Scheidung in Polen, deutsch-polnische Scheidungen

Persönliche Beziehungen zwischen Polen und Deutschen führen nicht nur zu binationalen Ehen, sondern auch zu Scheidungen mit Berührungspunkten zu beiden Rechtsordnungen. Auch im konservativ-katholisch geprägten Polen ist die Zahl der Ehescheidungen in den letzten Jahrzehnten stark gestieten. In diesem Beitrag geben wir Ihnen einen Überblick darüber, nach welchen Spielregeln eine deutsch-polnische Scheidung abläuft. Außerdem erhalten Sie eine Darstellung des polnischen Scheidungsrechts.

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Lukasz Koterba

1. Deutsch-polnische Scheidung - welches Gericht und welches Recht?

Haben Sie und/oder Ihr Ehepartner sowohl Anknüpfungspunkte zu Deutschland als auch zu Polen, spricht man von einer Scheidung mit Auslandsbezug oder auch einer internationalen Scheidung. Hierzu zählen etwa Fälle, in denen ein deutsches oder ein deutsch-polnisches Paar in Polen lebt.

a. In welchem Land wird die Scheidung eingereicht?

Für Polen, Deutschland und andere EU-Mitgliedstaaten gilt die Verordnung Brüssel II a. Diese regelt die Zuständigkeit der Gerichte bei Scheidungen mit internationalem Bezug wie folgt:

  • Gemeinsame Staatsangehörigkeit: Sind beide Ehepartner deutsche Staatsangehörige, sind deutsche Gerichte für den Scheidungsantrag zuständig, auch wenn das Paar in Polen oder einem anderen Land lebt. Entsprechend sind polnische Gerichte für die Scheidung eines rein polnischen Paares zuständig.
  • Gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt: Haben beide Ehegatten ihren Lebensmittelpunkt in Polen, kann der Scheidungsantrag in Polen gestellt werden. Gleiches gilt für ein in Deutschland lebendes Paar hinsichtlich der Zuständigkeit deutscher Familiengerichte. Auf die Staatsangehörigkeit kommt es dabei nicht an.
  • Ausländer im Ausland: Sind beide Ehegatten Deutsche und leben in Deutschland, ist eine Scheidung in Polen nicht möglich. Das Gleiche gilt für ein in Polen lebendes polnisches Paar hinsichtlich deutscher Gerichte.

Bei allen übrigen Fällen muss man differenzieren. Ein polnisches Gericht ist zuständig, wenn

  • das Paar zuletzt in Polen gelebt hat und einer von ihnen nach wie vor dort wohnt,
  • ein Ehepartner in Polen lebt und beide gemeinsam den Scheidungsantrag bei einem polnischen Gericht einreicht bzw. der andere dem Antrag zustimmt,
  • der Antragsgegner (von dem sich der Antragsteller scheiden lassen will) in Polen wohnt.
  • der Antragsteller schon mindestens seit einem Jahr in Polen gelebt hat bzw. seit 6 Monaten dort lebt, aber Pole ist.

Die Frage der örtlichen Zuständigkeit ist also recht vielschichtig. Schwierigkeiten in tatsächlicher Hinsicht gibt es häufig bei der Bestimmung des Wohnsitzes oder Aufenthalts - zum Beispiel bei Polen die in Deutschland arbeiten oder bei Deutschen, die in einem polnischen Pflegeheim leben.

b. Gilt deutsches oder polnisches Scheidungsrecht?

Die Zuständigkeit eines polnischen Gerichts besagt noch nicht, dass die Ehe auch zwingend nach polnischem Scheidungsrecht geschieden wird. Die Frage nach dem anwendbaren Recht bestimmt sich nach dem internationalen Privatrecht. Für in Polen lebende Paare kommt zum Beispiel im Grundsatz polnisches Recht in Betracht.

Informieren Sie sich unbedingt schon im Vorfeld der Scheidung, welches nationale Scheidungsrecht in Ihrem konkreten Fall anwendbar sein könnte und welche Vor- und Nachteile das polnische bzw. das deutsche Familienrecht für Ihre Scheidung mit sich bringt. Dabei sollten sowohl rechtliche Besonderheiten des jeweiligen Landes berücksichtigt werden als auch praktische Gesichtspunkte wie etwa Kosten und Zeitaufwand.

Ort der Heirat spielt keine Rolle

Für die Frage, ob deutsche oder polnische Gerichte für Ihre Scheidung zuständig sind und welches nationale Scheidungsrecht zur Anwendung kommt, spielt der Ort Ihrer Eheschließung keine Rolle. Es kommt also nicht darauf an, ob Sie in Polen, in Deutschland oder in einem anderen Land geheiratet haben.

