Deutsche Adelstitel mit englischem Namensrecht?

BGH erkennt Namensänderung mit Adelstitel nicht an

Veröffentlicht am: 11.04.2019
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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BGH erkennt Namensänderung mit Adelstitel nicht an

Ein Beitrag von Fiona Schönbohm

In einem aufwändigen Rechtsstreit versucht eine Deutsch-Britin seit mehreren Jahren, ihrem Namen entgegen des deutschen Namensrechts einen Adelstitel hinzuzufügen. Nun lehnte der Bundesgerichtshof (BGH) ihre Beschwerde in letzter Instanz ab – ihr Ersuchen verstoße gegen den Ordre Public (Beschluss vom 14.11.2018 – Az.: XII ZB 292/15).

Silia Valentina Mariella Gräfin von Fürstenstein

Die Antragstellerin, die in Deutschland unter dem schlichten Namen „Silke Nicole Vo“ geboren wurde, lebt seit knapp 20 Jahren in Großbritannien. Nachdem ihr 2011 die britische Staatsangehörigkeit verliehen wurde, gab sie eine nach englischem Recht zulässige private Namensänderungserklärung („deed poll“) ab – von jetzt an wolle sie „Silia Valentina Mariella Gräfin von Fürstenstein“ heißen.

Nachdem die britischen Behörden ihr (tatsächlich) einen Reisepass in diesem Namen ausstellten, beantragte sie beim zuständigen Standesamt eine Eintragung ihres neuen Namens in das deutsche Personenstandsregister. Das Standesamt verweigerte diese Namensänderung. Gerichtsverfahren vor dem Amts- und Landgericht blieben erfolglos. Nun hat sich der BGH in oberster Instanz mit dem Antrag auseinandergesetzt.

Wahlrecht für Unionsbürger

Die Klägerin berief sich in ihrem Gesuch auf Art. 48 EGBGB. Dieser sieht ein Wahlrecht für diejenigen vor, die in verschiedenen Mitgliedstaaten unter unterschiedlichen Namen im Personenstandsregister eingetragen sind. Voraussetzung ist weiter, dass sie durch gewöhnlichen Aufenthalt die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates erworben haben. Hintergrund der Vorschrift ist das unionsrechtlich garantierte Freizügigkeitsrecht aus Art. 21 AEUV. Dieses würde beschränkt, wenn es zu einer „hinkenden Namensführung“ in unterschiedlichen Mitgliedstaaten käme.

Eine Ausnahme von dem Wahlrecht aus Art. 48 EGBGB sieht die Norm selbst aber dann vor, wenn die Anpassung des Namens gegen die öffentliche Ordnung verstößt. Einen solchen Fall nahmen nun auch die Richter des BGH an und lehnten ein Wahlrecht der Frau ab.

Abschaffung des Adelsrechts

Dabei argumentierte das Gericht mit dem noch heute in Deutschland fest verankerten Grundsatz zur Behandlung von Adelsbezeichnungen im Adelsrecht. Dieser wurde in Art. 109 der Weimarer Reichsverfassung festgelegt und gilt über Art. 123 GG noch heute fort. Danach wird der Adel als rechtliche Institution abgeschafft und der Adelstitel wird ein bloßer Namensbestandteil. Trotzdem, so die Richter, komme dem Adelstitel in der Vorstellung von weiten Teilen der Bevölkerung immer noch eine besondere Bedeutung zu.

Nach Ansicht des BGH ist der Vorschrift der Weimarer Verfassung zumindest in ihrer Tendenz zu entnehmen, dass sie jedes staatliche Handeln missbillige, welches zu einer Schaffung von neuen Adelsbezeichnungen oder zum Wiederaufleben erloschener Adelsbezeichnungen führe, auch wenn diese nur noch als Bestandteile des Namens geführt wurden.

Frei erfundener Adelstitel zum Spaß

Auch das EU-Recht auf Freizügigkeit der Klägerin sei durch die Ablehnung des Standesamtes nicht verletzt. Eine Beeinträchtigung ihres Rechts sei hier vielmehr gerechtfertigt. Dafür beriefen sich die deutschen Richter auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Dieser hatte bereits 2016 ausdrücklich anerkannt, dass die Missbilligung der Schaffung neuer Adelsbezeichnungen zur nationalen Identität Deutschlands und damit zu den Belangen der öffentlichen Ordnung gehört. Solche Belange dürfen das Recht auf Freizügigkeit einschränken.

Im Rahmen einer einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung werden vor allem die Faktoren der Freiwilligkeit und der Motivation für die Beantragung berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund sah der BGH die Versagung vorliegend gerechtfertigt. Denn die Antragstellerin habe ihren Namen nur geändert, um fortan einen deutschen Adelstitel im Namen tragen zu können, der in Deutschland so nicht hätte erworben werden können. Eine soziale Beziehung oder Verwandtschaft zu einem Träger dieses Namens bestünde auch nicht, er sei vielmehr frei erfunden worden.