Nächster Wahlkampf ohne Social Media
EU-Regeln zu komplex
Mit der neuen EU-Verordnung 2024/900 zur Transparenz politischer Werbung hat das EU-Parlament umfangreiche Vorgaben für politische Werbung auf Social Media eingeführt. Zu kompliziert, finden Meta und Google. Die Tech-Giganten kündigten an, ab Oktober überhaupt keine politischen Inhalte mehr auszuspieln.
Neben den Werbeplakaten in der Stadt ist Social Media wohl das wichtigste Werbemittel politischer Parteien. Die bisherige Form der Werbung sei allerdings zu undurchsichtig und missbrauchsanfällig, meint das EU-Parlament. In der EU-Verordnung 2024/900 zur Transparenz politischer Werbung werden daher umfangreiche Voraussetzungen für zulässige politische Werbung auf Social Media festgelegt. Wenig begeistert von diesen Vorgaben sind die Tech-Giganten Google und Meta. Da die Regelungen der EU so komplex und fehleranfällig seien, verzichten sie ab Oktober auf die Ausspielung jeglicher kostenpflichtiger politischer Werbeinhalte.
Schutz der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit
Die EU-Verordnung zielt darauf ab, sowohl die Meinungsfreiheit als auch den freien Informationszugang zu gewährleisten. Dadurch sollen Wahlprozesse besser geschützt und offene, demokratische Diskurse unterstützt werden.
Bislang seien politische Inhalte auf Social Media für Nutzer oft schwer einzuordnen, da eine verpflichtende Kennzeichnung fehlte. Regelmäßig ließe sich nicht eindeutig erkennen, wer eine Anzeige finanziert hatte und an welche Zielgruppe sie gerichtet war. Mit der neuen EU-Verordnung soll dies durch klare Kennzeichnungspflichten künftig transparenter gestaltet werden.
Zudem will die Europäische Union verhindern, dass Akteure aus Drittstaaten Einfluss auf Wahlen innerhalb Europas nehmen. Diese Befürchtung des EU-Parlaments ist nicht unbedingt unbegründet. Schon vor der Bundestagswahl im Februar 2025 warnte das Bundesamt für Verfassungsschutz vor ausländischer Einmischung. In Rumänien wurde im vergangenen Jahr sogar die Präsidentenwahl wegen mutmaßlicher Manipulation über TikTok für annulliert.
Wenig Begeisterung bei Google und Meta
Google und Meta kündigten bereits vor Wochen an, ab Oktober keine politische Werbung mehr zu schalten. Die neue Verordnung sei so komplex, dass eine rechtssichere Umsetzung kaum möglich sei. So richtet sie sich beispielsweise nicht ausschließlich auf Parteienwerbung, sondern umfasst auch Anzeigen, die im weiteren Sinne politischen Einfluss nehmen oder Entscheidungsprozesse mitgestalten könnten. Dieser umfangreiche Anwendungsbereich lasse sich selbst mithilfe der veröffentlichten Leitlinien nicht eindeutig abgrenzen.
Nicht nur die großen Tech-Unternehmen äußern Kritik. Bürgerrechtsorganisationen warnen vor einer möglichen Überregulierung. Sie befürchten, dass die neuen Vorschriften auch dazu führen könnten, dass zivilgesellschaftliche Themen in den Hintergrund rücken.
Transparenz mit Folgen
Die Verordnung ist seit Oktober in Kraft. Angesichts der Erfahrungen der vergangenen Jahre mit Wahlmanipulationen wird man dem Gesetzgeber kaum vorwerfen können, dass er versucht, politische Werbung transparenter zu gestalten. Offen bleibt jedoch, ob die neuen Regelungen im Bereich des Social-Media-Rechts tatsächlich zu mehr Klarheit führen oder am Ende bewirken, dass der politische Diskurs vollständig von unseren Bildschirmen verschwindet.