343 Millionen EUR Steuerhinterziehung in München

Cum-Ex Prozess: Ex-Fondsmanager zu Haft verurteilt

In München wurde zwei ehemalige Fondsmanager wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 343 Millionen Euro zu 5 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt. Mehr Infos zum Fall lesen Sie hier.

Veröffentlicht am: 26.05.2025
Qualifikation: Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht
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In München standen zwei Männer – im Alter von 71 und 63 Jahren – wegen Steuerhinterziehung vor dem Landgericht. Sie sollen sich der Staatsanwaltschaft zufolge gemeinsam mit anderen Personen aus der Staatskasse bedient haben, indem sie sich zu Unrecht Kapitalertragssteuer zurückerstatten ließen. Vorgeworfen wurde den beiden ehemaligen Fondsmanagern Steuerhinterziehung in Höhe von 343.560.964,03 EUR.

Cum-Ex-Geschäfte & Steuerhinterziehung

Am ersten Prozesstag sollen sich beide Männer entschuldigt und dabei ein teils emotionales Geständnis ablegt haben. Die Männer gaben zu, dass sie in ihren Positionen als Fondsmanager in ein komplexes Geflecht involviert waren, welches in den Jahren 2009 und 2010 Handel mit hunderten Millionen Aktien im zweistelligen Milliardenwert betrieben habe.

Durch Anwenden der sogenannten „Cum-Ex-Methode“ sollen die Männer es geschafft haben, dass der Staat Kapitalertragssteuer zurückerstattet, die allerdings davor überhaupt nicht gezahlt worden ist. Cum-Ex heißt so, weil es dabei zu einem Hin- und Herschieben von Aktien rund um den Dividenden-Stichtag mit („cum“) und ohne („ex“) Ausschüttungsanspruch kam.

Unrechtmäßige Erstattung von Kapitalertragsteuern

Aufgrund der Aktiengeschäfte und durch die veranlassten Falscherklärungen gegenüber dem Finanzamt sollen sich die beiden Männer, ihre Komplizen und weitere Beteiligte wie Investoren daran bereichert haben, dass der Staat Kapitalertragsteuer ausgezahlt hat, ohne dass diese jemals von Steuerpflichtigen abgeführt wurde.

Die Aktienkäufe und -verkäufe der Beteiligten waren aufgrund der Absicherung durch Future-Geschäfte insgesamt neutral. Der „Gewinn“ aus den durch die Beteiligten gemanagten Fonds setzt sich daher ausschließlich aus der unrechtmäßigen Erstattung von Kapitalertragsteuern zusammen. Anleger, die in die beteiligten Fonds investiert haben, konnten dadurch im Jahr 2009 18 % Gewinn und im Jahr 2010 12 % Gewinn machen.

Strafmaß für Steuerhinterziehung

Den Münchner Richtern zufolge seien die Männer „besonders haftempfindlich“, da sie ein Geständnis ablegten, sich kooperativ gaben und zuvor auch noch keine Erfahrungen mit dem Strafvollzug gesammelt hätten. Die Richter honorierten ebenfalls den Versuch der Schadenswiedergutmachung und die Männer zeigten ehrliche Reue.

Die Staatsanwaltschaft forderte für die beiden Fondsmanager jeweils eine Haftstrafe von 5 Jahren und 10 Monaten. Die Strafverteidiger dagegen hielten 4 Jahre für angemessen.

Ausgehend von § 370 der Abgabenordnung (AO) ergibt sich für eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung folgender potenzieller Strafrahmen: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren – in besonders schweren Fällen bis zu zehn Jahre Haft. Entscheidend für das Strafmaß im Einzelfall ist die Höhe der hinterzogenen Steuern. Aus der Rechtsprechung des BGH lassen sich dafür folgende Leitlinien ableiten:

  1. hinterzogene Steuer bis 50.000 Euro -> Geldstrafe

  2. hinterzogene Steuer von mehr als 50.000 Euro -> Haftstrafe bei besonders schwerer Steuerhinterziehung, ggf. Aussetzung zur Bewährung  

  3. hinterzogene Steuer von mehr als 1 Mio. Euro -> Freiheitsstrafe und öffentliche Hauptverhandlung zwingend (kein Strafbefehl möglich)

Im Urteil setzten die Richter eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 3 Monaten für die beiden Ex-Manager fest. Aufgrund von Verfahrensverzögerungen gelten 6 Monate davon allerdings als bereits vollstreckt – so die Vorsitzende Richterin Wagner. Außerdem hat das Gericht die Anordnung getroffen, dass ein Wertersatz von knapp 7,6 Millionen EUR von den Betroffenen eingezogen wird.

Strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung

Um eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung zu verhindern, kann regelmäßig eine strafbefreiende Selbstanzeige der letzte Ausweg sein. Allerdings wirkt die Selbstanzeige nur dann strafbefreiend, wenn rechtzeitig gehandelt wird und in inhaltlicher Hinsicht alle Angaben korrekt und vollständig beim Finanzamt eingereicht werden. 

Für eine strafbefreiende Wirkung darf bei Abgabe der Selbstanzeige noch kein Sperrgrund vorliegen. Ein solcher besteht bei Tatentdeckung, Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens / Steuerstrafverfahrens und bei Anmeldung einer Betriebsprüfung.

Wichtig ist, dass die Selbstanzeige alle unverjährten Steuerstraftaten (mindestens die der letzten zehn Jahre) aufdeckt und die hinterzogenen Steuern und Nebenleistungen (beispielsweise Zinsen) vollständig nachgezahlt werden.