warten gespannt auf die Entscheidung der Richter, vielleicht ja dann passend zu Ostern.

Fragen der Religionsfreiheit berühren immer wieder auch das Zivilrecht und betreffen dabei nicht nur den Wettbewerb der Schlachtbetriebe. Vor allem auch im Arbeitsrecht gibt es immer wieder Konflikte zwischen der Religionsfreiheit und dem Diskriminierungsverbot.