Das Internet vergisst nie

Auch nach dem neuen Datenschutz keine Löschung von Google-Suchergebnis

Veröffentlicht am: 19.09.2018
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
Lesedauer:

Auch nach dem neuen Datenschutz keine Löschung von Google-Suchergebnis

Ein Beitrag von Danny Böhm

Was einmal im Internet landet, bleibt dort auch – so lautet eine gängige Annahme. Ein Mann musste dies nun persönlich erfahren. In den Google-Suchergebnissen finden sich Informationen über seinen lange Zeit zurückliegenden Gesundheitszustand, die nicht gelöscht werden müssen. Gibt es denn kein „Recht auf Vergessenwerden“ in der DSGVO?

Informationsbedürfnis und der Datenschutz: Ein ewiger Zwist

Der Mann war der Geschäftsführer einer nicht unbekannten gemeinnützigen Organisation. 2011 wies sie ein enormes finanzielles Defizit auf und geriet in die Schlagzeilen der Presse. Wegen seiner gesundheitsbedingten Krankmeldung wurde mit namentlicher Nennung über ihn berichtet. Wird der Name bei Google gesucht, dann erschienen auch im Jahr 2018 noch fünf Links mit den entsprechenden Nachrichten auf Presseportalen. Dagegen klagte der Mann vor Gericht.

Das Landgericht wie auch das Oberlandesgericht in Frankfurt wiesen die Klage ab. Zwar müsse der amerikanische Internetriese den Datenschutz gemäß der Datenschutzgrundverordnung beachten. Im behandelten Fall überwiege die Kommunikationsfreiheit des Konzerns der Informationellen Selbstbestimmung des Klägers. Bezuggenommen wurde bei der Beurteilung des Falles auf das wegweisende Urteil des EuGHs aus dem Jahr 2014, in dem das „Recht auf Vergessenwerden“ entwickelt wurde. Inzwischen ist das Löschungsrecht in Art. 17 DSGVO gesetzlich normiert. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Die Revision zum BGH ist wegen grundsätzlicher Bedeutung für den Datenschutz zugelassen worden.

Unter besonderen Umständen kann man beim Datenschutz vergessen werden

Bei einem Löschungsanspruch nach der DSGVO muss das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen mit der Kommunikationsfreiheit des Suchmaschinenbetreibers abgewogen werden. Durch die Bereitstellung der Links auf der Suchmaschine werden sensible Informationen über den Gesundheitszustand des ehemaligen Geschäftsführers einer großen Anzahl von Menschen preisgegeben. Dieser Schutz gehe allerdings nur bis zur Grenze der Erforderlichkeit.

Zwar müssen Suchmaschinenbetreiber in ihrer besonderen Stellung dann handeln, wenn sie einen konkreten Hinweis bekommen. In diesem Fall fehle es allerdings an einer Rechtsverletzung. Es komme auch nach Inkrafttreten der DSGVO immer auf eine Einzelfallabwägung zwischen den Interessen des Betroffenen und dem Öffentlichkeitsinteresse.

Im konkreten Fall entschieden die Richter zugunsten der Suchmaschine. Die Berichterstattung aus 2011 sei rechtmäßig gewesen. Die Öffentlichkeit hätte ein Interesse an seinem Gesundheitszustand gehabt. Immerhin war dies der Grund, warum er seine geschäftsführende Tätigkeit nicht mehr wahrnehmen konnte. Das früher vom EuGH zugesprochene "Recht auf Vergessenwerden" könne bei einem überwiegenden persönlichen Interesse wie im konkreten Fall nicht angewandt werden.

Es gibt keine schlechte PR – oder vielleicht doch?

Mit der Einführung der DSGVO müssen noch viele Fälle vor Gericht geklärt werden, damit sich eine gefestigte Rechtsprechung für die Praxis ergibt. Ob sich die Ansicht der Frankfurt Richter durchsetzt, wird in letzter Instanz der EuGH zu entscheiden haben. 

Fest steht, dass unliebsame Berichterstattung nur solange hingenommen werden muss, wie das Berichterstattungsinteresse im Einzelfall überwiegt. Rechtswidrige Eingriffe können hingegen vor Gericht abgewehrt werden. Hierfür steht den Betroffenen neben dem Datenschutzrecht auch das Persönlichkeits- bzw. Unternehmenspersönlichkeitsrecht zur Verfügung.