Unterbezahlter Fotograf
Nachvergütungsanspruch aus Urheberrecht
Verschweigt ein Verwendung den tatsächlichen Nutzungszweck von Urheberwerken, kann der Urheber nachträglich eine Vertragsänderung hinsichtlich der vereinbarten Vergütung zu seinem Gunsten verlangen. Der BGH macht in einem aktuellen Urteil deutlich, dass es für so einen Nachvergütungsanspruch auf eine Gesamtbetrachtung aller Umstände ankommt.
Die Vergütung eines Fotografen bemisst sich nicht allein nach seinem zeitlichen Aufwand. Die Vergütung soll auch den Umstand berücksichtigen, dass der Fotograf durch Überlassung seines Werkes an den Kunden Nutzungsrechte an seinem Bild einräumt. Verfolgt der Kunde mit dem Bild vorrangig kommerzielle Zwecke, muss er dem Fotografen in der Regel eine höhere Vergütung zahlen. Wird dieser Verwendungszweck jedoch nicht offengelegt, kann dies eine Verletzung des Urheberrechts am Bild darstellen. Ob in einem solchen Fall ein Anspruch auf Nachvergütung für den Urheber besteht und unter welchen Voraussetzungen dieser geltend gemacht werden kann, musste der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Verfahren entscheiden (BGH, Urteil vom 18.06.2025 – I ZR 82/24).
Geringes Honorar aber intensive Nutzung
Im Jahr 2011 fotografierte der Fotograf für ein Unternehmen, das unter anderem Fitnessgeräte, -programme sowie Nahrungsergänzungsmittel anbietet. Im Rahmen eines Fotoshootings fertigte er auch Bilder von der Geschäftsführerin an. Er ging davon aus, dass diese Bilder für Trainingspläne verwendet würden. Auf dieser Grundlage berechnete er für das Shooting ein Honorar von 180 Euro (4 Stunden je 45 Euro). Das Fitnessunternehmen verwendete das Foto der Geschäftsführerin allerdings später als Porträtfoto auf zahlreichen Nahrungsergänzungsmitteln, Flyern und sogar auf der Website sowie einem Teleshopping-Kanal.
Nach Angabe des Fotografen, ging diese intensive kommerzielle Nutzung deutlich über das hinaus, was er sich vorgestellt hatte. Er fordert daher Auskünfte über die konkrete Nutzung seiner Bilder, auf deren Grundlage er einen angemessen Nachvergütungsanspruch geltend machen wollte. Nachdem sich das Unternehmen weigerte, erhob er Klage sowohl auf Auskunft als auch auf Nachvergütung.
Auffälliges Missverhältnis besteht
Der BGH urteilte nun, dass beide Ansprüche zurecht geltend gemacht worden sind. Ihre Grundlage finden die Ansprüche im Urheberrecht. Konkret in den §§ 32 folgenden Urheberrechtsgesetz. Danach ist eine Vergütung nur angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit […] zu leisten ist. Hat der Urheber allerdings ein Nutzungsrecht in Gegenleistung einer unverhältnismäßigen Vergütung eingeräumt, kann er vom Kunden verlangen einer Vertragsänderung zu Gunsten einer nachträglich höheren Vergütung zuzustimmen. Um die Höhe dieser zu bestimmen hat er weiterhin einen Anspruch auf die entsprechenden Auskünfte.
So auch der Fotograf im Fall des BGH. Angesichts der weitreichenden kommerziellen Nutzung durch das Fitnessunternehmen könnte das ursprünglich vereinbarte Honorar deutlich zu niedrig gewesen sein. Es bestehen konkrete Anzeichen für ein auffälliges Missverhältnis zwischen Vergütung und Nutzung.
Aufatmen für den Fotografen?
Zwar hat der BGH den Ausführungen des klagenden Fotografen zugestimmt, allerdings ist der Fall noch nicht abschließend beendet. Das Fitnessunternehmen macht geltend, der Fotograf habe seine Rechte verwirkt. Eine Verwirkung liegt vor, wenn der Berechtigte sein Recht eine längere Zeit nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment) und der Verpflichtete darauf vertrauen durfte, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Umstandsmoment).
Das Fitnessunternehmen führt an, der Fotograf habe die kommerzielle Nutzung seiner Bilder acht Jahre widerspruchslos geduldet. Es bestand in der Zwischenzeit sogar Kontakt zwischen ihm und der Geschäftsführerin. Zudem habe er seine Geschäftsbeziehung mit dem Fitnessunternehmen fortgeführt und Rechnungen stets ohne zusätzliche Abrechnung oder Auskunftsverlangen ausgestellt. Ob diese Umstände nun für eine Verwirkung seines Rechts genügen, soll aber die Vorinstanz entscheiden.
Dieser Fall verdeutlicht erneut die Spitzfindigkeiten des Urheberrechts. Um spätere Rechtsstreitigkeiten und damit verbundenen Unmut zu vermeiden, sollten daher beide Vertragsparteien an einer konkreten Regelung der Verwendung von Urheberwerken interessiert sein. Schon aus Beweisgründen ist es ratsam eventuelle Vertragsumstände und Vereinbarungen nicht nur stillschweigend anzunehmen, sondern auch schriftlich festzuhalten.