2. Scheidungsvoraussetzungen nach polnischem Recht

Die Scheidung nach polnischem Recht kennt sowohl Gemeinsamkeiten mit dem deutschen Recht als auch Besonderheiten.

a. Zerrüttung der Ehe als Voraussetzungen der Scheidung

Zentrale Voraussetzung für eine Ehescheidung in Polen ist gemäß Art. 56 § 1 FVGB eine vollständige und dauerhafte bzw. unwiderrufliche Zerrüttung der Ehe. Die Frage, ob eine solche Zerrüttung gegeben ist, wird anhand der Kriterien des Art. 23 FVGB beantwortet. Diese Vorschrift bestimmt die Pflicht für Ehepartner, während der Ehe mit dem anderen gemeinsam zu leben, sich gegenseitig zu helfen, treu zu sein und das Wohl der Familie zu fördern. Sind diese Aspekte einer intakten Ehe nicht mehr gegeben, kann nicht mehr von einem ehelichen Zusammenleben gesprochen werden und eine Zerrüttung liegt vor. Die polnische Rechtsprechung hat diese unbestimmten Kriterien in zahlreichen Entscheidungen konkretisiert. Nach den Richtlinien des Obersten Gerichts liegen die für eine eheliche Gemeinschaft notwendigen Gefühle nicht mehr vor, wenn die besonderen physischen, geistigen und wirtschaftlichen Bindungen einer solchen Gemeinschaft nicht mehr bestehen.

Eine so festgestellte Zerrüttung gilt als dauerhaft, wenn die Wideraufnahme der ehelichen Gemeinschaft sehr unwahrscheinlich ist. Anhaltspunkt hierfür kann etwa eine schon länger andauernde Trennung oder eine grobe Verletzung der ehelichen Pflichten sein. Die Zerrüttung kann auch dann als endgültig angesehen werden, wenn es zwar noch einzelne Bindungen zwischen den Ehegatten gibt, diese aber rein wirtschaftlicher Natur sind.

b. Fälle, in denen keine Scheidung in Polen möglich ist

Trotz Zerrüttung der Ehe bzw. Beendigung des ehelichen Zusammenlebens ist eine Scheidung nach polnischem Recht nicht zulässig, wenn eine der folgenden negativen Scheidungsvoraussetzungen vorliegt. Diese Voraussetzungen sind in Art. 56 § 2 geregelt und müssen vom Gericht zwingend berücksichtigt werden.

  • Durch die Scheidung darf das Kindeswohl der gemeinsamen Abkömmlinge nicht gefährdet werden.
  • Die Scheidung darf nicht gegen die guten Sitten verstoßen.
  • Die Scheidung darf nicht allein von demjenigen gefordert werden, der an der Zerrüttung des ehelichen Zusammenlebens schuld ist.

Das Element der "Schuld" ist eine wesentliche Abweichung vom deutschen Scheidungsrecht, in dem das Verschulden keine Rolle (mehr) spielt. Das Verschulden kann sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig vorliegen. Trotz Alleinverschuldens eines Ehepartners ist die Scheidung zulässig, wenn beide diese einvernehmlich wünschen oder auch, wenn die Aufrechterhaltung der Ehe unter den gegebenen Umständen mit den Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens unvereinbar wäre.

3. Scheidungsantrag, Scheidungsverfahren und Scheidungsurteil

a. Der Scheidungsantrag und Scheidungsverfahren

Jeder der Ehegatten kann beim Bezirksgericht (Sad Okregowy)die Scheidung verlangen. Örtlich zuständig ist das Gericht des letzten gemeinsamen Wohnsitzes der Ehegatten. Lebt keiner von beiden mehr an diesem letzten gemeinsamen Wohnsitz, ist das Gericht zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich der Antragsgegner seinen Wohnsitz hat.

In der Vergangenheit wurden die Ehegatten vom polnischen Gericht zunächst zu einem verpflichtenden "Versöhnungstermin" geladen. Diese Praxis gibt es in der Form heute nicht mehr. Allerdings kann das Gericht das Paar auf ein Mediationsverfahren verweisen.

b. Das Scheidungsurteil und die Schuldfeststellung

Das polnische Gericht entscheidet mit einem Scheidungsurteil über die Beendigung der Ehe und darüber, wen die Schuld an der Zerrüttung der Ehe trifft. Von der Feststellung der Schuld kann abgesehen werden, wenn beide Ehegatten das so beantragen. Die Frage der Schuld kann sowohl für eine Unterhaltspflicht als auch für die Vermögensverteilung von Bedeutung sein.

4. Folgen der polnischen Scheidung

a. Vermögen

Mit dem rechtskräftigen Scheidungsurteil wird die gesetzliche Gemeinschaft beendet und das Gemeinschaftsvermögen entsprechend der zivilrechtlichen Vorschriften über das Miteigentum nach Bruchteilen aufgeteilt. Bei Vorliegen eines entsprechenden Antrags kann die Vermögensaufteilung ausnahmsweise auch bereits durch das Scheidungsurteil erfolgen, wenn sich das Scheidungsverfahren dadurch nicht erheblich verzögert.

