AGB-Recht: Zeitliche Befristung einer Leistung?

Nur unter strengen Voraussetzungen!

Unter welchen Voraussetzungen kann eine Leistung zeitlich begrenzt angeboten werden? Wann ist die Schwelle zur unangemessenen Benachteiligung des Verbrauchers gegeben? Ein neues Urteil des OLG Köln soll Licht ins dunkle AGB-Recht bringen.

Veröffentlicht am: 16.06.2023
Qualifikation: Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
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Vertragsbestimmungen, die eine befristete Gültigkeit von „mobilen Briefmarken“ auf 14 Tage bestimmen, benachteiligen Verbraucher unangemessen und sind daher unwirksam, so die Einschätzung des Oberlandesgerichts Köln (Urteil vom 13.06.2023 – 3 U 148/22) im Streit um die Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) im Postversand.

Mobile Briefmarke soll Postversand vereinfachen

Geklagt hatte der Dachverband der Verbraucherschützer gegen ein Unternehmen zur Beförderungsleistung von Briefen und Paketen. Dieses bietet auch die Möglichkeit einer „mobilen Briefmarke“ als Nachweis für die Zahlung des Beförderungsentgelts an, die über eine Smartphone-App erworben werden kann. Nach dem Bezahlvorgang zeigt die App einen achtstelligen Porto-Code zur Frankierung der Sendung an. Damit ist der Brief oder das Paket bereit zur Versendung.

Wer seine Sendung allerdings nicht unmittelbar, sondern erst einige Zeit nach dem Kauf der mobilen Briefmarke verschicken wollte, der bekam Probleme – nach den AGB der Beklagten verloren die Briefmarken nämlich nach Ablauf von 14 Tagen ihre Gültigkeit.

AGB sehen beschränkte Gültigkeitsdauer vor

Die Beklagte begründete die 14-tägige Gültigkeit der Briefmarke damit, dass diese lediglich als ad-hoc Frankierung zum sofortigen Gebrauch gedacht sei. Eine Ausdehnung der Gültigkeitsdauer würde eine deutliche Zunahme an notwendigen Zeichen im Porto-Code bedeuten, wodurch die einfache Handhabung für den Verbraucher stark eingeschränkt werde. Zudem sei die zeitliche Begrenzung der Gültigkeit des Codes angesichts der hohen Anzahl an Verkäufen bei der mobilen Briefmarke und der begrenzten Anzahl an Zeichen zur Sicherung des Produkts und zur Vermeidung von Missbrauch erforderlich.

Zwar wies die Beklagte vor dem Erwerb der Briefmarke den Verbraucher auf die begrenzte Gültigkeitsdauer hin, die Verbraucherschützer sehen in der Regelung dennoch eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher. Sie hielten die AGB daher für insgesamt unwirksam und klagten vor Gericht auf Unterlassung.

Unangemessene Benachteiligung für den Verbraucher

In der Vorinstanz hatte das Landgericht Köln der Klage der Verbraucherschützer bereits vollumfänglich entsprochen. Diese Entscheidung hat nun auch das OLG bestätigt. Die Richter sind der Auffassung, die angegriffenen AGB benachteiligen den Verbraucher unangemessen.

Insbesondere kritisierte das Gericht die Ausgestaltung der AGB und deren Folge für das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Im Fall einer zeitlich begrenzten Gültigkeit bestehe grundsätzlich ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Der Verbraucher bezahlt zwar den Preis für die Leistung, die Gegenleistung steht ihm aber nur befristet zu. Eine solche Verfallklausel muss einer besonderen Überprüfung standhalten. Denn zwar sei nicht jede zeitliche Begrenzung der Gültigkeitsdauer als nicht hinnehmbare Verletzung des gesetzlichen Äquivalenzprinzips und als unangemessene Benachteiligung des Kunden anzusehen. Im vorliegenden Fall sei eine unangemessene Benachteiligung allerdings unter Berücksichtigung der erheblichen zeitlichen Beschränkung des Erfüllungsanspruches mit Blick auf die Gesamtheit der AGB anzunehmen, so im Ergebnis das OLG.

Im Gegenzug seien überwiegende Interessen, die eine derartige Verkürzung rechtfertigen würden, auf Seiten der Beklagten nicht ersichtlich. Zwar hält auch das Gericht es für ein nachvollziehbares Interesse, den Porto-Code auf eine praktikable und einfach zu handhabende Länge zu beschränken. Es bestehe aber keine Notwendigkeit, die Gültigkeit der Codes auf 14 Tage zu begrenzen, so das OLG.