Google löscht zu langsam?

Vertragsstrafen nur unter dem Deckel der Zumutbarkeit

Die Löschung von Interneteinträgen ist insbesondere dann erschwert, wenn sie von der Mitwirkung der jeweiligen Anbieter abhängt. Doch wer haftet, wenn wettbewerbswidrige Inhalte online bleiben, weil Google einem Löschungsantrag nicht rechtzeitig nachkommt? Mit dieser Frage musste sich nun das OLG Nürnberg im Hinblick auf die wettbewerbsrechtlichen Facetten einer unterbliebenen Löschung durch Google befassen.

Veröffentlicht am: 08.07.2025
Qualifikation: Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
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Obwohl sich wettbewerbswidriges Handeln in jeglicher Form zeigen kann, spielen sich Verstöße dennoch regelmäßig im Internet ab. Dieses vergisst allerdings bekanntlich nie. Umso ungünstiger, wenn Wettbewerber gegen bestimmte Verstöße vorgehen, das betroffene Unternehmen ihre wettbewerbswidrigen online-Einträge aber mangels Kooperation der jeweiligen Internetanbieter nicht gelöscht bekommen. Das Oberlandesgericht Nürnberg musste nun in einem aktuellen Verfahren entscheiden, ob diese faktische Kontrolllosigkeit der betroffenen Unternehmen zu einer weiteren Haftung führen kann (OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 06.02.2025 – 3 U 2143/24 UWG).

Eine oder mehrere Praxen

Die Parteien des Verfahrens sind beide Ergotherapeuten mit jeweils eigener Praxis. Am 06.12.2022 ließ einer der Ergotherapeuten seinen Kollegen abmahnen. Dieser hatte auf seiner Internetseite mehrere Praxisstandorte aufgeführt, obwohl er nur noch an einem Standort tätig war. Der Abmahnung fügte er eine strafbewertete Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bei. Diese verpflichtete den Ergotherapeuten dazu, keine irreführenden Adressangaben zu veröffentlichen und sah für den Fall eines Verstoßes eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.100, 00 € vor. Der Betroffene unterschrieb und teilte dem Abmahnenden knapp einem Monat später mit, dass alle rechtswidrigen Angaben gelöscht seien.

Doch tatsächlich gelöscht waren die Angaben nicht. Zwar hatte der abgemahnte Ergotherapeut seine Website entsprechend angepasst, allerdings waren die Standorte über Google weiterhin auffindbar. Einzig ergänzt war der Vermerk „dauerhaft geschlossen“. Der Abmahnende wertete dies als Verstoß gegen den Unterlassungsvertrag und klagte nun vor Gericht unter anderem auf die Vertragsstrafe.

(K)Ein Unterlassungsversprechen

Hauptsächlicher Streitgegenstand der Verfahren vor der ersten als auch vor der zweiten Instanz war, ob durch das Unterschreiben der am 06.12.2022 beigefügten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung tatsächlich ein Unterlassungsversprechen zwischen den Parteien zustande gekommen ist. Sowie das Landgericht (LG) hatte auch das OLG ernsthafte Zweifel am wirksamen Vertragsschluss. Anders als das LG sah das OLG diesen Umstand aber nicht für entscheidungserheblich. Denn selbst, wenn ein wirksames Unterlassungsversprechen vorliege, komme es auf dessen Inhalt an.

Weder aus dem konkreten Wortlaut des Unterlassungsversprechens noch aus der laufenden Kommunikation der Parteien ließe sich entnehmen, dass der Vertrag zur Unterlassung der Angabe von überholten Standortangaben im generellen verpflichten sollte. Eher begrenzt sich dieser auf ein Verbot irreführende Angaben, aus denen der Eindruck erweckt werden könnte, es bestehe noch ein Praxisbetrieb an anderen Standorten. Ein Google-Eintrag mit einem klaren Schließungsvermerk sei allerdings nicht dahingehend irreführend. Der durchschnittliche Nutzer darf nicht erwarten am entsprechenden Standort eine laufende Praxis zu finden.

Ein solches Verständnis sei auch mit Blick auf die Vertragsstrafe erforderlich. Wie für Gesetze gilt auch für Verträge der Grundsatz der restriktiven Auslegung, je höher die Strafandrohung ist. Die Vertragsstrafe in Höhe von 5.100, 00 € sei für durchschnittliche Ergotherapeuten ein nicht unerheblicher Betrag. Insoweit sei der Vertrag interessensgerecht und wortgetreu zu verstehen.

Weitreichende Folgen

Das Urteil des OLG Nürnberg befasst sich mit den ernsthaften Schwierigkeiten des Wettbewerbsrechts in der Zeit des Internets. Hängt die Löschung von wettbewerbswidrigen Inhalten im Netz von der Zusammenarbeit mit den Anbietern ab, kann Abmahnungen und Unterlassungsverpflichtungen in der vereinbarten Frist oft kaum Folge geleistet werden. Betroffene Unternehmen sollten daher möglichst alle ihre Bemühung zur Löschung eines entsprechenden Beitrags schriftlich führen, diese entsprechend aufbewahren und im Falle der Geltendmachung von weiteren Ansprüchen zu Beweiszwecken zur Verfügung stellen.