Von der hälftigen Teilung des Vermögens kann auf Antrag abgewichen werden, wenn dies unter Berücksichtigung der jeweiligen Beiträge für den Vermögensaufbau geboten ist. Dabei werden aber auch die Beiträge für die Kindererziehung und Haushaltsführung berücksichtigt.

Kam es während der Ehe zu Verschiebungen zwischen dem persönlichen und den gemeinsamen Vermögensmassen, erfolgt eine Rückabwicklung. Wurde per Ehevertrag eine Gütertrennung mit Zugewinnausgleich vereinbart, erfolgt gegebenenfalls ein Zugewinnausgleich.

b. Geschiedenen-Unterhalt

Bei der Frage, ob und in welcher Höhe ein Ehegatte dem anderen nach der Scheidung Unterhalt schuldet, kommt es wieder darauf an, wer inwieweit für die Zerrüttung der Ehe die Verantwortung trägt. Außerdem spielt beim Thema Unterhalt die Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit der Ehegatten eine Rolle.

Unterhaltsberechtigt ist regelmäßig ein Ehegatte, der die Zerrüttung der Ehe nicht allein verschuldet hat und wirtschaftlich bedürftig ist, soweit der andere die finanziellen Möglichkeiten für die Zahlung von Unterhalt hat. Eine Unterhaltspflicht kann vom Gericht auch dann angeordnet werden, wenn sich die finanzielle Situation des Nichtverschulders durch die Scheidung erheblich verschlechtert hat, auch ohne, dass er dadurch in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist.

c. Minderjährige Kinder

Im Scheidungsverfahren wird durch das Gericht über das Sorgerecht und Umgangsrecht für die gemeinsamen minderjährigen Kinder entschieden. Darüber hinaus wird auch geklärt, wer in welcher Höhe Kindesunterhalt zahlen muss. Dabei steht das Kindeswohl im Vordergrund. Vereinbarungen der Ehegatten zur Sorge, Umgang und Unterhalt werden daher vom Gericht nur berücksichtigt, wenn sie dem Kindeswohl nicht entgegenstehen.

d. Gemeinsame Wohnung

Wichtig und häufig umstritten ist die Frage, wer bei einer Scheidung in der gemeinsamen Wohnung verbleibt. Ohne Einigung entscheidet ein Gericht über die weitere Nutzung. Es kann in Fällen von besonderem Fehlverhalten auch den Auszug eines Ehegatten anordnen.

e. Nachname

Häufig nimmt ein Partner bei der Eheschließung den Nachnamen des anderen an. Diese Namensänderung kann drei Monate nach Rechtskraft des Scheidungsurteils wieder rückgängig gemacht werden. Dann kann der frühere Nachname wieder gefürht werden.

Kirchliche Heirat - kirchliche Scheidung?

Neben der Eheschließung beim Standesamt kennt das polnische Familienrecht auch die wirksame kirchliche Heirat vor einem Priester. Für die Scheidung einer solchen "Konkordatsehe" sind aber ebenfalls die staatlichen Gerichte zuständig und das staatliche Scheidungsrecht (nicht das kanonische Recht) anwendbar.

5. Kosten der Scheidung in Polen

Die Gerichtskosten für das Scheidungsverfahren in Polen gemäß Art. 26 GKZ betragen pauschal 600 Zloty. Mehr ins Gewicht fallen die Kosten der anwaltlichen Beratung und Vertretung.

6. Die Trennung - zwischen Ehe und Scheidung

Das polnische Familienrecht kennt das Rechtsinstitut "Trennung von Tisch und Bett". Diese "separacja" hat grundsätzlich die gleichen Folgen wie eine Scheidung, die Ehe wird jedoch nicht aufgelöst. Die Ehegatten können somit nicht erneut heiraten oder ihren alten Namen wieder annehmen. Die Ehegatten leben nach der Trennung in Güterstand der Gütertrennung und schulden gegebenenfalls Unterhalt.

Für Kinder, die nach mehr als 300 Tagen nach der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über die Trennung geboren wird, gilt nicht mehr die Ehelichkeitsvermutung.

7. Anerkennung der polnischen Scheidung in Deutschland

Da sowohl Polen als auch Deutschland EU-Mitgliedstaaten sind, gilt für sie die EuEheVO. Art. 21 EuEheVO bestimmt, dass die Anerkennung von Entscheidungen von Gerichten der Mitgliedstaaten der EU in Ehesachen automatisch ohne besondere Verfahren erfolgt. Unter "Entscheidungen" fallen stattgebende Entscheidungen über Ehescheidungen, Trennungen ohne Auflösung des Ehebandes, Ungültigkeitserklärungen einer Ehe sowie Entscheidungen über elterliche Verantwortung.

Die Anerkennung gemäß Art. 21 EuEheVO betrifft dagegen nicht etwaige Entscheidungen zum Verschulden, zur Vermögensaufteilung oder auch zum Unterhalt.